Kapitel 116

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Ich war Derek dankbar, dass er die Situation nicht komisch werden ließ. Im Gegenteil; er hielt mich wie immer die ganze Nacht in den Armen und fuhr mich auch am nächsten Morgen zu mir nach Hause, ehe er Noah sein Auto brachte. Ich würde mich im Verlauf des Tages noch bei meinem besten Freund melden müssen, um ihn dafür zu danken, dass er mir den Abend gestern ermöglicht hatte. Denn egal wie unanegenhem mir die Situationen währenddessen vorgekommen sein mögen, hatte es mich dennoch im Endeffekt ausschließlich positiv beeinträchtigt.

Gähnend betrat ich das Zimmer meines kleinen Bruders, um ihn zu begrüßen. Wie erwartet saß dieser auf seinem Bett und spielte mit dem rosanen Nintendo, den ihm eine alte Freundin von mir geschenkt hatte, da unsere Mum so was niemals kaufen würde. Adrian war so dankbar gewesen, dass er sich nicht mal mehr über die Farbe beschwerte. "Na kleiner?", fragte ich, während ich mich neben ihn setzte. Adrian blickte zwar nicht in meine Richtung, da er sich konzentrieren musste, doch er lächelte. "Wie war dein Abend mit Noah?", fragte er ehrlich interessiert. Ich fühlte mich schlecht ihn anzulügen, doch wenn ich ihm erzählte, dass da nach Justin jemand anderes war, jemand ernstes, würde er dies nicht hören wollen. "Nett", erwiderte ich schlicht. Eine Weile sah ich ihm dabei zu, wie er irgendwelche Pokemon gegeneinander antreten ließ. Solche Momente genoß ich momentan immer noch am meisten; Stille und der liebste Mensch, den ich auf Erden hatte.

"Du kommst mir nicht in mein Haus!", schrie die aufgebrachte Stimme meiner Mum so laut durch das Gebäude, dass sie genausogut hätte neben uns stehen können. Leicht verwirrt bedeutete ich Adrian hier oben zu bleiben, ehe ich mich auf den Weg nach unten begab. "Ich lass dich meine Tochter nicht noch mal verarschen, du widerliches..." "Ich hab sie niemals verarscht. Lassen sie mich einfach mit ihr reden", unterbrach Justins barsche Stimme sie. Mein Herz machte einen Satz bei dem Gedanken daran, dass er hier war. Dasss er nicht aufgeben wollte, um mich zu kämpfen. Doch eigentlich sollte es mich wütend machen, dass er nicht einfach Ruhe gab.

Ein entsetzes Geräusch verließ die Kehle meiner Mum. "Einen Scheiß wirst du!" Ich denke nicht, dass ich meine Mum jemals so habe reden gehört, ehe Justin aufgetaucht war. In dem Moment, wo Justin antworten wollte, kam ich am Ende der Treppe an, sodass dessen Blick auf mich fiel. Für einen Moment sahen wir uns einfach nur an und die Welt um uns schien stehen zu bleiben. Nichts außer er und der Tatsache, dass er hergekommen war, schien noch für mich zu zählen. "Lass mich mit ihm reden Mum", murmelte ich entschlossen. Außersich drehte die sonst so gefasste Frau sich zu mir um, doch ihr Blick konnte mir gar nichts, solange ich Justins Kraft hatte. Und alleine seine Anwesenheit reichte aus, um mir diese zu verleihen.

"Schön!", spuckte meine Erzeugerin aus. "Aber ihr bleibt im Wohnzimmer und ich bin gleich drüben in der Küche; also denk nicht mal daran, irgendwas zutun, Freundchen!" Als wolle sie Justin somit einschüchtern fuchtelte sie mit ihrem Zeigefinger vor seinem Gesicht hinundher, doch dieser reagierte bloß mit einem unterdrückten Lachen. Mum warf mir einen letzten Blick zu und dann verschwand sie wie versprochen im Flur.

"Hey", murmelte Justin sanft. Es war dieser Tonfall, den er nur mir gegenüber anschnitt. Ein Tonfall, der ihn menschlich erscheinen ließ. Ich erwiderte nichts sondern kam einfach nur die letzten Schritte nach unten, sodass wir gemeinsam ins Wohnzimmer gehen konnten.

"Was willst du hier?", fragte ich. Mit einer Geste meines Kopfes forderte ich ihn auf, sich hinzusetzen, und ließ mich selbst möglichst weit außen auf der Couch nieder. Einen Moment lang blickte Justin sehnsüchtig auf den Fleck direkt neben mir, setzte sich dann jedoch ans andere Ende der schmalen Couch. "Ich will einfach, dass du die ganze Wahrheit kennst. Nicht nur das, was James und Alexa dir sagen konnten. Ich will, dass du verstehst wie ich mich gefühlt habe", begann er ohne mich auch nur anzusehen. In seiner Stimme lag so viel Trauer, dass ich selbst das Bedürfnis hatte, ihn in den Arm zu schließen. Meine Liebe für ihn ließ mich viel zu oft vergessen, wer von uns beiden eigentlich das Opfer war. Anstatt ihm zu antworten zog ich einfach nur meine Knie an die Brust, sodass ich sie mit meinen Armen umschlungen hielt.

"Ich gebe zu, ich kann dir keine Ausrede geben, wieso ich diese scheiß Wette überhaupt abgeschlossen habe. Es gibt nichts, was dies schön redet, doch ich bereue sie dennoch nicht. Ohne sie hätte sich aus uns beiden wohlmöglich nie was entwickelt und du bist trotz allem das beste, was mir jemals passiert ist!" Eindringlich ließ er seinen Blick in den meinen wandern. Ich erkannte nichts als Ehrlichkeit in seinen Augen, doch inzwischen war ich mir einfach nicht mehr sicher, wie viel dies bedeutete.

"Als ich mit Alex geschlafen habe...da fing ich gerade an zu bemerken, wie viel du mir bedeutest. Ich wollte das nicht! Nichts in meinem Leben sollte mir wichtig sein. Ich lasse schon seit Jahren nichts mehr an mich ran und dann kamst du und aufeinmal....war alles so anders. Als ich mit Alexa schlief hatte ich das Gefühl, mir selbst damit eine Backpfeife zu geben, die mich wachrüttelte. Ich dachte damit würde ich mich vor einem dummen Fehler bewahren, doch das war Falsch. Es hörte auch danach nicht auf. Und dann kam James Party. Ich weiß, dass mein Verhalten an diesem Abend beschissen war. Ich hätte es auch niemals tun können; doch wie sollte ich dir damals erklären, wieso ich das tat. Hätte ich dir gesagt, dass ich nicht will, dass James weiß, wie gut es zwischen uns läuft, weil er sonst wusste, dass ich diese Scheißwette quasi gewonnen habe, hättest du noch mehr Grund gehabt sauer zu sein. Aber das war es, wieso ich an dem Abend war, wie ich war. Und dann kam dieses verfickte Trinkspiel und James begann mich auszufragen, was zwischen uns lief. Er nutzte es aus um seine Lage in der Wette zu überprüfen und das direkt vor dir; ich war noch niemals so sauer auf ihn. Ich wollte einfach nur alles soweit hinauszögern, bis ich dir erklären konnte, was ich getan hatte. Doch je länger das zwischen uns lief, desto stärker wurde meine Liebe zu dir und ich vertraute dir nur noch mehr. Alleine die Vorstellung, dich zu verlieren, brachte mich um, das tut sie immer noch. Und ich hab es verkackt, es dir selbst zu erzählen. Ich hab es alles verkackt, Aber ich brauche dich Alli!"

Mit diesen letzten Worten sah er mich endlich wieder an. Ich hatte in den letzten Minuten so viel erfahren, dass ich mir kaum noch einen Reim aus alldem machen konnte. Alles in mir brannte danach, ihm einfach zu verzeihen, doch nichts von dem, was er mir erzählt hatte, stellte ihn in ein besseres Licht als zuvor. Was zumindest bedeutete, dass er definitiv ehrlich zu mir war.

In meinem Kopf genauso wie in meinem Herzen fanden sich durchmischte Gefühle und Entscheidungen. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte, und dass Justin mich so anblickte half nicht gerade, meine Gefühle zu sortieren. Doch verdammt, ich konnte nicht ohne ihn. Es war dumm zu denken, ich würde ihn nicht mehr wollen. Egal wie viel scheiße er gebaut hatte, ich würde ihn immer wählen.

Genau in dem Moment, wo ich all meine Mut zusammennahm, um ihm genau dies zu sagen, kam meine Mum wieder in den Raum. "Es reicht, ich werde dies nicht unter meinem Dach dulden!", schrie sie wutentbrannt auf. "Ally, ich lasse dir nun ein für alle Mal die Entscheidung. Entweder gehst du mit diesem Abschaum mit und lässt die Familie auf Ewig in Frieden oder du verabschiedest dich von ihm aus deinem Leben! Es gelten die selben verfluchten Bedingungen wie schon einmal!" Ihre Stimme überschlug sich gefühlt bei jedem Wort, doch die Message dahinter blieb dennoch klar. Entweder diese Familie und ihre Werte oder Justin und erneut obdachlos. Ich war bestimmt noch nicht bereit, Justin soweit zu vertrauen, dass ich wieder abhängig von ihm sein konnte.

Mit riesigen Augen blickte ich zu dem Blonden hinüber, der mich mit so viel Hoffnung ansah, dass es mir das Herz zerbrach. Er wäre bereit, mich wieder bei sich aufzunehmen. Er wollte, dass wir wieder wie früher wurden. Er wollte all seine Fehler wieder gutmachen, doch ich war mir einfach nicht sicher, ob er dies überhaupt konnte.

"Justin, geh bitte einfach", sagte ich so laut und klar, wie ich nur irgendwie konnte. Auf dem Gesicht des Blonden machte sich Schmerz breit. Schmerz, der auch mir durch Mark und Bein ging, doch ebenfalls ein Schmerz, den er verdient hatte. Einen Moment noch sahen wir uns an, für das womöglich letzte Mal, dass ich dabei seine wahren Gefühle sehen konnte, und dann stand Justin auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

Ich wusste, hiermit hatte ich ihm den letzten Willen genommen, um mich zu kämpfen.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now