Kapitel 27

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Kapitel 27:
Den ganzen Weg von der Bushaltestelle hoch bis zu den Kunsträumen lief ich hinter Zayn her, was das ungute Gefühl in mir entstehen ließ, dass wir in einem Kurs sitzen würden. Doch ich gab die Hoffnung bis zuletzt nicht auf. Spätestens jedoch, als wir vor der selben Tür zum Stehen kamen und Zayn mir einen alles anderes als erfreuten Blick zuwarf, musste ich es mir selbst eingestehen. Ich würde auch in diesem Kurs mit ihm landen, was nun wirklich nicht unbedingt meine erste Wahl gewesen wäre.

Dass ich ihn nicht als den nettesten Menschen der Welt ansah, lag wohl immer noch an meinen wirklich tiefen Vorurteilen gegenüber solchen Menschen, doch ich öffnete mich meiner Meinung nach dennoch einwenig. Immerhin war ich bereit, mich mit Justin zu treffen um ihn als Menschen ganz neu einzuschätzen. Ich war bereit, mich zu öffnen, Zayn jedoch nicht. Seine Einstellung zu den Menschen, zu denen auch ich gehörte, war mindestens so abgeneigt wie meine, als ich ihn das erste Mal erblickte.

Ich traute mich gar nicht, ihn länger als ein paar Sekunden anzusehen. Zwar konnte er mir hier schlecht etwas tun und egal wie unhöflich er war, körperliche Gewalt gegenüber eine ihm unterlegenen Frau traute ich ihm trotz allem nicht zu, doch er schüchterte mich ein. Es war einfach die Art, wie er mich immer ansah; als sei ich das abartigste, dass er am Tag zu Gesicht bekam.

Also wandte ich mich wie so oft dem Boden zu und stellte stillschweigend fest, dass ich mit so einem Benehmen wohl niemals Freunde finden würde. Ehe ich den ersten Tag hier hinter mich gebracht hatte, hatte ich noch gedacht, ich würde viele Streber als Zeitgenossen gewinnen, die den selben Tagesablauf wie ich lebten und mich für nichts verurteilten. Irgendwie war beinah das Gegenteil passiert; ich hatte bisher mit noch keinem einzigen Streber geredet, mich mit dem scheinbar einzigen Außenseitern angefreundet, den diese Stufe vorzuweisen hatte, und ansonsten nur die asozialen Rebellen beachtet. Mit Ausnahme von Lily vielleicht, doch auch sie war nicht das, was ich mir ursprünglich vorgestellt hatte.

Und doch wusste ich, dass ich es nicht anders machen würde, wenn ich die Chance hätte, die letzten drei Tage noch mal zu erleben.

"Ich schein' dich nicht so ganz loszuwerden, was?" Mit hochgezogenen Augenbrauen kam Justin auf mich zu und ließ einige Köpfe, die in der Nähe standen, verwundert in seine Richtung schnellen. Zu meinem Glück schienen die meisten jedoch nichts neues mehr daran zu finden, dass er mit der neuen sprach, und schenkten uns nicht weiter ihre Aufmerksamkeit. "Ich könnte wohl das selbe sagen", stellte ich unsicher fest. Mit Justin zu reden war wie ein Kabel einer Bombe durchzuschneiden. Man wusste nie, ob das, was man sagte, das richtige war. Vermutlich lag es an den fehlenden Emotionen. Hätte er diese Worte gesagt und mir ein Lächeln, selbst wenn es ein spöttisches wäre, geschenkt, hätte ich gewusst, dass es Spaß war, so wusste ich jedoch gar nichts.

"Das ist eine Ehre, Johnson, genieß es!", flüsterte er mit so melodischer Stimme, dass ich beinah keine Worte mehr fand. Dass er mir kurz darauf auch noch zu zwinkerte, verbesserte meine Situation nicht gerade, dabei sollte er überhaupt gar keinen Einfluss auf mich haben; besonders nicht so einen. "I-ich, nein!", stotterte ich etwas unbehaglich in meiner Haut. Erneut lag da dieser amüsante Schatten in seinen Augen, als ich mich ihm mit offenem Mund und leeren Worten entgegenstellte. Es war einfach zu kompliziert, mit ihm zu reden. Egal was du sagst, er schien es dir im Mund zu verdrehen.

"Kennst du den Lehrer?", fragte ich schließlich schnell. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie oft ich diese Frage in den letzten Tagen gestellt hatte, doch ich war neu hier, da ist dies doch nicht all zu verwerflich. Dieses eine Mal schien nicht mal mehr Justin meine Worte lächerlich zu finden. Im Gegenteil, es schien beinah so, als könnte dies unser erstes, normales Gespräch werden. So wie auch alle anderen sprachen; ohne Wut, Belustigung oder Überheblichkeit. "Mrs Brennon, ja.", murmelte er, den Kopf leicht in den Nacken gelegt und mit einem konzentrierten Blick an die Decke. "Und ist sie nett, oder?" Unsicher strich ich mir eine Strähne meiner langen Haare hinters Ohr, um mir meine Nervosität nicht ansehen zu lassen. Niemals hätte ich mir bei unserer ersten Begegnung erträumen können, dass ich nur ein paar wenige Tage später versuchen würde, mit ihm ein Gespräch in Gang zu halten.

"Keine Ahnung, hab' ich nie drauf geachtet.", zuckte er mit den Schultern. Etwas verwirrt sah ich ihn an und zog meine Augenbrauen in die Höhe, wie auch er es nur wenige Sekunden zuvor getan hatte. "Ich dachte, du kennst sie?", fragte ich leicht verwirrt. Statt mir eine Antwort zu geben nickte Justin einfach nur knapp, was mich eher verwirrte als dass es irgendwas erklärte.

Ein paar Sekunden standen wir einfach nur so da, sahen den jeweils anderen so an, als wäre er das unverständlichste der Welt und schienen dennoch, dass einer falsch liegen musste. "Sie ist geil!", erklärte Justin schließlich, als sei es das logischste der Welt und mit einem so eindeutigem Blick, dass die Sache für mich dann auch schon wieder erledigt war.

Ich wusste nicht mal mehr wieso, vielleicht weil ich mich selbst so unattraktiv fand, doch seine Worte trafen mich auf eine Weise, die ich nicht zu beschreiben wusste. Es fühlte sich an, als wäre die soeben aufgekommene Hoffnung, Justin könnte doch anders-nicht ganz so oberflächlich- sein, als ich dachte, mit einem Mal wieder explodiert, nur verstand ich nicht, wieso es mich überhaupt interessierte. Was veränderte dies schon für mich?

In den nächsten Sekunden sah ich nichts mehr zu ihm und auch er schien keinen Grund darin zu sehen, mich noch ein weiteres Mal anzusprechen. Stattdessen standen wir stillschweigend nebeneinander, den Blick entweder auf irgendwelche bedeutungslosen Menschen im Raum gerichtete, oder auf den Boden und erst als die Lehrerin, die ich im ersten Moment für eine Schülerin hielt, Justin bat, einen Schritt zur Seite zu gehen, regten wir uns wieder. Vielleicht war es das letzte, was ich hatte sehen wollen, doch sie war tatsächlich ganz hübsch. Zwar würde ich niemals Justins niederschmetternden Ausdruck benutzen, doch ich musste es mir selbst eingestehen, dass wohl nicht nur Justin auf sie abfahren würde.

"Setz dich zu uns", flüsterte genau dieser mir zu, als wir alle in den Raum traten. Zuerst wollte ich zögern, da ich es mir nicht in noch einem Fach mit dem Lehrer verspielen oder Zayn in der Nähe sein wollte, doch dann sprach ich mir selbst zu, dass es nur Zayn war und er mir nichts anhaben konnte. Es war nur er und er hatte mir rein gar nichts zu sagen. Also setzte ich mich doch noch in Gang und glitt neben Justin an einen Tisch. Wie auch in meiner alten Schule standen hier ausschließlich Einzeltische, die in Reihen aneinander gestellt wurden. Bis heute war es mir ein Geheimnis, wieso dies in Kunsträumen so nötig sein sollte. Froh darüber war ich schließlich trotzdem, als Zayn beschloss sich direkt neben mich, statt auf die anderen Seite von Justin zu setzen.

Unsicher blickte ich zu dem schwarzhaarigen Schönling auf, dessen Blick schon kalt und tödlich zugleich auf mir lag und mir wohl zu verstehen geben schien, dass ich ihm soeben die ideale Chance gegeben habe, mich fertigzumachen.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Where stories live. Discover now