92. Kapitel, Tag 6

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Kostas

Als ich das Zimmer verlasse werde ich schon von Anna erwartet. Sie mustert mich ernst und ein wenig kritisch, aber sie sagt nichts, worüber ich froh bin. Mir ist nicht nach reden zu Mute.

Schweigend laufen wir die Gänge entlang, der Weg ist nicht weit, trotzdem habe ich ihn mir nicht merken können.

Vermutlich etwa auf der Hälfte kommt uns eine Frau entgegen. Sie trägt keinen weißen Kittel, was mich verwundert, da zu diesem Bereich nur Patienten und Ärzte Zutritt haben. Und momentan auch Anna, aber so wie sie mir die Sache erklärt hat, scheint das eine ziemliche Ausnahme zu sein.

Die Frau hat hellbraune Haare, welche sie zu einem strengen Zopf zusammen gebunden hat und ein paar erste weiße Strähnen schauen dazwischen hervor.

Sie und Anna grüßen sich und das ist eigentlich auch nichts außergewöhnliches, da Anna jede der Personen grüßt, ob sie sie kennt oder nicht. Allerdings habe ich aus irgendeinem Grund das Gefühl, dass zwischen den Beiden mehr ist, als nur eine flüchtige Bekanntschaft. Ich habe das Gefühl, sie würden sich wirklich kennen. Als würde sie irgendetwas verbinden.

Als diese Frau an mir vorbei läuft schenkt sie mir ein Lächeln und irgendetwas in ihrem Blick, das ich nicht ganz deuten kann erregt meine Aufmerksamkeit. Sie kommt mir auf einmal bekannt vor, als hätte ich sie schon einmal gesehen, ich weiß nur nicht wo.

Ich will mich zu ihr umdrehen und zu ihr etwas sagen, sie fragen, wer sie ist, aber sie ist schon um die nächste Ecke gebogen.

Also wende ich mich an Anna und breche unser Schweigen: „Wer ist die Frau? Du kennst sie, nicht wahr?"

Anna wirft mir einen undefinierbaren Blick zu, als würde sie sich fragen, ob sie sich nur eingebildet hätte, dass ich mit ihr geredet hatte.

„Sie arbeitet hier als Sekretärin und das schon viele Jahre lang. Die Ältesten vertrauen ihr. Vermutlich hast du deshalb gefragt, weil ja sonst keiner von ihnen hier oben sein darf.", während sie spricht, schaut sie nur stur nach vorne, auf den zweiten Teil meiner Frage antwortet sie nicht.

Ich weiß, dass sie mir etwas verschweigt, aber ich weiß auch, dass es mich vermutlich nicht wirklich etwas angeht. Ich kenne sie erst seit einer Woche.

Wenn, dann wäre nur ein guter Freund von ihr in der Lage, eine solche Frage zu stellen. Ich war in ihren Augen vermutlich nur ein Gast. Ein lästiger Bekannter, den man so schnell wie möglich loswerden wollte.

Und doch hatte sie mir geholfen, doch hatte sie sich für mich und meine Probleme gegen ihre Regeln widersetzt.

Ein bizarrer Gedanke schießt durch meinen Kopf, aber ehe ich ihn mein Gehirn wirklich ausformulieren kann, schiebe ich ihn schon beiseite. Das wäre einfach nur Absurd.

„Du solltest gehen und dich noch ein Wenig ausruhen. Morgen wird Dr. Schwarz mit dir sprechen wollen. Vielleicht solltest du darauf vorbereitet sein. Ein überraschender Besuch von ihm kann manchmal sehr... Nervenaufreibend sein.", Anna war neben der Tür stehen geblieben und machte keine Anstalten mit in das Zimmer zu kommen.

Sie hat besseres zu tun, als dich beim Schlafen zu beobachten, Kostas.

Ich wende mich der Tür zu, aber bevor ich hinein gehe drehe ich mich noch einmal zu ihr um. Ich kann sehen, dass es ihr unangenehm ist, dass ich ihr direkt in die Augen schaue, allerdings möchte ich, dass sie weiß, dass ich es ernst meine.

„Danke dafür, dass du mir geholfen hast.", ich halte kurz inne, um zu sehen, wie sie darauf reagiert. Allerdings kann ich in ihrem Gesicht nichts erkennen. Außer vielleicht ein kleines wenig Überraschung. „Danke für alles."

Und ohne auf ihre Antwort zu warten, gehe ich in das Zimmer und schließe die Tür hinter mir.

Nachdenklich setze ich mich auf mein Bett und starre die weiße Wand an.

Was für ein verrückter Tag.

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I'm the Couchman | Kostory FFDove le storie prendono vita. Scoprilo ora