76. Kapitel, Tag 2

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Kostas

Der Raum, welchen wir betraten erinnerte mich erstaunlicherweise an einen ganz gewöhnlichen Klassenraum. Die Tische standen mit einigem Abstand zum jeweils Nächsten in drei Reihen hintereinander und nebeneinander. Davor stand ein weiterer Tisch, welcher sich nur dadurch von den anderen unterschied, dass der Stuhl auf der anderen Seite stand. An jedem der Tische saß jemand, neben ihm mehrere Stapel von Papier und Unterlagen. Bei manchen stapelten sich auch Bücher, um genauer zu sein, immer dasselbe Buch. Es gab Tische, auf denen sich bestimmt hundert Exemplare von ‚der Orden des Lichts' stapelten. Was war das hier?

Frau Kramer wies Anna einen der Tische zu, auf dem sich ein einziger, dicker Umschlag befand. Sie führte mich zu einem anderen Tisch und als ich an dem einzigen Tisch saß, auf dem nichts lag, schielte ich weiter zu ihr herüber und sah, dass sie bestimmt an die 20 Seiten handbeschriebener Blätter aus dem Umschlag zog.

Danach kam sie zu mir, nachdem sie mit jedem außer mir ein kurzes, aber eindringliches Gespräch geführt hatte, wobei das mit Anna besonders eindringlich gewesen war, und zog den Stuhl von dem Tisch direkt vor mir, welcher als einziger unbesetzt geblieben war und vermutlich ihr Tisch war, da er als einziger in der ersten Reihe stand, zu meinem Tisch heran. Die Tatsache, dass sie die Gespräche zuvor alle kurz und im Stehen gehalten hatte, zeigte mir, dass dieses vermutlich ein wenig länger werden würde.

„Du bist also Kostas?", sie drehte sich kurz zu dem Tisch hinter ihr um, krallte sich eine Brille und setzte sich eine altmodische Brille auf, welche sie wesentlich älter erschienen ließ, als sie war.

Da es mir albern vorkam, so etwas wie ‚Ja, der bin ich.', zu antworten, nickte ich bloß. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob sie es gesehen hatte, da sie immer noch das Blatt vor sich kritisch musterte.

„Also gut. Fangen wir an."

Frau Kramer erklärte, dass hier der Kontakt zu Mitgliedern oder zukünftigen Mitgliedern gepflegt oder neu geknüpft wurde. Viele konnte es sich nicht leisten, ihr komplettes Leben auf zu geben und hier her ziehen und lebten an anderen Teilen der Welt, waren aber trotzdem geschätzte Mitglieder. Andere brauchten jemanden, mit dem sie reden konnten, da sie gerade in einer schweren Phase ihres Lebens waren und die Menschen hier hielten regelmäßig Briefkontakt mit ihnen und halfen ihnen. Nicht selten kam es vor, dass Menschen aus solchen Brieffreundschaften herkamen und die Gemeinschaft bereicherten. Viele neue Mitglieder fragten nach dem Buch, um wann immer sie eine Frage zum Orden des Lichts hatten diese beantworten zu können. Das wurde auch zu meiner Aufgabe. Da ich es noch nicht gelernt hatte, wie man Menschen mit Briefen manipulierte, damit sie einer Sekte beitraten, bekam ich die stupide Aufgabe, Bücher ein zu packen, sie zu beschriften und Absender plus Briefmarken hinzu zu fügen.

Schon nach der ersten Stunde stellte ich fest, dass erschreckend viele Menschen nach einem solchen Buch gefragt hatten und ich betete inständig, dass sie nicht alle überlegten, bei zu treten, sondern lediglich versuchten heraus zu finden, was das für eine Organisation war, ihr Wissen zu bereichern und fest zu stellen, was es doch für abgefahrene Menschen gab. Ich musste mir wohl eingestehen, dass es nicht so war, wie ich hoffte. Es verlief doch nie etwas so, wie ich es mir erhoffte, sonst wäre ich ganz sicher nicht in einer solchen Situation. Ich würde ganz sicher nicht Bücher für Verrückte verschicken und ihnen am Ende sogar noch helfen. Ich begann damit aus Frust ab und zu Fehler in die Postleitzahlen oder Ortsnahmen ein zu bauen, damit die Pakete niemals ankommen würden.

„Bist du ganz sicher, dass es Nord Yard heißt und nicht New York, Kostas?", ich hatte nicht gemerkt, dass sich Frau Kramer über meine Schulter gebeugt hatte und beobachtete, was ich geschrieben hatte. Mist.

I'm the Couchman | Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt