• 105 •

2.4K 125 79
                                    

"Fuck, Lion! Was ist denn mit dem Kondom?"

"Oh shit, das habe ich total vergessen", gibt er zu. "Na los, gib mir mal schnell eins", befiehlt er mir.

"Was hast du jetzt vor?", frage ich ihn irritiert. "Ich werde mein Wort auf keinen Fall brechen. Ich scheiße auf ihn, aber ich würde es nicht ertragen, dich wieder nicht mehr sehen zu dürfen. Also gib schon her", erklärt er ungeduldig. Ich reiche ihm ein kleines silbernes Päckchen und weiß noch immer nicht so recht, was er vorhat, doch als er dann ins Bad verschwindet habe ich eine leise Vermutung.

Es dauert einige Minuten bis er wieder kommt, verlegen grinst, und das zugeknotete, gefüllte Kondom in der Hand hält.

Ich weiß, dass Roy das nur von ihm verlangt, um ihn und auch mich zu erniedrigen. Nur deshalb legt er so großen Wert darauf, dass wir miteinander schlafen, weil er weiß, dass ich mich dafür schäme. Er weiß genau, dass es bei Lions und meinen Treffen nicht um Sex geht und er weiß auch, dass Lions Ausreden nur Ausreden sind. Ich bin mir sicher, dass Roy ahnt, wie viel Lion mir bedeutet und dass er ihm deshalb so ein Dorn im Auge ist und schon immer war, weil er für ihn die größte Gefahr darstellt.

Es tut mir leid, dass Lion diese erniedrigende Prozedur meinetwegen über sich ergehen lassen muss, doch er lächelt das Geschehene tapfer weg und drückt mir einen letzten Abschiedkuss auf.

Als er die Tür schwungvoll aufstößt steht tatsächlich einer der Sicherheitsleute direkt davor, und die weiße Holztür knallt ihm ungebremst in den Rücken. "Ey", flucht der schwarzgekleidete Schrank genervt und reibt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite. "Pass doch auf!"

Lion grinst ihn an und erwidert frech: "Hier, für dich. Schöne Grüße an deinen Chef." Dann drückt er ihm das Kondom in die Hand und verschwindet aus meinem Sichtfeld.

"Oh man, ekelhaft", höre ich den Securitymann noch schimpfen, bevor auch er sich entfernt und ich mich grinsend abwende.

Die nächsten Tage bestehen zum größten Teil wieder aus warten und durchhalten und mein Tagebuch mit erwähnenswerten Anekdoten aus meinem Puff-Alltag füllen, so zum Beispiel am darauffolgenden Mittwoch.

Tag 16
Heute hatte ich wieder einen neuen Gast, für den der Besuch bei mir gleich zwei Premieren beinhaltete: sein erstes Mal in einem Bordell und sein erstes Mal Sex. Ich hatte ihn also quasi doppelt entjungfert.

Noah stellte sich relativ schüchtern bei mir vor und erzählte mir, dass er 19 Jahre jung sei und noch nie mit einer Frau geschlafen hatte.

"Und ich habe noch nie mit einer Jungfrau geschlafen", dachte ich, sprach es aber wie so oft nicht aus.

"Das macht nichts, wir kriegen das schon hin", bestärkte ich ihn stattdessen und bat ihn herein.

Noah hatte blonde kurze Haare und schöne hellblaue Augen. Er war vom Typ her Jonah, Lions bestem und Bellas festem Freund, ziemlich ähnlich, nur dass er ein wenig kleiner und deutlich schlanker war. Er war ein netter Junge, aber wahnsinnig schüchtern und in meiner Gegenwart auch relativ ängstlich.

Von der ersten Sekunde an hatte ich trotzdem irgendwie einen Draht zu ihm und wir hatten in den zwei Stunden, die er bei mir war, eine richtige Beziehung zueinander aufgebaut.

Da er das komplette Gegenteil eines klassischen Puffgängers war und das erste Mal ja eine Erfahrung ist, an die man sich für immer erinnern wird, war es mir wichtig, ihn ein wenig kennenzulernen, bevor es zur Sache geht, damit er sich gut dabei fühlte.

Noah erzählte mir, dass er in seiner Freizeit gerne zockte und im Schwimmverein war. Er hatte keine Freundin, hatte aber schon mal eine und lebte noch bei seinen Eltern.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt