Kapitel 18

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Kapitel 18:
Den ganzen Weg von der Sporthalle bis zu meinem nächsten Unterrichtsfach war ich tief in Gedanken versunken, doch mir wollte einfach keine Möglichkeit einfallen, wie ich mich aus der Situation rausreden sollte. Es wäre unglaublich peinlich, wenn ich demnächst den Ruf hatte, das Mädchen zu sein, das behauptete, Justin Bieber, der Junge, der keine Dates machte, hätte sie auf Eins eingeladen. Mal ganz abgesehen davon, dass dies in vielen Sichten überhaupt nicht das war, was meine Mum sich vorgestellt hatte, wollte ich es tatsächlich auch nicht.

Immer mehr und mehr Szenarien machten sich in meinem Kopf breit, wie diese Lüge sich zu einem Dilemma ausbreiten konnte, doch nicht eine Alternative, die dies verhindern würde.

Und genau so verbrachte ich meine nächste Stunde ohne überhaupt am Deutschunterricht teilzunehmen. Dann hatte ich halt einen schlechten Eindruck, er war wenigstens nur vor einer Lehrerin und nicht vor der gesamten Stufe. Doch selbst nachdem ich die viel zu alte Lehrerin und ihren verdammt langweiligen Unterrichtsstil kennengelernt hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als zu verzweifeln. Deutsch schien tatsächlich ein Kurs zu sein, den ich ausschließlich mit Menschen teilte, die ich nicht mochte, wozu ich erstaunlicher weise nicht mal mehr Justin und seine komische Gruppe zählte; im Gegenteil, die erschienen mir inzwischen fast schon sympathisch, wenn auch furchterregt und asozial, doch sie waren nicht so klischeehaft. Nicht so dermaßen gestrickt, wie meine Mutter sich alles vorstellte.

Bei ihnen fühlte ich mich mehr aufgehoben, auch wenn ich noch nie Zeit mit ihnen verbracht hatte und wohl auch niemals würde. Sie wirkten einfach echt, als gäbe es nichts auf der Welt, für das zu verstellen es sich lohnen würde.

"Hey!" Der leise Schrei hatte mich stärker aus den Gedanken gerissen, als man erwarten sollte. Zwar lag dies viel weniger an der Lautstärke als an der Tatsache, dass es tatsächlich an mich gerichtet war, doch es hatte mich dennoch verunsichert, so schreckhaft reagiert zu haben. Schnell setzte ich mir ein Lächeln auf und sah Louis entgegen, der wenige Schritte zu meiner Rechten stand und mir ein strahlendes Lächeln schenkte. "Du hattest Sport?", fragte er tatsächlich interessiert. Auf seiner linken Gesichtshälfte zeichneten sich immer noch dunkle Konturen dessen ab, was ich am vergangenem Tag zu sehen bekommen hatte, doch heute schien er gar nicht erst zu versuchen, es zu verstecken. "Ähm, ja", murmelte ich nur halb bei der Sache. In meinem Augenwinkel konnte ich Justins Gruppe, einschließlich Alexa, ausmachen, was mich sofort wieder in meine kleine Krise brachte. Alleine, dass Alexa direkt neben Justin stand und ihm scheinbar nicht sonderlich erfreut etwas erzählte, ließ das Blut in meinen Adern schneller pulsieren. Was, wenn die beiden doch was miteinander am laufen hatten? Justin wäre bestimmt wütend, wenn ich ihm seine Beziehung-inwiefern man dies so bezeichnen wollte-ruinierte.

"Wenn...also, wenn du lieber alleine sein willst, ist das ok, ich versteh das.", murmelte Louis, der meine Abwesenheit in den falschen Hals bekommen hatte, mit betont neutraler Stimme. Erst jetzt viel mir auf, wie herablassend mein Verhalten ihm vorkommen musste, vor allem, da er nicht gerade die meisten Freunde hier hatte. Doch ich auch nicht, zumindest noch nicht, obwohl ich Lily eigentlich sogar ziemlich nett fand und auch Jess freundlich sein konnte, also spielte dies für mich keine weitere Rolle.

"Nein, sorry. Ich war nur gedanklich gerade wo anders. Wie geht's dir?", wandte ich mich schnell von dem Schönling hinten an der Mauer ab. Mit der Frage nach seinem Befinden kam auch wieder die Erinnerung an mein Gespräch aus dem Bus hoch und mir fiel ein, was Jess angedeutet hatte. Sofort sah ich Louis wieder mit mehr Sorge und weniger Freude. Vielleicht war es nicht meine Aufgabe, doch ich half gerne und das besonders an Stellen, die mich eigentlich nichts angehen sollten. So war ich-zum großen Entsetzen meiner Mum- schon immer gewesen und das würde sich auch für's Erste nicht wieder ändern.

"Alles gut, mir geht's gut", raunte Louis beinah schon zu schnell. Es wirkte einfach nicht ehrlich und das schien auch er nur zu gut zu wissen. Mit einem bescheidenem Lächeln wandte er seinen Kopf so zur Seite, dass ich ihn nicht länger ansehen konnte und blickte stattdessen ebenfalls zu Justin und den anderen hinüber, in dessen Richtung zu blicken ich zu vermeiden versuchte. "Du kannst mit mir über alles reden Louis...", begann ich vorsichtig, wohl wissend, dass ich viel zu früh einen Versuch startete, ihn zu öffnen. "Jeder braucht mal jemanden, mit dem er sich ausreden kann, das ist natürlich!" Und gerade ich wusste genau das am Besten. Denn ich hatte niemals mit irgendwem über Leo sprechen können. Die einzigen, die von ihm wissen durften, waren meine Eltern und mein Bruder. Die einen zu kalt, der andere zu klein.

Doch für manche schien es dennoch schwieriger zu sein, sich zu öffnen, als es mir gefallen wäre, hätte ich die Chance dazu gehabt. Louis schien einer davon zu sein. Statt einer Antwort lief er einfach nur schweigend neben mir her, während wir an Justin und seinen Freunden vorbeiliefen und ich doch noch mal einen Blick zu dem Blonden wagte. Er stand inzwischen nicht mehr neben Alexa, sondern saß neben Zayn auf der Mauer, während er rauchte und mich genauso instinktiv musterte, wie ich ihn. Alexa hingegen stand, noch immer sichtlich sauer, einige Schritte daneben, die Hände in die Hüften gestemmt und den Blick vor Wut verzogen.

"Sie ihn nicht an...", erinnerte Louis mich, der den Kopf tatsächlich geneigt Richtung Boden hielt, doch ich würde mir kein Beispiel an diesem Verhalten nehmen. Denn auch wenn es mir an Selbstbewusstsein fehlte, hatte ich noch meinen Stolz.

"Wie lange hast du heute?", murmelte ich schließlich, als wir durch die Einganstür in die Schule traten und ich mich erneut Louis zuwandte, der ohne dass ich es bemerkt hatte, wieder seine Kapuze ins Gesicht gezogen hatte. "Nur bis vierzehn Uhr", murmelte er in einem undefinierbaren Ton. Die meisten würden sich freuen, so früh nach Hause zu kommen, oder wären traurig, nach Hause zu müssen, doch Louis schien zu keiner der beiden Sorten zu gehören. "Willst du..also keine Ahnung ich meine, hast du danach vielleicht noch Zeit? Ich würde dir ja erklären wieso genau, doch das wäre mir hier auf die schnelle etwas unangenehm..." Schnell warf ich ihm ein entschuldigendes Lächeln zu und versuchte zu unterdrücken, wie merkwürdig ich mich in diesem Moment fühlte. Tatsächlich sah Louis mich leicht verwirrt an, als könne er mit meiner Aussage nicht sonderlich viel anfangen, doch ich tat das Ganze einfach nur mit einem Lächeln ab. "Sicher, treffen wir uns am Tor?", murmelte er schließlich einfach nur. Ich war ihm in diesem Moment undenkbar Dankar, dass er nicht weiter darauf einging.

Mit einem Nicken gab ich ihm zu verstehen, dass ich zustimmte und verabschiedet mich dann mit einem Lächeln. Ich war mir zwar immer noch unsicher, ob das, was ich da tat, eine gute Idee war, doch ich hatte das dringende Bedürfnis, es einfach zu probieren? Was hatte ich denn auch schon zu verlieren?

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now