Kapitel 88 - Sheila

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Sheila stöhnte, als sie sich vollkommen erledigt auf das Sofa fallen ließ. Sie fühlte sich zufrieden, denn sie hatte viele schöne Klamotten gefunden und das Essen hatte auch gut geschmeckt. 

Obwohl Jonathan eindeutig kein Freund von Shoppingtagen zu sein schien, war sie froh, dass er mitgekommen war. Es zeigte ihr mal wieder, wie viel sie ihm bedeutete. Ville war schon ewig nicht mehr mit ihr shoppen gewesen, denn er hatte keine Lust auf das Gedränge in den Läden. Schnell verdrängte sie die Erinnerungen an ihn und warf Jonathan einen Blick zu. Er hatte sich auf den kleinen Wohnzimmertisch gesetzt und kramte in der riesigen Tüte mit ihren Sachen drin herum. Nach ein paar Sekunden holte er ein Teil nach dem anderen heraus und betrachtete es. 

„Du hast wirklich coole Sachen eingekauft", sagte er und sah sie an. 

„Das meiste ist doch eher zweckmäßig", gab sie zurück, doch es freute sie irgendwie, dass ihm ihre Sachen gefielen. Zwar trug sie meistens einfache Kapuzenpullis und Jeans, doch manchmal machte sie sich gerne hübsch. 

Jonathan stand vom Tisch auf und quetschte sich zu ihr aufs Sofa. Auf einmal fühlte sie sich zehn Jahre zurückversetzt, denn in dem Studio ihres Vaters hatten sie früher auch immer alle zusammen gesessen und ziemlichen Blödsinn angestellt. Damals hatte sie genau wie Jonathan immer auf dem kleinen Fliesentisch gesessen. Eigentlich hatte ihr Vater mal ein Tonstudio im hinteren Teil des kleinen Gebäudes eingerichtet, doch irgendwann hatten sie und ihr Bruder eine Art Freizeitraum daraus gemacht. Im vorderen Teil hatten sie ein altes Sofa, einen kleinen Tisch und eine Stereoanlage aufgebaut, sodass sie nicht immer zu Hause bei ihrem Vater sein mussten. Über die Jahre war dieser Raum zum Treffpunkt von ihnen und ihren Freunden geworden und sie hatte noch immer einige schöne und auch einige unschöne Erinnerungen an diesen Raum. Darin hatte sie sich das erste Mal betrunken und sie hatte ziemlich viel Zeit mit Ville dort verbracht. Doch am häufigsten hatten sie sich damals alle zusammen getroffen, sie und Ville, ihr Bruder, Oskar und noch einige andere Freunde. 

Plötzlich durchfuhr sie ein Schreck. Ihr Vater hatte zwar das Schloss an ihrer Haustür ausgetauscht, aber hatte er auch das am Studio ausgewechselt? Ihr war auf einmal klar, wo Ville sein würde, wenn er nicht mehr ins Haus kam. Panisch sprang sie auf und rannte in den Flur zu ihrer Handtasche und kramte nach ihrem Handy. 

„Alles okay?", hörte sie Jonathan rufen, doch sie winkte ab. 

„Mir ist nur gerade was eingefallen", sagte sie, dann wählte sie die Nummer von ihrem Vater. Sie spürte Jonathans Blick auf sich ruhen, also verzog sie sich kurzentschlossen ins Badezimmer. 

Mit pochendem Herzen setzte sie sich auf den Klodeckel und lauschte dem Tuten. Wieso es sie so störte, dass er vielleicht dort war, wusste sich nicht wirklich, doch irgendwie wollte sie ihn nicht dort haben. Nicht, dass er noch auf die Idee kam, das Studio anzuzünden und ihre Erinnerungen zu zerstören. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich endlich ihr Vater. Seine ruhige Stimme ließ sie sich augenblicklich entspannen. 

„Hey, ich bin's", sagte sie, obwohl ihr Vater mit Sicherheit ihre Nummer auf dem Display erkannt hatte. 

„Alles in Ordnung?", fragte er sofort, allerdings klang er eher neugierig, als besorgt. Wahrscheinlich ging es ihm auch besser damit, dass sie einige hundert Kilometer von Ville entfernt war. 

„Ja, mir ist nur gerade etwas eingefallen", begann sie, doch dann presste sie die Kiefer aufeinander. Sie kam sich bescheuert vor. Selbst wenn Ville im Probenraum war, konnte es ihr doch egal sein. Er war nicht bei ihr, das war das einzige, was zählte. 

„Was denn?", fragte Darren nach, doch sie zögerte noch kurz. Dann seufzte sie. 

„Ich habe mich nur gefragt, ob Ville vielleicht noch in den Probenraum kommt. Ich... will nicht, dass er da irgendwas kaputt macht", sagte sie und nun seufzte ihr Vater. 

Slice of Life - A New Beginning IWhere stories live. Discover now