Kapitel 57

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"Ich verlange eine Erklärung, Allison!", schrie meine Mum los, kaum dass sich die Tür hinter Justin geschlossen hatte. Augenverdrehend zuckte ich mit den Achseln und übersah gekonnt, wie sich die Nasenflügel meiner Mum vor Missbilligung weiteten. "Habe ich dir diese nicht bereits gegeben?" Meine Stimme war barscher, als ich es mich früher getraut hatte, doch ich war es leid mich von meiner Mum kritisieren und beherrschen zu lassen. Ich ertrug es nicht mehr, auf solch eine Art kontrolliert zu werden. "Ich habe dir befohlen, dich von ihm zu entfernen. Du solltest dir in Biologie einen neuen Sitzplatz suchen und stattdessen hält du ein Referat mit ihm und führst ihn in mein Haus? Ich will jemanden wie ihn nicht hier sehen verstanden? Was sollen die Nachbarn denken, wenn solch ein unterschichtiger Junge bei uns ein und ausgeht?" Am liebsten hätte ich sie angeschrien, es sei egal was die Nachbarn denken, doch ich hielt mich gerade so zurück und verkniff mir jegliche Art von Respektlosigkeit. "Er war nur ein Mal hier Mutter. Du wirst ihn nie wieder sehen, das verspreche ich dir!", murmelte ich entgegen den Wünschen, die mein Herz erfüllte. Wie einfach könnte es sein, wenn ich eine normale Familie hätte? Wenn ich Justin als meinen Freund vorstellen könnte und meine Eltern sich für mich freuen würden und bereit wären, ihn kennenzulernen.

Mit einem tiefen Atemzug fuhr meine Mutter sich durch ihre Haare, um sie wieder zu richten, ehe sie ihre vor Müdigkeit roten Augen auf mich legte. "Ich habe Noch Cole und seine Mutter morgen früh zum Brunchen eingeladen. Ich will, dass du dich von deiner besten Seite zeigst und endlich beendest, was auch immer du mit diesem Justin zu bezwecken versuchst. Wenn du dich zu benehmen weißt, dann sehe ich über heute Abend hinweg und werden dein Hausarrest nicht weiter verlängern, verstanden?" Eindringlich ließ sie ihren Blick sich in meine Augen bohren und meine Reaktion genaustens unter die Lupe zu nehmen. Dass ich ihr nicht zeigen wollte, wie ich dachte, war wohl der einzige Grund, wieso ich nicht auf diese Information reagierte. "Einverstanden", murmelte ich, obwohl dies kein bisschen dem entsprach, was ich wirklich wollte. Doch wenn ich mich morgen so gab, wie meine Mutter es wollte, und meine Rolle perfekt ausführte, würde sie mich vielleicht am Abend ausgehen lassen und das Hausarrest vollkommen auflösen. Die Hoffnung war gering, doch sie war da und ich konnte sie kontrollieren.

Dass sie jedoch ausgerechnet Noah Cole einladen musste, gefiel mir nicht. Ich wusste, dass sie ihn unbedingt als ihren Schwiegersohn sehen wollte. Er kam aus einer Familie wie die unsere und würde unserem Ruf guttun, doch ich wollte nicht für den Rest meines Lebens in solch einer Familie gefangen sein. Meine Kinder sollten nicht zwei Großmütter dieser Art haben und ich wollte keinen Mann, der die Einstellungen meiner Mum befürwortete. Ich wollte lieben und geliebt werden und nicht wie meine Eltern enden.

"Geh in die Küche, dein Vater wird jeden Moment nach Hause kommen!", wies meine Mutter mich barscher an, als notwendig gewesen wäre. Sie selbst lief in Richtung des Badezimmers. Wahrscheinlich wollte sie sich etwas frisch machen, ehe mein Dad nach Hause kam. An sich eine nette Geste, wenn sie es aus Liebe und nicht aus Perfektionszwang machen würde.

Kopfschütteln lief ich in die Küche und machte mich zum zweiten Mal an diesem tag daran, etwas zu Essen zu Zaubern. Mir selbst war nicht danach zu Essen, doch mein Vater würde ausrasten, wenn er nichts bekommen würde. Also kochte ich, stellte ihm ein kaltes Bier bereit und deckte den Tisch, ehe ich nach Adrian suchte. Ich fand den kleinen Jungen zusammengerollt auf der Couch, die Fernbedienung zwischen seinen kleinen Fingern und die Augen geschlossen. Für mich war es der friedlichste Anblick der Welt, wenn meine Mutter ihn jedoch so gesehen hätte-tagsüber am Schlafen und mit laufendem Fernseher-dann wäre die Hölle ausgebrochen. Ich schnappte mir die Fernbedienung aus seinen Finger und schaltete ihn aus, ehe ich sanft über seine Wange strich, um den schwarzhaarigen zu wecken. "Ist Mum da?", murmelte er, noch ehe seine Augen aufschlugen. Kaum dass ich die Frage bejaht hatte saß er kerzengerade da und sah sich panisch um. Auch ihm waren die Folgen bewusst, die ihn hätten treffen können.

Gerade als ich noch etwas sagen wollte, hörte ich ein Rascheln an der Eingangstür, welches mir verkündete, dass unser Vater nach Hause kam. "Lass uns ins Esszimmer", wies ich den kleinen Jungen an, dessen Blick mir verkündete, dass er noch genau so wenig Hunger hatte wie ich selbst. Doch dies spielte keine Rolle; wir hatten jeden Abend zusammen zu essen und zwar dann, wenn mein Vater sagte, dass er essen wollte.

"Jörg? Bist du da?", ertönte die Stimme meiner Mum aus dem obersten Stockwerk. Als Antwort bekam sie nur ein missgelauntes Schnauben, welches wohl so viel bedeutet wie 'wer sonst?'. An der Traurigkeit in dem Blick meines Bruders erkannte ich, dass auch er sich in diesen Momenten eine andere Familie wünschte. "Na komm." Mit einem aufmunterndem lächeln zog ich den kleinen auf die Beine und schritt ihn voran in Richtung des Flures. Wie erwartet saß mein Vater bereits an einem Stuhl in der Küche und schenkte sich die bereitgestellte Flasche Bier ein. "Da seid ihr ja", stellte er nicht Sonderloch erfreut fest, als sein Blick auf seine beiden Kinder fiel. Adrians Miene rutschte noch einwenig mehr in sich zusammen und ich drückte seine Hand um zu verdeutlichen, dass zumindest ich ihn liebte.

"Setzt euch" Ich kannte diese Stimmung meines Vaters; etwas auf der Arbeit lief nicht wie geplant und er ließ es an uns aus, weil er sich in der Öffentlichkeit nicht als unkontrolliert zeigen wollte. In dem Wissen, ihm besser nicht zu widersprechen ließ ich mich ihm gegenüber nieder und weiß Adrian an, es mir gleich zutun. "Der Tag war dabei so gut zu werden und jetzt ist er ein Desaster!", spuckte mein Vater grimmig hervor, den Blick weiterhin auf sein Bier gerichtet. Allmählich machte mir seine Laune Angst; so unkontrolliert gab er sich normaler Weise nicht mal mehr Zuhause. "Was ist passiert?", wohlig singend kam meine Mutter, gekleidet, als hätte sie vor in ein Fünfsternerestaurant zu gehen, in die Küche und setzte sich neben meinen Vater hin. Für andere wäre es komisch zu sehen, dass die Eltern sich nicht zur Begrüßung regelmäßig küssten oder ähnliches, für mich wäre es komisch, wenn sie es täten.

"Ich hab dir doch von diesem Jungen erzählt, der tätowierte, den ich aus der Firma schmeißen will?" Meine Mutter nickte und auch ich erinnerte mich an dieses Gespräch. Es war Anfang der Woche gewesen und ich fing Stress mit meinem Vater an, weil ich nicht mehr fassen wollte, wie überheblich meine Familie sich gab. "Heute hat er mir endlich einen Vorsatz gegeben, ihn zu feuern, indem er einfach nicht auftauchte. Es hätte so perfekt werden können aber dann" Mit der flachen Hand klatschte er wutentbrannt auf die Tischplatte und ließ alle am Tisch zusammenzucken. "Verbocken meine Angestellten es, indem sie sämtliche seiner Deals verlieren und Mrs Finlay den falschen Motor zum Getriebe einbauen. Sie hätten nicht mehr falsch machen können, als sie taten!" Mit jedem Wort wurde seine Stimme lauter bis er so sehr schrie, dass meine Mutter besorgt zu dem offenem Küchenfenster blickte. Als wäre es das Schlimmste das passieren könnte, wenn die Nachbarn ihn hörten.

"Und der Junge? Wäre es mit ihm heute besser gelaufen?", fragte ich, ehe ich es mir anders überlegen sollte. Der warnende Blick meiner Mutter zeigte mir, dass auch sie nicht der Ansicht war, man solle meinen Vater in seiner Laune noch reizen, doch ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. "Ich sage dir jetzt etwas, Allison", raunte mein Vater mit gefährlich gefasster Stimme. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt und seine Lippen bebten leicht unter dem Druck, mich nicht anzuschreien. "Was er leistet und was nicht, spielt keine Rolle. Er ist Abschaum, den anzugucken ich keinem Kunden antun kann. Wenn das Gesetz mich nicht davon abhalten würde, hätte ich ihn in dem Moment gefeuert, in dem man ihn an mich abgeschoben hat. Also hör auf ihn zu verteidigen, du kennst diesen Jungen nicht mal mehr!" Er hatte recht, ich kannte ihn nicht, doch uns verband das selbe leid; wir hatten meinen Vater an der Backe.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now