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Lion und ich laufen an dem Abend noch durch die belebten Straßen Amsterdams, gehen essen und kaufen in einem Coffeeshop ein bisschen Gras, welches wir zusammen auf dem Balkon des Hotelzimmers rauchen, bevor wir eng aneinander gekuschelt einschlafen.

Wir haben keinen Sex, Lion berührt mich nicht mal unsittlich, wir sind uns einfach nur wahnsinnig nah und doch - oder gerade deswegen - ist es vielleicht das intimste Erlebnis, was ich je hatte. In seinen Armen fühle ich mich so wohl und geborgen wie nie zuvor. Ich vertraue ihm und wenn ich darüber nachdenke, ist er wohl der einzige Mensch in meinem Leben, dem ich gerade vertrauen kann.

Am nächsten Morgen als ich wach werde, brauche ich einen Moment um zu realisieren, dass ich keinen besonders schönen Traum träume, sondern dass Lion wirklich neben mir liegt.

Wir kuscheln und knutschen eine ganze Weile bevor Lion uns Frühstück aufs Zimmer bestellt, welches wir gemütlich im Bett essen.

Irgendwann am frühen Vormittag raffen wir uns endlich auf, ich gehe duschen und ziehe mich an.

Ich bin gerade fertig damit mich zu schminken und betrachte mich relativ zufrieden im Spiegel, als Lion, der ebenfalls duschen war, nur mit einem der weißen flauschigen Hotel-Handtücher um die Hüften neben mich tritt.

Ich lasse einen verstohlenen Blick über seinen durchtrainierten Körper gleiten. Seine Haut ist durch die Sonne in ein sattes karamellbraun getaucht, seine Brust und seine Arme sind muskulös und auf seinem Bauch zeichnet sich ein deutliches Sixpack ab. Ich sehe ihn nicht zum ersten Mal halbnackt, wir waren schon zusammen schwimmen oder ich habe ihn oberkörperfrei schlafen gesehen, aber ich habe das Gefühl, im Vergleich zum letzten Jahr hat er deutlich an Masse gewonnen ohne dabei auch nur ein Gramm Fett zuzulegen.

Unbeirrt streicht sich Lion ein bisschen Wasser aus den Haaren und nimmt sich völlig willkürlich ein Shirt aus dem Schrank. Kein Wunder, dass er sich über die Wahl seiner Kleidung nicht den Kopf zerbricht. Er würde selbst in einem Kartoffelsack gut aussehen.

Er ist auch objektiv betrachtet ein wahnsinnig schöner Mann, mit seinen leuchtend grünen Augen und den markanten Gesichtszügen und ich weiß viel zu gut, dass es einige Mädchen gibt, die mir zustimmen und insgeheim auf Lion stehen.

Als ich mich selbst beim Starren ertappe, wende ich meinen Blick beschämt von ihm ab und schreibe Roy eine kurze Nachricht, um ihn bei Laune zu halten, damit er gar nicht erst auf die Idee kommt, irgendwas könnte nicht stimmen.

Kurz darauf ist auch Lion fertig und wir fahren mit dem Auto seines Vaters wieder in die Innenstadt.

"Ich habe drei Tätowierer rausgesucht, die hier verteilt sind und auch geöffnet haben. Ich würde vorschlagen wir klappern die der Reihe nach ab, schauen uns an, wie sie so arbeiten und erkundigen uns, ob sie überhaupt spontan einen Termin frei hätten, okay?", schlägt Lion vor und verschränkt seine Finger mit meinen.

Noch immer schlägt mein Herz jedes Mal höher, wenn er mir mit diesen kleinen Gesten zeigt, wie wichtig ich ihm bin und dass er zu mir steht.

Das erste Tattoostudio, das wir uns ansehen, macht bei uns beiden keinen guten Eindruck. Es ist klein, irgendwie schmuddelig und in der Luft liegt deutlich der süße Geruch von Gras. Wir haben beide kein Problem mit dem Kiffen, schließlich kiffen wir selbst, ich wohl mittlerweile deutlich mehr als Lion, aber einem bekifften Tätowierer traue ich für mein erstes Tattoo dann doch nicht so recht über den Weg.

Das nächste Tattoostudio hingegen gefällt uns so gut, dass wir uns dazu entscheiden, gleich hier zu bleiben. Der freundliche und von Kopf bis Fuß mit bunten Bildchen geschmückte Tätowierer Bobby hat seinem Portfolio nach zu urteilen bereits einige eindrucksvolle Tattoos gestochen und hat glücklicherweise auch gerade Zeit. Ich erkläre ihm, was ich mir vorstelle und er fertigt innerhalb weniger Minuten eine Bleistiftzeichnung an, die auf Anhieb meinem Geschmack entspricht.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt