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Es dauert noch eine ganze Weile, bis die Polizei den Laden endlich wieder verlässt und Roy mich aus dem engen Schrank befreit. Meine Augen brauchen einen Moment, um sich wieder an die Helligkeit zu gewöhnen und ich muss mich erst mal strecken, da mir der Rücken von der gebückten Haltung schmerzt.

Roy fährt mich direkt nach Hause und wir reden kaum ein Wort miteinander, obwohl es mir auf der Seele brennt ihn zu fragen, was an den Verdachtsvorwürfen der Polizei dran ist, Roy und Joker hätten etwas mit dem Mord an Joana zu tun.

Doch schneller als mir lieb ist scheint es, als käme etwas Licht ins Dunkel, denn am nächsten Morgen werde ich aus dem Schlaf geklingelt.

Als ich verschlafen im Pyjama die Wohnungstür öffne, nachdem bereits minutenlang immer wieder geschellt wurde, rechne ich mit Roy, doch als ich dann zwei Polizeibeamten im Hausflur stehen sehe, bin ich sofort hellwach.

"Guten Morgen Frau Herzog, Thielen von der Polizei Düsseldorf, das ist der Kollege Stein. Wir haben einige Fragen an Sie, können wir bitte reinkommen?", begrüßt mich eine schlanke Frau in dunkelblauer Polizeiuniform.

Die autoritäre Ausstrahlung der beiden Beamten schüchtert mich ein und ich frage mich, wie sie mich hier überhaupt gefunden haben. Ich bin schließlich offiziell immer noch bei meinen Eltern gemeldet und außer Roy, Joker und Joana hat mich hier noch niemand besucht.

Ich gewähre den beiden Eintritt und führe sie ins Wohnzimmer.

"Hätten Sie mal einen Ausweis für uns?", fragt jetzt der junge Mann mit den schwarzen Haaren und dem gepflegten Dreitagebart.

Ich hole aus dem Flur mein schwarzes Leder-Portemonnaie und reiche dem Polizisten mit zittrigen Fingern die kleine Karte.

Er liest sich alles aufmerksam durch und gleicht die Daten mit einem Zettel in seiner Hand ab, bevor er seiner Kollegin kurz zunickt und mir meinen Ausweis zurück gibt.

"Frau Herzog, Sie sind ja auf der Schuchardstraße gemeldet. Was machen Sie denn hier in der Wohnung? Wohnen Sie hier?", fragt die brünette Beamtin und folgt mir in mein kleines Wohnzimmer.

"Das stimmt. Auf der Schuchardstraße wohnt meine Mutter. Diese Wohnung hier gehört meinem Freund, Robin Rivans", erkläre ich vorsichtig und mit klopfendem Herzen. Noch nie zuvor wurde ich von der Polizei verhört und das hätte meinetwegen auch bis an mein Lebensende so bleiben können. Was ich sage ist nur die halbe Wahrheit, doch ich entscheide mich dazu lieber nicht zu sagen, dass ich hier wohne, da ich noch minderjährig bin und das letzte was ich will ist, dass die beiden mich gleich ins Polizeiauto setzen und zu meiner Mutter karren.

"Okay, das ist ja erst mal nicht verboten", antwortet Frau Thielen lächelnd. Wir alle drei nehmen fast synchron auf dem Sofa Platz und ich reibe nervös meine Finger ineinander.

"Frau Herzog, wir sind hier wegen des Mordes an Frau Joana Lupei, die kennen Sie doch, oder?", ergreift wieder der junge Mann das Wort. Er ist ungefähr in Roys Alter und sieht ziemlich gut aus. Ich wette vor allem in seiner Uniform, kann er sich vor weiblichen Verehrerinnen kaum schützen.

"Ja, Joana war meine Freundin", stimme ich zu und blinzele die Tränen weg, die mir allein bei ihrem Namen in die Augen schießen.

"Das wurde uns auch von mehreren Zeugen so gesagt, dass Sie gut befreundet waren. Woher kannten Sie sich?"

Ich schlucke.

"Mein Freund hat einen Stripclub und Joana hat für ihn gearbeitet. Wir haben uns also über Roy.. äh.. Robin kennengelernt." Ich wähle meine Worte mit Bedacht. Weder will ich lügen noch Roy oder mich selbst in die Scheiße reiten.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt