Kapitel 29

928 47 5
                                    

Kapitel 29:
Zayn schien wohl auch zu bemerken, dass er mich eingeschüchtert hatte. Zumindest saß er für den Rest der Zeit, bis Justin zurückkam, siegessicher grinsend da und starrte Löcher in die Luft. Ich dagegen hatte meinen Blick wie gebannt auf die kleine Tür zum Nebenraum gerichtet und fragte mich, wie ich hier gelandet war, dass ich mir tatsächlich erhoffte, dass Justin Bieber zu mir trat. Ausgerechnet er, wo unsere erste Begegnung aus verletzenden Beleidigungen bestand.

"Wir sollen direkt anfangen", erklärte der Schönling, der in letzter Zeit so viel Zeit in meinem Kopf beanspruchte, während er auf jeden von unseren Tischen ein leeres DinA3-Blatt platzierte. Immer noch hatte ich keine Ahnung, was ich zeichnete sollte. Es war einfach keine Inspiration in mir, die mir weiterhelfen könnte. Keine Emotionen, denen ich Ausdruck verleihen könnte.

"Was hast du vor zu zeichnen?", fragte ich schließlich unsicher an Justin gewandt. Sein Blick, der bis zu diesem Moment noch unter dem Tisch auf sein Handy gerichtet gewesen war, wandte sich sofort zu mir und blickte mich mit seinem inzwischen so vertrauten, fragenden Blick an, ehe er die weißen Papiere musterte. "Keine Ahnung, ehrlich gesagt", zuckte er mit den Achseln. Auf irgendeine Weise überraschte mich dies; ich hatte ihn wohl für diese Art Jungen gehalten, der einfach alles konnte. "Zeichnen ist nicht so meine Stärke und auch Kreativität drücke ich irgendwie anders aus."

Und da war es schon wieder; dieser Schalter in mir, der Justin aufeinmal viel interessanter wirken ließ als alles andere und es mir unmöglich machte, mich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig für mich war. "Und wie?" Freudig lächelte ich in mich hinein, als würde ich tatsächlich erwarten, nun einen Einblick in die Persönlichkeit hinter dieser Facette zu erlangen, die er jeden sehen ließ. Ich fühlte mich, als würde ich nun eingeweiht werden; direkt von ihm. "Das erfährst du heute Abend!" Zwinkerte er mir wohlwissend, wie wütend mich dies innerlich machte, zu.

Gespielt beleidigt wandte ich meinen Blick wieder ab und sah auf mein Papier hinab, dass innerhalb der nächsten Stunde gefüllt werden musste. Manchmal hatte ich das Gefühl, mein Gehirn war nur zu logischem Denken in der Lage. So etwas wie Kreativität oder Spielraum für reine Fantasie schien einfach keinen Platz zu haben.

Unauffällig ließ ich meinen Blick zu Zayn hinüber wandern, dessen Papier bereits mit einzelnen, perfekt aufeinander abgestimmten Linien versehen war. Wenn ich im Musikunterricht überrascht gewesen war, wie talentiert er sang, wusste ich jetzt nicht mal mehr Worte zu finden. Seine Zeichnung hatte bisher nicht mal mehr Gestallt angenommen und doch schien sie schon perfekt auf mich zu wirken. Scheinbar war Zayn derjenige, der einfach alles konnte.

Nur zu gerne hätte ich ihn danach gefragt und mir Ratschlage geben lassen, die mich selbst vielleicht sogar ermutigt und neue Ideen geweckt hätten, doch ich traute mich nicht. Noch nie zuvor war ich ein schüchterner Mensch gewesen oder hatte Angst davor, zurückgewiesen zu werden, doch Zayn schien sämtliche Unsicherheiten in mir hervorzurufen, die ich Jahre lang erfolgreich zurückgedrängt hatte.

"War klar, dass du sowieso was weißt", brummte Justin sichtlich genervt und überfordert auf, den Blick starr auf Zayns Blatt geheftet. Der Schwarzhaarige reagierte daraufhin nur mit einem Lachen, welches ihm so viel besser stand als die übliche, arrogante Miene und zum ersten Mal gab er mir einen Einblick, wieso Jess ihn so toll fand; wenn er so unbeschwert da saß und zeichnete, die Konzentration auf sein Tun gerichtet, wirkte er um einiges friedlicher und vor allem freundlicher. "Liegt in meiner Natur", zuckte er die Schultern. Kopfschüttelnd lehnte Justin sich wieder zurück in seinen Platz und ließ mich registrieren, wie nah er mir gekommen war, um Zayn zu begutachten. Es war mir im ersten Moment nicht mal aufgefallen, da ich so vertief in meine Gedanken gewesen war, doch nun machte sich der Geruch seines Parfüms umso stärker in mir breit und ließ ein Gefühl von Freude entstehen, als würde mein Körper seinen Geruch so gut empfinden, dass sogar Glückshormone entstanden.

Den Gedanken schnell wieder vertreibend griff ich nach meinem 2B Bleistift und widmete meine volle Aufmerksamkeit meinem eigenem Kunstwerk zu, das überhaupt erst mal entstehen musste. Aus irgendeinem Grund machte es mich nervös, dass die beiden Jungs zu meiner Seite es würden beobachten können. Bei Justin wusste ich zwar noch nicht, wie der Stand der Dinge ausschaute, doch Zayn war ganz offensichtlich ein begnadeter Künstler und ich wollte mich nicht vor ihm blamieren.

Immer noch ratterte in meinem Kopf alles ab und die unterschiedlichsten Ideen machten sich breit, wie ich meinen Gedanken freien Lauf lassen könnte, ohne jemandem tatsächlich zu verraten, was es bedeuten sollte. Schlussendlich fiel mir nur ein Szenario ein, mit dem ich leben konnte, und ich setzte vorsichtig einen Strich auf das dünne Blatt.

"Bin ich denn der einzige hier, der nicht zeichnen kann?", stöhnte Justin mickrig auf. Im ersten Moment fühlte ich mich so sehr aus meinen Gedanken gerissen, dass ich total vergaß, was er da gesagt hatte, doch dann fiel mein Blick auf sein Blatt und ich konnte nicht anders als zu grinsen. Statt der Aufgabe hatte Justin angefangen das Alphabet mit seiner rechten Hand zu schreiben, was auf seine eigene Art ziemlich komisch aussah. Bisher war mir noch gar nicht aufgefallen, dass er Linkshänder war, doch umso länger ich darauf achtete, desto mehr Anzeichen dafür fielen mir an ihm auf. Anzeichen, die niemandem sonst ins Auge gesprungen wären, außer mir, die sich mit der Verhalten von Menschen die Zeit um die Ohren schlug. "Mach die Hand ein wenig fester und das könnten Hieroglyphen sein!", stellte sich halb ernst halb aus Scherz fest. Mit hochgezogenen Augenbrauen wandte Justin seinen Kopf in meine Richtung, doch wieder war nicht die Spur eines Lächelns auf seinen Wangen zu sehen. "Und Hieroglyphen sind Kunst, weil?" Noch intensiver als zuvor bohrte sein Blick sich in meine Augen, doch ich wollte im ersten Moment nicht mal verstehen, wieso. Viel mehr lenkte mich der Ausdruck in ihnen ab und beeinflusste die Aussprache meiner nächsten Worte mehr, als ich zugeben wollte.

"Weil, die alten Ägypter sie schon damals zu etwas besonderen gemacht haben. Hoch an die Wände geschrieben und faziert bis sie besonders wirkten. Hieroglyphen sind eindrucksvoll und machen die alte Zeit zu etwas besonderem." Nun war Justin es, der nichts zu sagen wusste. Ein Art Erstaunen machte sich in seinen Augen breit, die mir deutlich zeigte, dass er nicht mit einer Antwort gerechnet hatte; erst recht nicht mit so einer, doch da war auch wieder diese Belustigung, dass ich überhaupt so sprach, wie ich es manchmal tat. So dachte, wie ich es eigentlich immer tat.

Doch bevor er was dazu hätte sagen können, machte sich die schmale Gestalt Mrs. Brennons hinter uns breit, die mit einwenig mehr skepsis auf Justins Blatt hinabsah. "Mr. Bieber, ich hatte eigentlich gehofft, dass sie dieses Jahr immer noch hier auf der Schule sind sei ein Zeichen dafür, dass sie sich entschieden haben, die Sache einwenig ernster zu nehmen.", stellte sie mit gespitzten Lippen fest. Die Lehrer auf meiner alten Schule hätten ihn jetzt wohl zur Rechenschaft gezogen und ermahnt, doch sie schien dies einfach nur zur Kenntnis zu nehmen, als wolle sie ihn wissen lassen, dass dies Folgen für ihn haben würde, hätte jedoch keine Lust sich länger damit zu beschäftigen.

"Bleiben sie nach der Stunde bitte noch da!", war alles, was sie noch sagte und dann zog sie davon. Ich an Justins Stelle hätte sofort Panik bekommen, mich eingemauert und innerlich selbst geschlagen, doch der Betroffene nahm die Sache sichtlich entspannter als ich. Was die Frage aufwarf, wieso er eigentlich hier war. Mrs Brennon hatte recht, er könnte einfach gehen, wenn er nicht den höheren Abschluss machen wollte, wieso blieb er also, wenn die Sache ihm nichts wert war?

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora