72. Kapitel, Tag 1

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Kostas

Das erste Mal, seit dem Anfang des Tages konnte ich einen Moment inne halten und war nur für mich allein.

Ich fühlte mich unglaublich müde und erschöpft. Als hätte all das was ich heute erlebt hatte meine Lebenskraft ausgesaugt und nichts als Erschöpfung und Verzweiflung übrig gelassen.

Ich hatte das Gefühl ich wäre wie erstarrt und könnte nicht einmal mehr einen kleinen Finger bewegen. Alles was ich erlebt hatte war nicht real. Das konnte nicht real sein. Ich konnte nicht auf einer kleinen Insel vor Alaska gefangen sein. Das durfte nicht real sein.

Und doch wusste ich, dass es das war.

Orden des Lichts.

Ich hatte das Buch am anderen Ende des Raumes abgelegt und doch zog es meinen Blick in seinen Bann. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass dieses Buch alle Schuld an meiner Situation trug. Auch wenn ich wusste, dass dem nicht so war, begann ich es zu verachten. Ich verachtete es, obwohl ich nicht einmal mehr als den Titel gelesen hatte. Ich hatte es nicht aufgeschlagen, den ersten Satz oder Absatz gelesen. Ich verachtete es alleine wegen dem Titel.

Und dann wurde mir klar, weshalb. Der Orden des Lichts. Das war nicht nur der Name des Buches, sondern gleichzeitig auch der Personen, welche dafür verantwortlich waren, dass ich hier war und dass ich nicht das Buch verachtete, sondern diejenigen, welche es herausgaben und vielleicht sogar geschrieben hatten.

Ich erwachte aus meiner Starre und wie in Trance verließ ich mein Zimmer. Ich wusste nicht, wo ich hinging, doch ich ließ mich von meinen Füßen tragen. Ich ließ mich einfach tragen und bemerkte, dass ich in Richtung Treppe ging. Und die Treppe hinauf.

Erdgeschoss.

Erster Stock.

Zweiter Stock.

Dritter Stock.

Vierter Stock.

Fünfter Stock.

Sechste Stock.

Ich blieb stehen. Ich war die Treppe hinauf, bis ich nicht mehr weiter konnte und trotz dass ich schnell gegangen war und die Decken in dem gesamten Bau ziemlich hoch waren, stellte ich fest, dass ich kaum außer Atem war.

Vor mir sah ich einen Gang. Er war hell beleuchtet und ohne zu wissen wohin, ging ich ihn entlang. Ich bog ein paar Mal ab und dann sah ich ihn. Ein paar Männer in weißen Kitteln schoben ihn immer weiter von mir weg und ich begann zu rennen.

Ich konnte einen Blick auf ihn erhaschen, aber es war nicht Mik. Ich kannte ihn nicht.

Ich war stehen geblieben und starrte ihm hinterher. Ich musste Mik finden. Ich brauchte ihn.

Noch ehe ich etwas tun konnte, spürte ich einen Druck an meinem Arm und als ich mich umdrehte, erkannte ich eine kräftige Frau, welche zwar etwas kleiner war, als ich, mich dafür aber umso wütender anstarrte.

„Entschuldigung, aber haben sie eine ausdrückliche Erlaubnis, hier zu sein?", ich brauchte eine Weile, um zu realisieren, was sie gesagt hatte. Ihre Stimme klang merkwürdig verzerrt und verschwommen, ich hatte das Gefühl, es würde on irgendwo das Echo des Gesagten zurückkommen und dieses Mal mit der doppelten Lautstärke in mein Ohr dringen.

Sie erhielt keine Antwort von mir und schob mich verärgert zurück in Richtung Treppen. Ich hätte etwas gesagt, aber ich könnte meine Lippen nicht bewegen.

Bevor sie ging und mich allein ließ, sagte sie noch etwas, aber ich verstand sie nicht. Verzweifelt versuchte ich zu meinem Zimmer zurück zu finden und verlief mich dabei mehrmals. Als ich es doch gefunden hatte, sah ich einen Zettel an meiner Tür hängen. Während ich umher geirrt war, kamen die Kopfschmerzen wieder und ich hatte dieses Mal das Gefühl, sie wären noch schlimmer, als heute Morgen. Da ich die Buchstaben nur verschwommen erkennen konnte, es mir jedoch unmöglich war, sie zu entziffern, riss ich den Zettel ab und nahm ihn mit in mein Zimmer.

Ich schloss die Tür hinter mir und sank auf mein Bett. Sofort schlief ich ein und fing an zu träumen.

Der Zettel segelte ungeachtet auf den Boden und glitt unter das Bett.

I'm the Couchman | Kostory FFWhere stories live. Discover now