• 8 •

5K 167 74
                                    

Ich drehe den Schlüssel leise im Schloss der Wohnungstür und schleiche mich auf Samtpfoten über den abgenutzten Laminat zu meinem Zimmer.

Aus dem Wohnzimmer höre ich wie immer den laufenden Fernseher gepaart mit dem lauten Schnarchen von Detlef und meiner Mutter.

Erleichtert atme ich auf in dem Wissen, einer möglichen Konfrontation entkommen zu sein.

Ich ziehe meine Zimmertür hinter mir zu und entledige mich erst meiner Highheels und dann des engen Kleides, welches Bella mir geliehen hat.

Ich ziehe mir einen Pyjama an und schminke mich oberflächlich mit einem Abschminktuch ab, bevor ich mich erschöpft in mein weiches Bett fallen lasse.

Jetzt merke ich deutlich, dass ich an diesem Abend mehr als zwei Gläser getrunken habe, denn mir wird schummerig und die Zimmerdecke beginnt sich leicht vor meinen Augen zu drehen.

Meine Gedanken driften zu Roy ab, zu diesem mystischen Mann mit den schönsten und dennoch unergründlichsten blauen Augen, die ich je gesehen habe.

Ich fühle noch seine Lippen auf meinen und entschwinde mit einem Lächeln im Gesicht ins Land der Träume.

Am nächsten Morgen werde ich erst spät wach und fühle mich ekelhaft. Mein Kopf dröhnt, in meinem Mund ist ein ekelhafter Geschmack und meine Augen sind verklebt, da ich sie nicht richtig abgeschminkt habe.

Ich liege eine ganze Weile still und starr in meinem Bett und versuche auf mein Leben klar zu kommen, die Helligkeit irgendwie zu ertragen und mein schlechtes Gewissen bezüglich des gestrigen Abends unter Kontrolle zu bekommen.

Ich, das schüchternste Mädchen der Welt, habe gestern nicht nur einen heißen Typen geküsst, sondern zwei und das innerhalb weniger Stunden.

Und ich befürchte, jeder der beiden war auf seine eigene Art ein Fehler.

Aber fühlen sich Fehler so gut an?

Um 13 Uhr entschließe ich mich endlich aufzustehen und mein restliches Make-up und die Schande der gestrigen Nacht mit einer heißen Dusche von meinem Körper zu waschen.

Ich genieße die wohltuende Wärme des Wassers, dass beruhigend auf meine Haut prasselt und schäume mich großzügig mit Duschgel ein. So kann ich wenigstens für wenige Minuten alles vergessen und einen freien Kopf kriegen.

Dies endet jedoch abrupt mit dem Verlassen der Dusche. Ich wickel mich in ein großes blaues Frotteehandtuch, das seine besten Tage lange hinter sich hat, und mache mir mit einem kleineren lokalen Handtuch einen Turban in mein nasses Haar.

Verkatert tapse ich über den Flur, als sich mir plötzlich jemand in den Weg schiebt.

"Na, zu viel gesoffen?", begrüßt mich Detlef hämisch grinsend und lässt dabei seinen Blick über meine nasse nackte Haut und meinen bloß in ein Handtuch gehüllten Körper gleiten.

Mich schauert es und ich verschränke schützend meine Arme vor der Brust.

"Ich hab' keine Ahnung wovon du redest", gebe ich nüchtern zurück und will an ihm vorbei, doch anstatt zur Seite zu gehen, kommt er mir noch einen Schritt näher.

"Ich habe dich gehört, als du nachhause gekommen bist. Ich weiß, dass du noch unterwegs warst. Aber keine Sorge, ich sag's deiner Mutter nicht - dafür habe ich dich viel zu gerne", informiert er mich geheimnisvoll flüsternd und streicht mir mit seinen dreckigen Fingern über den Oberarm.

Mich überkommt eine Gänsehaut des Ekels und ich dränge mich kurz entschlossen an ihm vorbei durch den engen Flur in Richtung meines Zimmers, auch wenn ich ihm dafür einen Augenblick lang noch näher kommen muss.

Ich schlage die Zimmertür hinter mir zu und schließe sie schnell ab.

Zum Glück bin ich weg von seinen aufdringlichen Gesten, seinem nikotinverseuchten Atem, seinen gierigen Blicken und dem ekligen Grinsen.

Ich lasse das Handtuch auf den Boden fallen und nehme mir eine große Flasche Bodylotion von meinem Schreibtisch.

Nackt stehe ich vor dem Spiegel, mustere mich und beginne, mich ausgiebig mit der nach Vanille duftenden Creme einzuschmieren.

Langsam und bedächtig lasse ich meine Finger über meine kleinen festen Brüste streichen und dann den Bauch herunter und ertappe mich bei dem Gedanken, wie es wäre, wenn es Roys Finger wären, die mich streicheln und liebkosen.

Noch nie hat mich ein Mann nackt gesehen oder berührt. Außer einigen Zungenküssen und ein wenig jugendlichem Gefummel in bekleidetem Zustand bin ich noch völlig jungfräulich.

Es ist nicht so, dass ich es nicht wollen würde - im Gegenteil: ich bin sehr neugierig darauf, meine ersten sexuellen Erfahrungen zu machen, bloß will ich sie mit dem Richtigen machen, in einer schönen Umgebung und Atmosphäre, und bis jetzt kam weder der richtige Mann noch die richtige Situation.

Ich setze mich auf mein weiches Bett und lasse langsam meine Finger mit ein wenig Bodylotion zwischen meine Beine gleiten und beginne mich selbst zu verwöhnen.

Ich streichel mich und lasse meine Gedanken frei, bis sie sich schnell wieder bei Roy einpendeln.

Ich spüre seine Lippen wieder auf meinen, wie letzte Nacht, und sehe seine hellblauen Augen vor mir, die mich beobachten. Seinen Mund umspielt wieder der Anflug eines hinreißenden Lächelns.

Dann fasst er mir wieder etwas grob mit seiner großen Hand an den Nacken und lässt seine tätowierten Finger wie gestern in Richtung meines Dekolletees wandern, doch dieses Mal stoppt er nicht, sondern lässt seine Fingerkuppen sanft über meine nackten Brüste und meinen Bauch wandern, während er mich unnachgiebig küsst.

Meine Finger reiben schneller und fester über meine empfindlichste Stelle bis ich irgendwann meine andere Hand auf meinen Mund drücke, um nicht laut aufzustocken, und mein Körper von einem heftigen Orgasmus erfasst wird.

Erschöpft lasse ich meine Hände sinken und genieße die letzten kleinen Stromstöße, die meinen Unterleib durchzucken.

Ich schließe die Augen und dämmere fast weg, als es mich plötzlich wie ein Blitz trifft.

Roy.

Bei all meinen versauten Tagträumereien rund um ihn habe ich völlig vergessen, mal mein Handy zu checken, ob er mir geschrieben hat, schließlich habe ich ihm ja gestern meine Nummer gegeben.

Ich springe aus dem Bett und durchwühle das Klamottenhäufchen auf meinem hellen Laminatboden bis ich endlich die kleine schwarze Tasche finde, die ich gestern dabei hatte.

Aufgeregt nestel ich an dem Verschluss der Tasche, bis ich sie schließlich aufbekomme und ziehe zielsicher mein Handy heraus. Ich drücke auf die Sperrtaste, doch der Bildschirm bleibt schwarz. Ich versuche es erneut, doch es passiert nichts.

Verdammt, fluche ich. Dieser scheiß Akku ist immer dann leer, wenn man es gar nicht gebrauchen kann!

Schnell stecke ich mein Handy ans Ladekabel, ziehe mir irgendein T-Shirt aus dem Schrank, was ich zusammen mit einem schwarzen Spitzenpanty schnell drüber streife, und schalte mein Handy an.

Mit zittrigen Fingern gebe ich den Pin ein, und sofort vibriert mein Handy mehrmals.

Neben einigen Whatsapp-Nachrichten von Leo, Bella und einer weiteren Freundin blinken mir noch zwei Nachrichten entgegen.

Unbekannte Nummer.

Ich sehe es schon in der Übersicht an dem Profilbild.

Roy.

Er hat mir tatsächlich geschrieben.

_____________________________

Meine Lieben, 

Einen Satz zu Detlef?

Und was wird Roy Malia geschrieben haben?

A.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt