Kapitel 28

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Kapitel 28:
"Rückt die Plätze doch bitte noch vor!", rief meine neue Kunstlehrerin in den Raum hinein. Mit einer Hand deutete sie auf die vorderste Reihe ihrer rechten Seite, in der nur ein einziger Platz besetzt war. Zu meiner Verwunderung war es Niall, der dort saß. Ich hatte ihn auf dem Flur noch gar nicht gesehen doch jetzt, wo ich ihn in Augenschein nahm, wünschte ich, ich hätte mich neben ihn gesetzt.

Ich war sogar beinah so weit aufzustehen und einfach zu gehen; so übel konnte Justin mir dies nicht nehmen und immerhin sagten mir alle, was für ein netter Kerl Niall sei, doch den Gedanken schien nicht nur ich zu haben. Zwei andere Mädchen, die ganz offensichtlich blondgefärbte Haare hatten, sprangen im Blitztempo auf und ließen sich jeweils rechts und links von Niall an einen Tisch fallen, die Gesichter in die Mitte gedreht.

"Nicht so entusiastisch Mädels!", grinste Mrs Brennon, sichtlich amüsiert über dieses pubertäre Verhalten ihrer Schülerinnen. Mich dagegen nervte dies nur, denn es raubte mir meinen einzigen Fluchtweg aus dieser Situation, die sich Zayn Malik nannte. Doch Justin schien mich nicht so zu sehen, wie Zayn es tat, also würde Zayn doch nichts machen, solange Justin in der Nähe war, oder?

"Wie sie uns alle verurteilt hätten, wenn wir für Brennon nach Vorne gesprintet wären!", murmelte Zayn an Justin gewandt. Dass ich in meiner Position davon mehr mitbekam als der Angesprochene selbst, schien ihn aber nicht zu stören. Genauso wenig wie Justin, der mir unterdrückt ins Ohr lachte. "Niall ist im Gegensatz zu Mrs Brennon keine Lehrkraft!" Die Worte rutschten mir mehr raus, als dass sie beabsichtigt waren, doch ich würde es dennoch nicht zurücknehmen. Ich fing endlich an, mich zu trauen. Zu trauen, Widerworte zu geben oder einfach nur für mich gerade zu stehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Zayns Miene mich nicht einschüchtern konnte. Sie war kälter, als jemals zu vor und spätestens jetzt hatte ich mir jede Chance verspielt, mit ihm klarzukommen. "Niemand hat mit dir geredet, Johnson!", zischte er unterdrückt auf. Bei dem Klang seiner Wut lief mir beinah automatisch ein Schauer über den Rücken, doch ich blieb gerade und sah einfach nur so stolz wie möglich zurück nach Vorne, als hätte das rein gar nichts mit seinen Worten zutun.

Ein kleiner Teil von mir hatte wohl gehofft, Justin würde diesbezüglich etwas sagen und Zayn vielleicht ermahnen, dass man so nicht mit einer Frau sprach, doch egal wie normal Justin mir in den letzten paar Begegnungen vorkam, er ist und bleibt dennoch kein Gentleman.

"Kunst bedeutet für mich nicht, dass wir den Lernstoff durchpauken müssen. Viel mehr ist es, seine Fantasie auszuleben und sich freizuentfalten. Eine Auszeit der Schule, von dem vielen Lernstoff, in der man in seiner eigenen Fantasie verschwinden kann", schnappte ich doch noch den letzte Teil der Rede meiner Lehrerin auf. Nach ihren Worten zu urteilen, hatte Justin bisher wohl wirklich nicht besonders oft zugehört, denn was sie dort sagte, schien so gar nicht seine Art zu sein. Und damit lag ich auch richtig, denn als ich meinen Blick unauffällig zu ihm schweifen ließ, lag der seine wie selbstverständlich auf der Oberweite der blonden Frau.

"Deswegen wird es auch eure erste Aufgabe sein, euch frei zu entfalten. Ich möchte, dass ihr aufs Papier bringt, was auch immer euch beschäftigt. Es ausschmückt, wie es euch gefällt und dabei nicht darauf achtet, ob es realistisch ist. Das einzige, was ich sehen will, ist dass ihr euch Gedanken über die Konturen macht; sollen sie ineinander übergehen oder wollt ihr einen geraden Schnitt. Soll die Farbe sich verlaufen oder wird es bunt. Macht, wie es euch gefällt. In der nächsten Stunde werden wir uns die Ergebnisse ansehen und einwenig analysieren. Und wenn ich sage analysieren, meine ich auch analysieren und nicht interpretieren!"

Solche Aufgaben waren wohl genau das, was mir den Spaß am Zeichnen genommen hatte. Was sollte ich nun schon zeichnete? Etwas, das meine Gefühle ausdrückte? Dann wäre das ganze Papier wohl so schwarz, dass man gar keine Interpretation mehr brauchte, um in mich zu sehen.

"Wenn sie nicht so verdammt geil wäre, würde sie mich nerven.", stöhnte Justin deprimiert auf. Aus seinem Mund trafen mich diese Worte mehr als aus Zayns. Zayn war ein Arschloch, auch wenn es mir für Jess, die stets an das Gute in ihm glaubte, leid tat. Es spielte keine Rolle, denn er war für mich sowieso abgestempelt. Nur aus irgendeinem Grund konnte ich dies nicht auch mit Justin machen.

"Soll ich dir Papier mitbringen?", riss Justin, der sich soeben erhoben hatte, mich aus den Gedanken. Sein Blick war zu meiner Überraschung nicht auf Zayn sondern viel mehr auf mich gerichtet. Etwas perplex und doch dankbar nickte ich ihm zu, wobei ich ihm ein aufrichtiges Lächeln schenkte, doch auch dieses wurde nicht erwidert. Würde ich jemals ein Lächeln von ihm zu sehen bekommen? Ich verlange ja nicht mal mehr, dass es an mich gerichtet ist.

"Was willst du hier eigentlich Johnson?" In dem selben, unhöflichem Tonfall wie immer schnauzte Zayn mir die Worte entgegen, die sich zischend in meinen Kopf brannten. Bis zu diesem Moment hatte ich nicht mal mehr darüber nachgedacht, dass ich nun alleine mit ihm war, doch ein Hilfesuchender Blick durch den Raum zeigte mir, dass Justin in der Abstellkammer am anderen Ende verschwunden war und wohl noch einwenig auf sich warten lassen würde.

"In den Unterricht gehen?", versuchte ich es vorsichtig. Vielleicht klang dies nicht nach der intelligentesten Antwort und das war sie auch nicht, das wusste ich sehr gut, doch mir fiel einfach nichts mehr ein, wie ich mit Zayn sonst umgehen sollte. "Du hast mich schon verstanden Johnson. Was machst du hier bei uns beiden?", zischte er nun gefährlich genervt zurück. Vielleicht sollte ich mir abgewöhnen Menschen zu provozieren, die mir gefährlich werden konnten, doch meistens bemerkte ich dies selbst zu spät, als dass ich etwas ändern könnte. Unsicher biss ich mir selbst auf die Unterlippe und versuchte seinem Blick standzuhalten, doch er ließ nicht locker.

Ergeben atmete ich ein Mal tief ein, nur um die Luft stoßweise wieder meinen Lungen entweichen zu lassen, und sah mich ein letztes Mal überprüfend um, ehe ich all meinen Mut zusammennahm und aussprach, was ich wirklich dachte:"Ich hab echt nicht den geringsten Schimmer, was du gegen mich hast, Zayn! Ist es, weil meine Familie Geld hat und mich hier her zwang? Glaub mir, ich kann die genauso wenig leiden wie du, aber ich bin kein Teil davon, also hör auf mich so zu behandeln. Justin und ich hassen uns nicht so wie du mich und wir werden heute Abend was zusammen machen, also stell dich darauf ein mich mit ihm zu sehen; auch im Unterricht. Er hat mich gebeten mich zu ihm zu setzen und wenn du was dagegen hast, solltest du vielleicht einfach gehen statt mich dumm anzumachen!" Für einen Moment blieb es still, kaum dass ich geendet hatte. Niemand von uns sagte etwas, stattdessen sahen wir uns einfach nur tief an, den Hass ins Gesicht geschrieben. Und doch wusste ich, dass Zayns Blick nichts Gutes verhieß.

"Halt dich weiter in unserer Nähe auf, und ich werde dir dein kleines perfektes Leben ruinieren, haben wir uns verstanden?" Darauf traute ich mich nichts mehr zu erwidern.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now