Kapitel 20 - Jonathan

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Jonathans Blick ruhte auf ihrem Gesicht. Sie sah so friedlich aus, wenn sie schlief. Nach dem Essen hatten sie alle Brettspiele gespielt, die er noch in seinem Schrank gefunden hatte. Eigentlich war er nicht wirklich ein Fan davon, doch mit ihr hatte es Spaß gemacht. Hauptsächlich, weil sie die meiste Zeit nur herumgealbert und sich mit Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Figürchen abgeworfen hatten. 

Vorsichtig breitete er eine Decke über ihr aus, schaltete den Fernseher aus und schlich in sein Schlafzimmer. Obwohl er ihr eigentlich sein Bett hatte anbieten wollen und es sich selbst auf Sofa bequem gemacht hätte, wollte er sie nicht wecken. 

Er lehnte die Tür zum Wohnzimmer nur an, denn irgendwie hatte er das Gefühl, dass er so besser auf sie aufpassen konnte. Schnell zog er sich seine Jeans aus und legte sich hin. Doch an Schlaf war nicht zu denken, dafür war er viel zu aufgewühlt. 

Er konnte noch immer nicht so recht begreifen, dass sie tatsächlich bei ihm war. Wenn er daran dachte, mit welcher Einstellung er sie damals im Internet angeschrieben hatte, würde er sich am liebsten ohrfeigen. Nie im Leben hatte er erwartet, dass es etwas Ernstes werden würde. Oder besser gesagt, dass er sich so ernsthaft in jemanden verlieben würde. Sicher, die Hoffnung hatte er schon gehabt, doch er war sich sicher, dass es so etwas nicht im Internet zu finden gab, was er suchte. 

Vielleicht war es auch ein Akt der Verzweiflung gewesen, denn seit seine letzte Freundin mit ihm Schluss gemacht hatte, schien er einfach kein Glück mehr zu haben. Zwar war er erst 27, doch er spürte tief in sich das Bedürfnis, dass er endlich die Eine fand. Vielleicht war er deswegen so ungeduldig, was Sheila anging. Auch wenn er es nicht direkt gesagt hatte, wollte er nicht lange auf sie warten. Er wollte mit ihr zusammen sein und das möglichst bald. Doch damit sie sich darauf einließ, würde sie sich von ihrem Freund trennen müssen. Und ob es ihm nun gefiel oder nicht, damit tat sie sich schwerer, als sie zugab. 

Missmutig und gleichzeitig doch irgendwie glücklich, dass sie ihn mochte, drehte er sich um und schloss die Augen.

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Ein Rascheln weckte ihn. Erschrocken riss er die Augen auf, doch es war noch stockfinster. Mit pochendem Herzen setzte er sich auf, als seine Augen sich endlich an die Dunkelheit gewöhnten und er einen Umriss erkannte. 

„Hey", sagte eine leise Stimme von der anderen Seite des Bettes. 

„Hey", gab er leise zurück, dann spürte er, wie sie in sein Bett krabbelte. 

„Alles okay?", fragte er, als sie seine Bettdecke anhob und sich darunter kuschelte. Sie rutschte so dicht an ihn heran, dass sie ihren Kopf auf seine Brust legen konnte. Er verschränkte einen Arm hinter dem Kopf, den anderen legte er um ihre Schultern. 

„Jetzt ja", antwortete sie und legte ihr Bein über seines. Augenblicklich wurde ihm heiß, als ihm bewusst wurde, wie nah sie ihm war. Schnell versuchte er, den Gedanken zu verdrängen, doch es gelang ihm nur schwer. Es schien ihr nicht bewusst zu sein, doch er fand sie anziehend. 

„Willst du im Bett weiterschlafen? Ich könnte aufs Sofa gehen", schlug er leise vor, in der Hoffnung, sie würde ablehnen. Als Antwort schlang sie den Arm um seine Mitte. 

„Ich würde gerne mit dir schlafen", nuschelte sie an seiner Brust und sein Körper reagierte unweigerlich sofort. 

„Und ich mit dir", hauchte er und strich ihr sanft über den Arm. 

„Aber er würde ausrasten, wenn er es erfährt", sagte sie und er fand, dass es ein klein wenig resigniert klang. 

„Er muss es doch nicht erfahren, oder?"

Er spürte, dass sie unruhig wurde. 

„Er wird es mir ansehen. Manchmal glaube ich, er kann Gedanken lesen oder so. Oder ich bin ziemlich schlecht im Sachen geheim halten", sagte sie, was ihm einen kleinen Lacher entlockte. 

„Dann lasse ich dich einfach nie wieder zu ihm zurück. Du musst für immer bei mir bleiben."

Da lachte sie. 

„Das klingt verrückt", entgegnete sie, doch er zuckte die Schultern. 

„Verrückt, aber schön", seufzte er. 

„Du bist süß", sagte sie, dann begann sie, seine Brust zu streicheln. Er beschloss, ihre Berührungen zu genießen. Er würde sie zu nichts drängen, vor allem nicht, wenn sie Angst hatte, dass er es herausfand und sie wieder schlug. Denn das wollte er auf jeden Fall verhindern.

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