25. Kapitel

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Myriam

Die Wolken unter mir hatten etwas Unbeschwertes. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich vergessen ließen.

Aber das war unmöglich. Ich wusste, dass das unmöglich war. Und schon waren die Gedanken wieder da.

Es setzte mir einen Stich in mein Herz, dass er weg war. Noch einen, dass ich ihn alleine gelassen habe. Das wäre nie passiert, wenn ich bei ihm geblieben wäre, dann könnte er noch bei mir sein. Noch ein Stich, weil ich mich an den letzten Kuss nicht erinnern konnte. Noch ein Stich, weil ich nicht sicher sein konnte, ihn je wieder zu sehen.

„Kann ich ihnen etwas zu trinken bringen?", unterbrach die Stewardess meine Gedanken.

„Einen Tomatensaft, bitte", krächzte ich und räusperte mich. Dann war sie wieder verschwunden. Weiter den Gang entlang gelaufen.

Ich bin noch nicht oft geflogen. Um genau zu sein erst einmal. Mit ihm. Und schon waren die Erinnerungen wieder da. Er hatte mir eine Reise nach Japan geschenkt und mir somit einen großen Wunsch erfüllt. Es war eine schöne Erinnerung, jetzt allerdings wurde sie getrübt.

Ich nahm den Pfeffer, der zu dem Tomatensaft beigelegt war und streute ihn in meinen Becher. Nachdenklich beobachtete ich, wie die schwarzen Punkte auf der Oberfläche schwammen und untergingen.

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„Du bist wirklich noch nie geflogen?", fragte mein Freund ungläubig.

Ich schüttelte den Kopf. Ich war so aufgeregt, dass ich Angst hatte, ich würde meine Zunge verschlucken.

„Das heißt, dass du erst jetzt herausfinden würdest, dass du Flugangst hast.", er grinste mich schelmisch an.

„Sehr witzig.", murmelte ich und spielte nervös an meinen Ärmeln herum. Schon bald würden wir uns über den Wolken in Richtung Tokio befinden.

„Freust du dich denn schon?", fragte mein Freund neugierig.

Ich verdrehte die Augen. „Das wollte ich vorhin mir den Worten: 'Ich freu mich schon so', deutlich machen.

Wenige Minuten später befanden wir uns in der Luft und eine Stewardess fragte, ob wir etwas essen wollen. „Zwei Tomatensäfte bitte", gab mein Freund zurück.

„Hey", beschwerte ich mich bei meinem Freund. „Ich kann sehr gut für mich alleine reden. Außerdem mag ich Tomatensaft nicht einmal besonders."

„Hast du wirklich noch nie davon gehört, dass man in Flugzeugen immer Tomatensaft trinkt. Ich schüttelte den Kopf. „Na ja, du wirst es schon noch verstehen."

Er nahm seinen Pfeffer und schüttete ihn in das Getränk.

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Ich stützte meine Ellenbogen auf das Tablett und vergrub meine Hände in mein Haar, während ich die letzten Pfefferkörner beim Untergehen beobachtete.

Die Erinnerungen waren zu viel für mich. Tausende Stiche bohrten sich in mein Herz und ich fing an zu weinen. Es waren Schmerzen, die ich so noch nie gekannt habe.

Ich lehnte mich in meinen Stuhl zurück und versuchte mich zu beruhigen. Es ging nicht.

„Ist alles ok?", fragte der Mann, welcher neben mir saß. Ich schüttelte den Kopf. Es war mir egal, was er von mir dachte. Ich würde ihn nie wieder sehen.

Und so versank ich in meinen Schmerz.


I'm the Couchman | Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt