Kapitel 117

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Ich lag die ganze Nacht über wach und dachte über die Entscheidung nach, die ich gestern beinah getroffen hätte. War es gut, dass meine Mum genau in dem Moment reinkam, wo ich ihm verzeihen wollte? Hatte sie mich vielleicht vor einem weiteren, wirklich dummen Fehler bewahrt? Es war schwer, Justin jemals wieder zu vertrauen, oder sich ihm hinzugeben. Doch noch viel schwerer würde es sein, von ihm loszukommen.

Jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, war er da. Er war vor mir und lächelte. Eine Zeit lang war dieses Lächeln alles gewesen, was ich benötigte, um glücklich zu sein. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wusste ich, dass es auch heute noch das einzige sein würde, dass mich endlich wieder Glück verspüren lassen konnte. Denn es fehlte mir glücklich zu sein; ich hatte genug davon, so viel Trübsal zu blasen.

Die Schule sah heute wieder so aus, als wäre nie was gegeben. Nicht ein einziges Staubkorn würde verraten, was für ein riesiger Ball sich hier am Wochenende abgespielt hatte. Alles war zurück zum Alten gekehrt und dies bedeutete, dass ich nach beinah zwei Wochen frei auch wieder in jede Unterrichtsstunde gehen musste. In der aller ersten stand Mathe bei Mr Styles an. Louis würde heute ebenfalls das erste Mal wieder in der Schule sein und somit ertrug ich dieses Fach sogar einiger Maßen; wenn da nicht Justin wäre, der meine Gedanken durchbrach.

Ich hatte heute Morgen die Entscheidung getroffen, dass ich nichts mehr zu verlieren hatte. Selbst wenn Justin mich erneut so sehr verletzen würde, wäre ich bloß wieder an dem Punkt angekommen, an dem ich heute war. Schlimmer konnte ich mir meinen Alltag kaum vorstellen, also wieso sollte ich weiter dagegen ankämpfen. Natürlich fühlte ich mich Derek gegenüber schlecht und ich würde mit ihm reden müssen, ehe ich heute Nachmittag zu Justin fuhr, doch ich hatte meinen Entschluss gefasst.

Als ich in den naturwissenschaftlichen Block unserer Schule trat, standen wie erwartet schon die meisten meiner Mitschüler davor. Ich erkannte Louis, der neben Zayn stand und sich unterhielt. Eigentlich wäre ich sofort zu ihm hinüber, doch mein Blick fiel noch auf wen ganz anderes, der alleine gegen die Wand gelehnt dastand und mich aufmerksam begutachtete. Als unsere Augen sich trafen schien jedes Wort, dass ich gestern nicht gesagt hatte, in der Luft zu liegen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er hier sein würde. Nicht nachdem er die letzten Wochen über nicht da war und Zayn meinte, er habe die Schule geschmissen, doch hier stand er und raubte mir meinen Atem. Ich wollte ihn berühren, wollte ihn küssen und wollte, dass alles wieder beim Alten war, doch ich konnte es unmöglich so sehr überstürzen.

Langsam, als wäre er ein Löwe, den ich nicht verängstigen wollte, trat ich auf ihn zu. In Justin Augen machte sich Überraschung breit; vermutlich hatte er genau so wenig damit gerechnet, dass ich mit ihm reden wollen würde, wie ich damit, dass er überhaupt hier sein würde. "Hey", murmelte ich unsicher. Ich sollte mich fühlen wie die Person mit der Macht, wo ich es doch war, die die Entscheidung traf, doch um sicher zu sein war da zu viel Angst in mir. "Ich dachte du willst, dass ich gehe?", fragte Justin mit hochgezogenen Augenbrauen. In seiner Stimme lag kein Vorwurf, doch dafür Enttäuschung. Enttäuschung von sich selbst, dass er es verkackt hatte. "Das wollte ich auch aber...Wenn du weg bist macht es einfach keinen Sinn mehr", stammelte ich etwas unbeholfen. Erst nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte, fiel mir auf, wie blöd dies eigentlich klang. Beinah erwartete ich, dass Justin mich auslachen würde, doch alles, was sein Gesicht mir verriet, war Verwirrung. "Wie meinst du das?" Vorsichtig stieß er sich von der Wand ab, sodass er ein wenig näher an mir stand. Seine braunen Augen hatten sich voller Erwartung auf mich gelegt und obwohl er aktuell so schlimm zugerichtet war, schien er plötzlich nur noch Frieden auszustrahlen.

"Ich...", begann ich, wurde jedoch von Mr Styles unterbrochen, der schneller als gewohnt durch den Flur gelaufen kam. "Sofort rein da, die Klausuraufsicht hat sich verspätet und ich muss eigentlich woanders hin!" Wie erstarrt blieb ich auf dem Fleck stehen und starrte in die Runde, von denen niemand außer mir und Justin überrascht zu sein schien. "Fuck wir schrieben jetzt die Matheklausur", stellte ich panisch fest. Alles in meinem Kopf begann sich zu drehen und mein Atem wurde immer hastiger. Das hatte ich unter all dem Stress vollkommen vergessen. Immer noch wie wild zitternd griff ich in meine Tasche und kontrollierte, ob ich wenigstens meinen Taschenrechner dabei hatte. Wie hatte ich das nur vergessen können? Miene Mum würde mich umbringen. Ich wollte Mr Styles gerade in den Raum folgen, als Justin mich am Arm zurückhielt.

"Versprich mir, dass wir nach der Schule reden?", murmelte er. Im Gegensatz zu mir schien die Klausur ihn kalt zulassen. Ich fühlte mich beinah einwenig schlecht, dass Mathe mir gerade wichtiger war, als das, was aus uns werden würde. "Ok", erwiderte ich bloß, da ich keine Ahnung hatte, was ich sonst sagen sollte. Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten stürmte ich in den Klassenraum und ließ mich neben Louis auf meinen Platz fallen, während Justin zu Zayn ging. "Hey, auch schön dich wiederzusehen!", murmelte dieser ironisch, als ich statt einer Begrüßung in seinen Stapel Klausurbögen griff, um mir drei Stück zu klauen. Als Antwort gab ich ihm bloß einen Kuss auf die Wange. In diesem Moment war ich einfach nicht in der Lage einen anderen Gedanken als Panik zu fassen.

"Du schaffst das schon, beruhig dich. Erzähl mir lieber mal, wieso du mit Justin geredet hast!" Fragend zog Louis seine Augenbrauen hoch, doch ich hatte keine Antwort für ihn. Niemand würde jemals verstehen können, wieso ich bereit war, Justin alles zu verzeihen. Zeit heilte keine Wunden, doch es ließ einen mit ihnen klarkommen, sodass man über sie hinwegsehen konnte. "Weil ich ihn liebe!", antwortete ich schließlich und das war womöglich sogar die einzige Antwort, die Sinn ergeben hätte.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz