36. Kapitel, Part 1

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Marik

Vorsichtig betrachtete ich meinen Freund. Taran schlief so friedlich, dass ich es eigentlich gar nicht wagte, ihn zu wecken.

Das Tablett mit meinen Geschenken und dem Frühstück hatte ich neben uns abgestellt.

Vorsichtig küsste ich ihn wach, er öffnete die Augen und lächelte mich an.

„Guten Morgen.", er klang noch sehr verschlafen,

„Guten Morgen Geburtstagskind.", erwiderte ich.

„Ich bin kein kleines Kind mehr.", widersprach er trotzig.

„Oh doch.", ich lachte. „Du bist gerade einmal 16 geworden."

Er regte sich nicht weiter darüber auf und gemeinsam frühstückten wir, bevor er sich an seine Geschenke machte.

Das erste, das er auspackte war das, an dem ich recht lange gesessen hatte. Es war nur für ihn.

Zum Vorschein kam ein kleines Notizbuch. Er schlug es auf und begann vor zu lesen.

„Für meinen Freund Taran, zum 16 Geburtstag. Mit dem Versprechen, dich immer lieben zu werden. Diese Geschichte ist für dich. Sie hat zwar nichts mit uns zu tun und doch bist du der einzige der sie gelesen hat und lesen wird."

Lächelnd blickte er auf. „Eine Geschichte? Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, weshalb du nur so in Gedanken bist."

„Jetzt lies endlich weiter.", forderte ich ihn ungeduldig auf. Ich wollte unbedingt wissen, wie er darauf reagieren würde.

„Purpurrot.", er begann zu lesen: „Ich ging Lina voraus. Der Schlüssel, welchen wir von meinem Vater gestohlen hatten, passte perfekt. Es war nur sein Ersatzschlüssel und da er den richtigen nie verlieren würde, bestand praktisch keine Gefahr, entdeckt zu werden. Wir hatten uns beide von zu Hause weggeschlichen, da wir den Fernsehturm außerhalb der Besuchszeiten besichtigen wollten, blieb uns nichts anderes übrig als außerhalb der Besuchszeiten zu kommen.

Es war zwei Uhr nachts und ich hatte eigentlich gedacht, müde zu werden, aber ich war so aufgeregt und gespannt, dass das eigentlich gar nicht möglich war.

Das Gebäude war gespenstisch leer und als wir als einzige den Fahrstuhl bestiegen fragte ich mich, ob wir das richtigen taten. Diesen Gedanken verwarf ich jedoch wieder möglichst schnell. Was war ein Leben in dem man nichts riskierte?

„Juna?", meine Freundin Lina schaute bezaubert auf die großartige Aussicht, welche sich vor ihr erstreckte. „Das ist das schönste was ich je gesehen habe.", andächtig schritt sie auf die großen Fenster zu und als sie angekommen war, legte sie ihre zierlichen Hände auf die Scheibe.

Leicht lächelnd folgte ich ihr. Dieser Moment war magisch, das wussten wir beide. Ich stellte mich neben sie und genoss die Aussicht. In ein paar Häusern brannte Licht, in den Meisten nicht und doch ergaben diese hellen Punkte einen faszinierenden Kontrast zum schwarz der Nacht. Die Stadt schlief und doch sah man das eine oder andere Auto die Straße hinauf oder hinunter fahren.

Lange Zeit schwiegen wir, unseren Gedanken nachhängend, dann jedoch brach Lina die Stille, wir setzten und vor das Fenster, da das Stehen zu anstrengend geworden war und redeten. Hier, scheinbar so weit weg von allem anderen hatte ich das Gefühl auf Dinge und Probleme besser herab zu sehen und somit einen Überblick zu wahren, anders als ich es in meinem kleinen Zimmer konnte.

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I'm the Couchman | Kostory FFWhere stories live. Discover now