90. Kapitel, Tag 6

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Kostas

„Kostas..."

Mik musterte mich besorgt. Ich lag immer noch auf unserem Bett. Immer noch in seinen Armen. Aber irgendetwas war anders. Ich nahm meine Umgebung nicht mehr so scharf und deutlich war, wie zuvor. Im Gegenteil: sie fing an wie ein alter flackern und zu verschwimmen

Ich schaute direkt in Miks Augen, sein Gesicht war verblasst, genau wie der Rest des Raumes auch.

Probehalber hielt ich meine Hand vor mein Gesicht. Was ich sah war... nichts.

„Kostas, wach auf!"

Ich spürte deutlich, wie jemand an meiner Schulter rüttelte und mich so endgültig aus meinem Traum riss. Es schien so, als wäre meine gemeinsame Zeit mit Mik jetzt vorbei. Vorerst. Auch wenn ich wünschte, dass dem nicht so wäre.

Nur wenn du jetzt endlich die Augen auf machst, wirst du die Chance haben, ihn in den Armen zu halten. Mach schon!

Widerwillig öffnete ich die Augen und blickte direkt in Annas Gesicht.

„Gut du bist wach.", Annas Blick, mit welchem sie mich durchbohrte war ernst und ein wenig angestrengt.

„Hast du es geschafft? Ist alles gut verlaufen?"

„Ja allerdings.", sie wendete sich von mir ab und ging in Richtung Tür. „Kannst du laufen? Wir müssen jetzt los."

„Ja klar.", wenn sie so redete, hatte ich das Gefühl, sie wäre nicht mehr ein 17jähriges Mädchen, sondern... meine Lehrerin?

Mit vorsichtigen Schritten, dann immer entschlossener schwankte ich ihr hinterher. Ich warf einen letzten Blick hinter mich und schaute direkt aus dem Fenster. Es war schon wieder dunkel. Ich hatte den kompletten Tag verschlafen.

Dann wurde ich von Anna am Handgelenk gepackt und mitgezogen.

„Ich habe einen Weg gefunden, ok? Ich habe einen Plan.", links, rechts, links. An den Zimmern 624, 625, 626 vorbei und dann geradeaus. „Und wenn das funktionieren soll, musst du genau eines beachten: Du überlässt mir das Reden, so lange bis ich es dir erlaube."

„Ok. Alles klar."

„Habe ich dir erlaubt zu reden?"

„Oups, 'tschuldigung."

„Vergiss es.", wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich hätte ein klitzekleines Lächeln über ihre Lippen huschen sehen.

„Wir sind da.", Anna hielt vor der Tür mit der Aufschrift 673 an. Es war die letzte Tür am Ende des Ganges. Sie war weiß, hatte eine silberne Türklinke und unterschied sich auch sonst nicht von den anderen Türen in dieser Etage.

„Geh schon rein.", aufmunternd schaute sie mich an und machte einen Schritt nach hinten, damit ich gut an den Griff herankam.

Von einer plötzlichen Angst ergriffen zögerte ich jedoch. Auf was würde ich treffen, wenn ich durch diese Tür gehen würde? War er stabil, schlafend, vollkommen genesen, in Tränen aufgelöst oder litt Todesqualen? Würde er mich mit offenen Armen empfangen oder nicht in die Augen sehen wollen? Immerhin war ich die Person, für die die Kugel bestimmt war, die er stattdessen eingefangen hatte. Bereute er die Entscheidung, sich vor mich zu werfen?

„Er schläft vermutlich.", antwortete Anna, wie als hätte sie meine Fragen gehört. „Es kann sein, dass du ihn wecken kannst. Aber er hat viele Schmerzmittel bekommen und hatte vor wenigen Stunden eine Operation, weshalb die Narkose noch wirken könnte."

„Danke.", erleichtert darüber, dass ich nicht vollkommen unwissend und unvorbereitet durch diese Tür gehen musste, streckte ich meine Hand nach der Klinke aus und drückte sie hinunter.

„Viel Glück."

Dann stieß ich die Tür auf und trat hinein. Dass Anna die Tür hinter mir zu zog, um mir ein wenig Zeit mit ihm alleine zu verschaffen, bemerkte ich kaum. Alles was für mich in diesem Moment zählte war Mik.

Es kam mir länger vor, aber es war gerade einmal eine Woche her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Erst jetzt viel mir auf, wie sehr ich ihn wirklich vermisst hatte.

I'm the Couchman | Kostory FFWhere stories live. Discover now