91. Kapitel, Tag 6

84 8 2
                                    

Kostas

Mik. Mik, welcher vor mir in einem Bett lag und schlief. Ja, Anna hatte recht gehabt. Er schlief.

Vorsichtig trat ich näher heran und betrachtete ihn. Seine Gesichtszüge waren friedlich, als hätte ihm niemand jemals ein Leid zugefügt. Für einen Moment war es so einfach zu glauben, dass das alles nicht passiert ist. Dass wir das nicht erlebt hatten, dass es nur ein schlechter Traum war.

Aber die Monitore neben seinem Bett holten mich schnell wieder in die Realität zurück. Mik liegt in diesem Krankenhausbett weil er angeschossen wurde. Er hat Schmerzen und Verletzungen und schläft auch nur, weil man ihn mit Medikamenten dazu gebracht hat.

Und auch wenn er gerade schläft, sobald er aufwacht wird er vermutlich trotzdem Schmerzen haben.

Ich trat an das Bett heran und setzte mich auf den Stuhl daneben. Vorsichtig legte ich seine Hand, welche schlaff neben herabhing in meine

Ich wusste, dass ich nicht besonders viel Zeit hatte, bevor jemandem auffallen würde, dass ich nicht mehr in meinem Bett liege und nach mir suchen würde. Aber ich wusste auch, dass ich mir hierfür die Zeit nehmen musste, die ich brauchte. Wer weiß, wann ich ihn danach das nächste Mal sehen würde.

„Mik, ich weiß dass du, berauscht von Schmerzmitteln und noch halb in Narkose vermutlich nichts von dem mitbekommst, was ich dir zu sagen habe. Aber da ich ein egozentrischer Arsch bin mache ich das eh nur, um mein Gewissen zu beruhigen.", ich musste über mich selbst lachen, verschluckte mich und bekam einen Hustenanfall. Was lerne ich daraus? Sei nicht so ein fröhlicher Mensch.

Ich bekam immer mehr das Gefühl hier verrückt zu werden.

„Es tut mir leid, dass ich es nicht geschafft habe, dich zu beschützen, so wie du mich beschützt hast. Ich wünschte ich könnte dir deine Schmerzen abnehmen, aber das kann ich nicht. Und es tut mir leid, dass ich es nicht früher geschafft habe, dich zu Besuchen und dass du das alles deswegen alleine durchstehen musstest. Ich weiß ja, dass du vorher noch nie so eine große Operation hattest und es war für dich nicht einfach, dabei kein gekanntes Gesicht bei dir zu haben.

Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich alles tun werde, um uns hier irgendwie raus zu holen... aber ich weiß auch, dass ich das vermutlich nicht alleine schaffe. Also... ich weiß ja, dass das vermutlich nicht funktionieren wird, weil du darüber keine Kontrolle hast, aber es wäre jetzt echt schön, wenn du aufwachen könntest oder mir irgendwie anders zeigst, dass du mich verstehst."

Stille.

Ich lausche dem Echo meiner Stimme und komme mir auf einmal schrecklich dumm vor. Was habe ich mir hiervon erwartet? Dass Mik aufwacht, mir um den Hals fällt und etwas sagt wie: „Du hast mich erlöst, mein Prinz. Dank dir ist mein hundertjähriger Schlaf beendet. Und jetzt lass uns nach Hause gehen und ganz viele niedliche kleine Kinder bekommen.

Ganz sicher nicht. Aber Dornröschen bringt mich auf eine Idee. Sie ist auch erst nach einem Kuss aufgewacht...

Vorsichtig und ohne Miks Hand los zu lassen beugte ich mich zu ihm hinunter. Dieser Anblick erinnert mich daran, wie Mik völlig überarbeitet auf unserem Sofa oder sogar noch an seinem Schreibtisch eingeschlafen ist und wie ich ihn dann ins Bett bringen musste. Jedes Mal, wenn ich versucht habe ihn zu tragen um ihn nicht auf zu wecken habe ich ihn natürlich trotzdem geweckt.

Andächtig legte ich meine Lippen auf seine. Liebevoll strich ich mit meinem Daumen über seine Wange. Ich löse mich von ihm und flüsterte leise: „Und nicht vergessen: Ich liebe dich.", dann richte ich mich auf und betrachte ihn ein letztes Mal. So friedlich...

„Ich komme wieder."

Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und verlasse den Raum. Es ist Zeit nach vorne zu blicken, damit die Versprechen, die ich ihm gegeben habe eine Zukunft haben.

I'm the Couchman | Kostory FFWhere stories live. Discover now