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Enttäuscht und mit Tränen in den Augen stürze ich aus seinem Auto. Wahrscheinlich wird er mir das auch wieder als eine meiner kindischen Verhaltensweisen auslegen, aber das ist mir egal. Ich will nicht, dass er mich jetzt weinen sieht.

Ich versuche mit zittrigen Händen die Haustür aufzuschließen, aber der Alkohol und die verschwommene Sicht durch die tränengefüllten Augen machen es mir nahezu unmöglich.

Ich bin so wütend auf Roy, auf mich und auf diesen verdammten Schlüssel, der einfach nicht ins Schloss gehen will, dass ich nicht mehr an mich halten kann.

Die Tränen laufen über meinen Wangen und ich sinke in die Knie.

In dem Moment packen mich zwei große Hände in der Taille und ziehen mich sanft wieder hoch.

Ich fahre herum und blicke in Roys stechend blaue Augen. Die Wut scheint wie verflogen und er zieht mich an sich.

"Hör auf zu weinen", sagt er ruhig und wischt mir die Tränen vom Gesicht.

"Lass mich", zische ich.

"Ich will nicht mit dir streiten", erwidert er und zieht mich näher an sich.

Ich versuche mich zu wehren, mich aus seinem Griff zu befreien, doch habe keine Chance. Er ist einfach viel stärker als ich.

"Babe", nuschelt er leise in meine Haare, doch ich reagiere nicht. Mühelos hebt er mein Kinn mit seinem Daumen an und sieht mir in die Augen.

"Du weißt doch wie ich bin", rechtfertigt er sich. "Na und?", gebe ich trotzig zurück.

Eine Entschuldigung klingt anders.

"Mach es mir doch nicht so schwer", schimpft er, ohne seinen Blick von mir zu lösen.

"Du machst es mir doch auch immer nur schwer", fahre ich ihn an und erwidere nun zornig seinen Blick. "Du meckerst ständig an mir herum und machst aus allem ein Geheimnis. Weißt du eigentlich, wie schwer das für mich ist?"

Es ist das erste Mal, dass ich das so offen anspreche und es ist das erste Mal, dass ich Roy überhaupt so ausdauernd widerspreche.

Betreten schaut er mich an. "So hast du mir das nie gesagt", antwortet er. "Doch, Roy, ich habe dir das tausend Mal gesagt", halte ich dagegen. Verlegen kratzt er sich am Kopf.

"Es tut mir leid, okay? Ich liebe dich einfach nur so sehr, dass ich dich vor allem bösen beschützen will. Am liebsten hätte ich, dass du den ganzen Tag einfach nur da oben in deiner Wohnung sitzt, mich alles bezahlen lässt und dir ein schönes Leben machst. Ich will nicht, dass du arbeiten gehst und habe dir den Job im Mirage nur gegeben, um dich dort wenigstens beschützen zu können, weil du Sturkopf ja unbedingt emanzipiert und finanziell unabhängig sein willst und dich nicht davon abbringen lässt. Denkst du, ich finde es cool, dass du nicht mehr bei mir wohnst? Nein. Im Gegenteil. Du fehlst mir total! Aber ich würde es nicht über's Herz bringen, wenn irgendeiner von diesen Hurensöhnen dich dann in meine Scheiße mit reinzieht und dir etwas antut, oder wenn du Sachen mitbekommst, die dein kleines Mädchenherz nicht verkraften kann. Straßenkämpfe, Zuhälterei, Drogen, Morddrohungen, Razzien - das alles sind Begriffe, die du nicht mal theoretisch kennen solltest und doch zwingst du mich immer wieder dazu, dir solche Dinge offen zu legen. Dabei will ich dich von sowas einfach nur Lichtjahre entfernt wissen und das nicht, weil ich dir nicht vertraue oder Geheimnisse vor dir habe - ich habe nämlich noch nie jemandem so viel über mich erzählt wie dir - sondern weil ich dich verdammt noch mal beschützen will!"

Ich schaue Roy aus großen Augen an. Er hält mein Gesicht die ganze Zeit über in seinen Händen.

"Ich weiß doch selbst, dass dieses Leben, wie ich es führe, nichts für eine Frau ist. Deshalb hatte ich auch nie eine ernsthafte Beziehung. Aber das mit dir ist einfach passiert. Ich habe nicht geplant, mich in dich zu verlieben. Und um ehrlich zu sein verfestigt sich in den letzten Wochen immer mehr mein Wunsch, mich aus dem ganzen Milieu zurück zu ziehen und mich mit dir irgendwohin abzusetzen, wo wir in Ruhe leben können. Das ganze Geld ist es mir nicht wert, dass wir ständig nur streiten. Das Wichtigste für mich bist du, auch wenn ich dir das nie sage. Meine Priorität ist nicht mehr der Laden, Karriere machen oder Geld verdienen. Meine oberste Priorität bist du, Malia, und wenn du mit meinem Leben wie es ist nicht klar kommst, gibt es nur zwei Lösungen: entweder wir müssen uns trennen oder ich muss das alles aufgeben."

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt