66. Kapitel, Tag 1

93 6 0
                                    

Kostas

Ich trank mein Wasser schnell aus, da Anna gerade nicht mit mir redete und ich sonst niemanden kannte, hatte ich genügend Zeit mich um zu sehen. Der Raum sah aus, wie ein Widerspruch in sich. Einerseits konnte man ihm ansehen, dass er einmal Teil eines alten Herrenhauses gewesen war, andererseits waren die Böden abgenutzt und es waren billige Plastikstühle- und tische aufgestellt worden. Ich blickte mich weiter um, achtete diesmal jedoch auf die Menschen. Viele von ihnen sahen gestresst und abgekämpft aus. Nur die wenigsten wirkten, als hätten sie genügend geschlafen oder wären wirklich glücklich.

„Kostas?", riss mich Anna aus meinen Gedanken und ich warf ihr einen fragenden Blick zu. „Ich habe dir noch nicht gesagt, dass du danach in den Raum 333B musst, oder?"

„Nein, hast du nicht.", sie hatte bis jetzt auf mich einen extrem ordentlichen und zuverlässigen Eindruck gemacht, wie konnte es sein, dass sie etwas vergaß, oder zumindest fast?

„Gut.", sie wendete sich jetzt wieder ihrem Müsli zu. „Dann weißt du es jetzt. Dein Arzt möchte dich sprechen. Ich weiß nicht, weshalb, aber das wird er dir persönlich mitteilen können. Ich denke den Raum 333 kann man sich auch recht gut merken. Die drei steht für den dritten Stock, damit du nicht allzu lange suchen musst, aber das kennst du vermutlich. Ach, da fällt mir ein, dass ich das noch gar nicht erwähnt habe... in den Stockwerken eins bis vier befinden sich Wohnbereiche, einige wurden jedoch zu Büros umgebaut und im fünften Stock wohnen die Ältesten und haben ihren Schaffensbereich. Und darüber, im sechsten Stock ist der Krankenflügel, außerdem finden dort auch unsere Andachten statt. Sinnbildlich heißt das also, dass unser Glaube und unsere Gesundheit über allem anderen stehen...", Anna unterbrach ihren Redeschwall und musterte mich besorgt.

Ich schaffte es nicht mehr, ihr zu folgen. Ich hatte das Gefühl das Gesagte würde zu einer unverständlichen zähen Masse verschmelzen und dieser Zustand erinnerte mich daran, kurz bevor ich aufgewacht war. Ich versuchte verzweifelt wieder klar denken zu können. Auf einmal nahm ich wieder alles wahr, aber es war zu laut. Viel zu laut. Auf einen Schlag bekam ich stechende Kopfschmerzen und versuchte verzweifelt zu verstehen, was sie sagte.

„Ist alles ok?", ihre bis eben noch aufgedrehte Stimmlage hatte sich beruhigt und sie sprach immer leiser. „Tut mir leid, wenn ich ein wenig voreilig war. Das ist sicher alles ziemlich neu für dich und ich habe mich so gefreut, dass ich dir alles zeigen darf, dass ich ganz verdrängt habe, dass es für dich vielleicht gerade nicht so schön ist. Ich meine, wegen deinem Freund und allem..."

Ich presste ein „Geht schon.", zwischen meinen Zähnen hervor. Dann sprang ich auf, rannte fast schon auf die nächste Toilette und schloss mich in einer der Kabinen ein. Die Klos erinnerten mich an die in meiner Schulzeit. Sie stanken und die Hälfte davon war verstopft. Es fehlten die beschmierten Wände und das verstreute Klopapier, aber ansonsten waren es dieselben.

Aber ich achtete nicht darauf und versuchte mich zu konzentrieren.

Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, nicht zusammen zu brechen.

I'm the Couchman | Kostory FFWhere stories live. Discover now