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Benommen sitze ich auf der Bank, meine Finger um den leeren Pappbecher verkrampft und starre seit mehreren Minuten vor mich hin.

Ich kann und will Abdel nicht glauben. Ich halte ihn für manipulativ und berechnend. Wer sagt mir, dass nicht jedes Wort gelogen war?

Am meisten beunruhigt mich allerdings, dass er sagt, er hätte 5 Mio. Euro geboten, aber den Zuschlag trotzdem nicht bekommen. Hätte Roy wirklich so sehr in der Klemme gesessen und das Geld so nötig gebraucht, wie er mir weiß gemacht hat, dann hätte er doch zumindest mal die Möglichkeit in Erwägung ziehen und mit mir besprechen müssen, für mehr als dreimal so viel Geld mein erstes Mal mit Abdel zu verbringen.

Klar, mein letztes Treffen mit Abdel ist absolut scheiße verlaufen, aber ihn kannte ich wenigstens.. Andererseits: ob es das besser gemacht hätte?

Meine Gedanken überschlagen sich.

Vielleicht hat Abdel aber auch nur gelogen und es gab nie ein Gebot von ihm.

Was mich jedoch fast am meisten getroffen hat ist, dass er in so vielen Aussagen über Roy Recht hatte, beispielsweise als er mich fragte, was Roy mir erzählt hat, um mich so weit zu bringen. Er hat genau ins Schwarze getroffen mit seiner Vermutung, dass Roys Motivation Schulden waren. Wären das nicht zu viele Zufälle auf einmal?

Ich glaube Abdel zwar nicht zu hundert Prozent, aber trotzdem hinterlassen seine Worte einen miesen Nachgeschmack bei mir.

Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. "Ja?", nehme ich Roys Anruf gedankenverloren entgegen. "Wo steckst du?", fragt er ohne Umschweife.

Ich werfe einen schnellen Blick auf meine Armbanduhr, die mir verrät, dass ich viel zu spät dran bin.

"Ich habe mir schnell einen Kaffee geholt, bin in zehn Minuten da, wieso?", antworte ich und springe auf.

"Komm dann bitte in mein Büro, ich muss dringend etwas mit dir besprechen", sagt er und legt auf.

Ich raufe mir durch die Haare und laufe mit schnellen Schritten durch die Innenstadt zum Mirage.

Der Laden ist noch wie ausgestorben und obwohl ich zu spät bin, bin ich nicht die einzige im Team, die noch fehlt. Ich begrüße Pam und einige der Mädels und gehe dann direkt Richtung Geschäftsführerbüro.

Roy sitzt an dem massiven Schreibtisch und trinkt einen Kaffee als ich herein komme. Ich begrüße ihn kurz, bevor er direkt mit der Tür ins Haus fällt: "David hat angerufen und nach dir gefragt."

Allein sein Name lässt schlagartig Übelkeit mir aufsteigen und ich werde kreidebleich. "Was wollte er?", frage ich fast tonlos.

"Er möchte dich und ein weiteres Mädchen für eine Firmenfeier buchen", erklärt er.

"Auf gar keinen Fall! Niemals! Ich will den nie wieder in meinem Leben sehen!", platzt es aufgebracht aus mir heraus.

"Es geht nur ums Tanzen, Malia. Du wärst nicht mit ihm alleine, du würdest mit einem anderen Mädchen dahin fahren und es wären auch noch einige andere Männer da", redet er auf mich ein, um mich zu beruhigen. "Was auch immer da zwischen euch passiert ist, was du mir bis heute verschwiegen hast, du hättest wirklich nichts zu befürchten und es wäre wahnsinnig lukrativ. David würde sehr viel Geld dafür bezahlen, und das wiederum würde uns beide unserem Traum von einer gemeinsamen Zukunft ein großes Stück weiter bringen."

Roy greift über den Tisch hinweg nach meiner Hand und sieht mir tief in die Augen. Ich starre ihn fassungslos an und kann nicht mal antworten.

Das kann auf gar keinen Fall sein Ernst sein. Ich will dieses Monster nie wieder sehen.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt