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Ertappt hebe ich meinen Blick vom Display und blicke geradewegs in Roys stechend blaue Augen. Seine Miene ist finster und er wirkt sauer.

"Das ist Lion", antworte ich wahrheitsgemäß. "Und Lion ist?", fragt Roy ungeduldig und durchbohrt mich mit seinen düsteren Blicken.

"Lion ist ein Freund von mir, wir gehen gemeinsam zur Schule." Das ist zwar nicht die ganze Wahrheit, aber zumindest ist es nicht gelogen.

Nun löst Roy seinen Blick von mir und mustert das Bild von Lion. "Der war auch bei der Party von diesem Jungen, oder? Da wo wir uns kennen gelernt haben. Ilija oder so", fragt er nun misstrauisch.

"Elias, ja", antworte ich zögerlich. "Wie auch immer. Ich kenne nur seinen Bruder, Noah", teilt Roy mir mit.

Ich schweige. Ich merke, dass Roy ziemlich angespannt ist und ich will ihn nicht noch mehr reizen.

Roy ist ebenfalls still und scheint nachzudenken, bis er sagt: "Du warst mit ihm zusammen da oder? Ihr kamt mit einem Pärchen, ein blondes Püppchen und ihr Freund. Ich habe euch kommen sehen."

"Du bist doch erst nach mir gekommen. Ich habe dich bemerkt als du reinkamst", merke ich an.

"Ich war vorher schon da, war nur kurz draußen, telefonieren. Aber lenk jetzt nicht ab. Wenn ich so darüber nachdenke: der Typ hat dich den ganzen Abend lang schon nicht aus den Augen gelassen. Hast du was mit dem oder was?"

Seine Stimme klingt wütend und er hat sich aufgerichtet und bedrohlich vor mir aufgebaut. Er sieht mir tief in die Augen und beobachtet jede kleinste Regung meinerseits. Ich konzentriere mich darauf, nicht verdächtig zu wirken. Irgendwie habe ich Angst, er könnte meine Gedanken lesen oder sowas. Zeitgleich fühle ich mich auch schlecht, dass ich immer noch irgendwelche unerklärlichen Gefühle für Lion habe, obwohl Roy alles für mich tut.

"Nein, ich habe nichts mit ihm", antworte ich entschieden.

"Zeig mir seine Nachricht", fordert er.

"Was?", frage ich ihn empört. Hab ich mich jetzt verhört?

"Zeig mir seine Nachricht!", knurrt Roy. Er wirkt nun noch bedrohlicher als sonst. Seine Hände sind zu Fäusten geballt, die er so fest drücken muss, dass sich seine Fingerknöchel weiß gefärbt haben. Unruhig bohrt er sie ins schwarze Leder der Couch.

"Bist du jetzt verrückt geworden?", frage ich ihn und lache auf. Doch es ist ein ängstliches Lachen, voller Verunsicherung.

"ZEIG MIR SEINE NACHRICHT!", schreit Roy mich nun an und ich zucke unweigerlich zusammen.

Seine Geduld scheint am Ende zu sein, denn er nimmt mir nun unsanft das Handy aus der Hand. Ich glaube, er muss gerade ziemlich beherrschen und steht kurz davor, einen Wutanfall zu bekommen, deshalb lasse ich ihn einfach gewähren.

"Hey Malia, alles okay? Hast du es dir noch mal überlegt? Lass uns uns doch wenigstens einmal treffen. Du weißt doch auch, dass da was zwischen uns ist. Gib mir nur diese eine Chance. Bitte", liest Roy die Nachricht von Lion laut vor und spuckt mir die Wörter verächtlich entgegen.

"Du weißt doch auch, dass da was zwischen uns ist", wiederholt er nun deutlich lauter und knallt mein Handy auf die Couch. "Ist das dein scheiß Ernst, Malia?", fährt er mich an und springt von der Couch.

Er rauft sich die Haare und läuft zu der großen Glasfront. Er öffnet eine der Glastüren sperrangelweit und zündet sich eine Zigarette an, nachdem er sich fahrig mit seinen Fingern durch sein dunkelblondes Haar gegangen ist.

Zögerlich erhebe ich mich und laufe zu ihm herüber. "Es ist nicht so wie du denkst, Roy", sage ich leise, als ich neben ihm stehe.

Wutentbrannt fährt er zu mir herum und funkelt mich aus seinen blauen Augen an. "Willst du mich verarschen oder was? Ich bin keiner von deinen Schulfreunden, Malia! Ich bin nicht so ein Lion!"

"Roy, er hat doch geschrieben, dass ich ihm eine Chance geben soll und ob ich es mir noch mal überlegt habe. Das schreibt er doch nur, weil ich ihm keine Chance gegeben habe! Ist das nicht Beweis genug?", versuche ich mich zu erklären. Meine Stimme hat einen flehenden Unterton und ich merke, dass mir Tränen in die Augen schießen.

Roy scheint dies auch zu registrieren, denn sein Blick wird nun endlich etwas weicher.

"Es verletzt mich, dass du mir nicht glaubst. Wieso sollte ich dich denn anlügen?", setze ich nach und wische wütend die kleine Träne weg, die es geschafft hat, mir über die Wange zu rollen.

"Er hat aber auch geschrieben, dass da etwas zwischen euch ist und dass du das auch weißt", antwortet er nun deutlich ruhiger.

"Das ist seine Sicht der Dinge. Er hätte das vielleicht gerne, aber ich möchte es nicht", antworte ich vage. Den Kuss mit ihm verschweige ich Roy lieber. Sonst würde er mir den Rest auch nicht glauben. Aber glaube ich mir das denn selber?

"Malia", unterbricht Roys Stimme meinen Gedankengang. "Ich sage dir nur eins. Verarsch mich nicht. Ich lasse mich nicht verarschen. Ich lasse nicht zu, dass jemand Spielchen mit mir spielt, hast du verstanden?"

Ich nicke unsicher. Roy ist per se eine sehr einnehmende Gestalt mit düsterer Aura, aber wenn er wütend ist, wirkt er nur noch bedrohlich und einschüchternd, richtig gefährlich.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich gerade kein bisschen Angst vor ihm hatte. Er hat mir bisher noch nie was getan, aber seine Drohungen geben mir das Gefühl, dass es passieren könnte.

Nun streicht Roy langsam mit seinen Fingerspitzen über meine Wange, doch ich wische seine Hand weg.

"Ich will das jetzt nicht. Ich will jetzt einfach nur noch nachhause", sage ich ihm deutlich.

Ich drücke ihm das Handy, welches er mir geschenkt hat in die Hand. "Hier, da hast du gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Du hast dein Handy wieder, und du kannst in aller Seelenruhe in meiner Privatsphäre rumschnüffeln um vielleicht herauszufinden, mit wem ich noch alles was laufen habe."

"Übertreib es nicht, Malia", knurrt er wütend. "Ich habe dir das Handy geschenkt und daran ändert sich auch nix oder hältst du mich wirklich für so einen Hurensohn, der dir das Ding jetzt bei jedem Streit wegnimmt? Das habe ich echt nicht nötig. Außerdem lasse ich dich jetzt bestimmt nicht mit der Bahn nachhause fahren. Auch so bin ich nicht. Ich dachte, du kennst mich besser."

"Ja das dachte ich auch, denn so ein Misstrauen und solche Eifersucht hätte ich dir nicht zugetraut. Außerdem möchte ich mit der Bahn fahren", erwidere ich trotzig und laufe Richtung Haustür.

Ich höre Roy entnervt aufstöhnen, bevor er sich ebenfalls in Bewegung setzt und mir folgt.

"Wie oft soll ich dir das denn noch erklären, Malia? Ich hasse es wie die Pest, dass du immer alles ausdiskutieren musst und mir widersprichst. Du nimmst jetzt das Handy zurück und dann kann ich dich gerne nachhause fahren, wenn du das möchtest, obwohl ich gerne noch etwas Zeit mit dir verbringen würde. Wir können Essen gehen oder was bestellen, es ist doch noch früh", schlägt er versöhnlich vor.

Entschieden schüttele ich den Kopf. "Ich möchte wirklich nachhause", betone ich erschöpft. Ich habe nicht mal mehr Lust ihm zu widersprechen.

"Okay, dann komm."

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Meine Lieben,

Was sagt ihr zu dem Streit der Beiden?

Und wird Malia Lion vielleicht Zuhause noch schreiben?

A.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt