Kapitel 99 - Jonathan

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Sanft strich Jonathan ihr durch das noch immer feuchte Haar, während sie mit auf seiner Brust gelegtem Kopf schlief. Sein Herz pochte noch immer bei dem Gedanken daran, wie er sie ins Wasser gezogen hatte. Er konnte eigentlich gar nicht so genau beschreiben, was ihm daran gefiel, in eiskaltes Wasser zu tauchen, doch er hatte das schon als Kind geliebt. 

Er betrachtete ihr Gesicht im Mondschein und spürte, dass er alles für diese Frau tun würde. Es war einfach so ein Gefühl, das sich in ihm ausbreitete und er mochte es. Er konnte es kaum abwarten, bis sie endlich von Ville komplett befreit war und nicht mehr an ihn denken musste. Ihm war klar, dass das noch einige Wochen dauern konnte, doch er spürte, dass es sich lohnen würde. 

Sie zuckte wieder im Schlaf zusammen, doch sie wachte nicht auf. Er legte seine Hand auf ihre und hielt sie fest. Er versuchte sich vorzustellen, was sie womöglich träumte. Vielleicht träumte sie von ihm, dachte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

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Als Jonathan am nächsten Morgen aufwachte, war der Platz neben ihm im Bett leer. Er streckte die Hand aus und fühlte über die Matratze, doch sie war kalt. Sheila musste schon vor einiger Zeit aufgestanden sein. 

Angestrengt lauschte er, doch er konnte nichts hören. Vielleicht war sie wieder joggen gegangen. Noch ein wenig verschlafen pellte er sich unter der Decke hervor und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. 

Er zog sich an, dann ging er nach unten. Suchend blickte er sich nach einem Zettel von ihr um, doch er fand nichts. Er ging in die Küche, schaltete die Kaffeemaschine ein und warf mehr aus Reflex als bewusst einen Blick aus dem Fenster. Dort stand sie und unterhielt sich mit einer Frau. Er wandte den Blick wieder der Kaffeemaschine zu, doch dann durchfuhr ihn ein Schock. Er kannte die Frau. 

Er sah wieder nach draußen, aber er hatte sich nicht geirrt. Es war Carolin, diese Freundin von Ville, bei der er untergekommen war. Er wurde sofort nervös, denn er konnte sich nicht erklären, was sie hier wollen könnte. Er war unschlüssig, ob er nach draußen gehen sollte, doch es sah nicht so aus, als würden sie sich streiten. 

Angespannt beobachtete er sie weiter, doch er bereitete sich innerlich darauf vor, zu ihr zu gehen, falls sie ihn brauchte. Die beiden lachten und dann schlang Carolin tatsächlich die Arme um sie. Sheila erwiderte die Umarmung, doch rasch löste sie sich wieder. Sie redeten noch kurz, dann hob Carolin die Hand und verschwand. 

Sheila sah ihr noch eine Weile nach, doch dann drehte sie sich um und kam wieder in Richtung Haus. Als sie ihn am Fenster sah, zuckte sie kurz zusammen, doch dann winkte sie ihm. Er hob ebenfalls die Hand und sie lief schnell zur Haustür und kam herein. Er ging ihr entgegen, doch sie war schneller in der Küche, als er erwartet hatte. Sie küsste ihn auf die Wange, dann setzte sie sich an den Esstisch und grinste vor sich hin. 

Jonathan sah sie misstrauisch an. Ihm gefiel es gar nicht, dass Villes Freundin hier gewesen war, aber dennoch schien Sheila gute Laune zu haben. Er ging zu ihr und setzte sich zu ihr an den Tisch. 

„Was wollte die denn hier?", fragte er unfreundlicher, als es nötig gewesen war, allerdings schien sie es nicht zu bemerken. 

„Sie wollte ihr Auto abholen. Ville ist doch mit ihrem Auto hierher gekommen und... er konnte es nicht mehr zurückbringen", erklärte sie, aber es kam ihm immer noch merkwürdig vor, dass sie die ganze Zeit grinste wie ein Honigkuchenpferd. 

„Was hat sie gesagt?", fragte er weiter, doch sie sah ihn einige Sekunden an, bevor sie antwortete. 

„Sie hat mit ihm geredet. Er wird heute dem Haftrichter vorgeführt und er muss wahrscheinlich wieder aus der U-Haft freigelassen werden", sagte sie und sofort sackte ihm das Herz in die Hose. Das hieß doch, dass er jederzeit hier auftauchen und sie belästigen konnte. 

Slice of Life - A New Beginning IWhere stories live. Discover now