Ich nippe an meinem Milchkaffee, ehe ich frage: "Was meinst du denn mit "diese Gesamtsituation"? Dass ich mein Höschen anbehalten wollte, egal wie viel Geld du mir bietest?"

"Auch", gibt er zu und grinst schief. Ich verdrehe die Augen. "Vor allem aber, dass ein so tolles Mädchen wie du für Roy arbeitet. Du bist nicht wie die anderen da. Du bist noch so wahnsinnig jung und hast richtig was auf dem Kasten, du kannst es zu was bringen in deinem Leben. Du bist keine Candy, die sich schon ihr Hirn weggekokst hat und jetzt ihr Geld mit irgendwelchen tabulosen Orgien verdienen muss, solange sie noch kann. Ich habe schon einige Mädchen im Mirage kommen und gehen sehen, aber du gehörst da nicht hin. Du bist zu schade dafür, dich von Roy kaputt machen zu lassen."

"Was meinst du denn jetzt damit?", fahre ich ihn an.

"Als ich dich das erste Mal im Mirage kellnern gesehen habe, habe ich noch gehofft, dass das einfach nur ein ziemlich beschissener Nebenjob ist. Aber dann habe ich dich das erste Mal an der Stange gesehen und wie vehement Roy dagegen war, dass du im Séparée tanzt. Und als er dich dann noch in Schutz genommen hat, als du mir ins Gesicht geschlagen hast, wusste ich, wo das ganze hinführen wird."

Verständnislos sehe ich ihn an. "Er hat mich in Schutz genommen, weil ich seine Freundin bin und er dich nicht leiden kann."

Abdel lacht laut auf. "Dann hat er dir ja wenigstens einmal die Wahrheit gesagt. Wir können uns wirklich nicht leiden."

Jetzt habe ich endgültig nur noch Fragezeichen im Kopf.

"Denkst du wirklich, dass er mit dir zusammen ist, weil er dich liebt? Ich will dich nicht verletzen, Malia, aber Typen wie Roy lieben nur sich selbst. Er ist empathielos und geldgeil, und deshalb würde er auch niemals einem der anderen Mädchen so viel durchgehen lassen wie dir. Für jede andere hätte diese Ohrfeige eine fristlose Kündigung bedeutet", erklärt er ernst und steckt sich eine Zigarette an.

"Was redest du denn da? Das macht doch gar keinen Sinn. Wenn er so geldgeil ist, wie du sagst, dann würde er doch erstrecht Stress mit mir machen, wenn ich einen seiner wohlhabenden Stammkunden vertreibe", pampe ich ihn an. Langsam werde ich sauer. Was Abdel da faselt, hat weder Hand noch Fuß.

"Weil er größeres mit dir vorhat, Malia. Du bist für ihn eine Goldgrube. Er wollte dich bei Laune halten, damit er dich irgendwann anschaffen schicken kann. Den ersten Schritt dahin hat er ja schon gemacht", knurrt er und ballt seine Hand wütend zu einer Faust.

Ich schlucke.

Ob er meint, dass ich meine Jungfräulichkeit versteigert habe? Aber woher sollte er das wissen?

Abdel nimmt einen tiefen Zug und sieht mir wieder fest in die Augen. "Ich habe mitbekommen, dass du dein erstes Mal bei Cinderella Escorts versteigert hast", bestätigt er meinen Verdacht. "Wenn ein Mädchen aus dem Mirage das tut, spricht sich das schnell unter den Kunden herum."

Es ist mir irgendwie unangenehm, Abdel ins Gesicht sehen zu müssen, jetzt wo ich weiß, dass er über diese Auktion Bescheid weiß und gleichzeitig frage ich mich, wer noch alles davon weiß?

"Weißt du Malia, eigentlich müsste ich dich hassen, schließlich hast du mir mitten im Mirage einfach ins Gesicht geschlagen, aber irgendwie tust du mir einfach nur leid. Ich habe auch auf dich geboten. Glaub es mir oder nicht, aber ich hätte einfach nur mit dir zusammen sein wollen. Wir hätten nicht mal miteinandner schlafen müssen, wenn du das nicht gewollt hättest. Ich glaube nämlich, dass du das eigentlich gar nicht wolltest, oder? Dein erstes Mal mit einem fremden Mann haben, meine ich."

Abdel redet ruhig und mit fester Stimme und sieht mir immer wieder in die Augen. Das verunsichert mich. Er wirkt nicht so, als würde er mich anlügen, aber vielleicht ist er auch einfach nur ein guter Schauspieler? Jedenfalls hat er Recht mit dem, was er sagt. Eigentlich wollte ich mein erstes Mal nicht mit einem fremden Mann haben, den ich am Tag zuvor zum ersten Mal gesehen habe.

"Naja, es geht mich ja im Grunde auch nichts an", lenkt er ein und tritt seine Zigarette auf dem Boden aus.

"Woher soll ich denn wissen, dass das, was du sagst, die Wahrheit ist? Vielleicht sagst du das alles auch nur, weil du eifersüchtig auf Roy bist und einen Keil zwischen uns treiben willst, weil du mich für dich alleine haben willst", gebe ich zu bedenken.

"Natürlich will ich dich für mich alleine haben", erwidert er offen. "Da mache ich auch kein Geheimnis draus. Das war mir sogar 5 Millionen Euro wert."

"5 Millionen Euro?", wiederhole ich schockiert und sehe ihn mit aufgerissenen Augen an.

"Ja, Malia. 5 Millionen Euro. Ich habe 5 Millionen Euro für deine Jungfräulichkeit geboten, aber ich habe nicht gewonnen.. Denk mal darüber nach. Was hat der Höchstbietende dir gezahlt? 1,2 Mio. Euro? Ich weiß ja nicht, wieso du das gemacht hast, aber wenn Geld der Grund war, dann solltest du dir mal Gedanken machen."

Mein Hals schnürt sich zu. Stimmt es etwa, was Abdel sagt? Die ganzen einzelnen Puzzleteile in meinem Kopf lassen sich nicht zu einem großen ganzen zusammensetzen.

"Er wollte das bestimmt einfach nur nicht, weil er dich nicht mag, und hat deshalb dein Gebot gestrichen. Oder weil du letztes Mal so respektlos und beleidigend zu mir warst und ich dir eine Ohrfeige verpasst habe. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für Sex, oder?", versuche ich ihm unsicher zu widersprechen. Vielleicht versuche ich damit auch nur, mich selbst von dieser Theorie zu überzeugen.

"Malia, ich bitte dich. Er hat dein erstes Mal versteigert. Das erste Mal, was jedem Mädchen so viel bedeutet und an das es sein Leben lang zurückdenken wird. Das macht man nicht, wenn man dieses Mädchen liebt, egal, was der Grund ist. Wieso hast du das denn überhaupt gemacht? Was hat er dir erzählt?", bohrt Abdel nach.

"Das geht dich gar nix an, das ist unsere Privatsache", knurre ich. Ich werde einen Teufel tun, solche intimen Sachen mit einem mir nahezu fremden Mann auf einer Parkbank auszudiskutieren.

Abdel steht von der Bank auf und sieht mir prüfend in die Augen. "Ich kenne Männer wie Roy, Malia. Er hat dir bestimmt erzählt er hat Schulden und braucht ganz dringend Geld, besser gestern als heute. Und nirgendwo bekommt man schneller Geld als wenn man anschaffen geht, richtig? Ich wünsche dir, dass es nicht längst zu spät ist, wenn auch du endlich aufwachst. Du verdienst was Besseres als ihn und dieses Leben."

Dann wendet er sich ab, lässt mich sitzen und läuft davon.

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Meine Lieben,

Puh, das war hart, was Abdel Malia da alles offenbart hat.. Denkt ihr er lügt oder sagt er die Wahrheit?

Und meint ihr Malia wird ihm glauben?

Und wie findet ihr es überhaupt, dass sie jetzt doch wieder im Mirage strippt? Ist ja zumindest besser als anschaffen und wenigstens freiwillig, oder?

A.

Rot wie die LiebeWhere stories live. Discover now