Rund um das Haus geht ein Weg aus denselben kleinen weißen Kieselsteinen, die auch auf der Auffahrt liegen und führt wahrscheinlich in den Garten.

Auch in dem kleinen Vorgarten stehen akkurat gestutzte Buchsbäume.

"Wow", entfährt es mir begeistert. Aufmerksam lasse ich meinen Blick umher gleiten und studiere jedes Detail.

Roy steht in der Tür, die er bereits aufgeschlossen hat und sagt grinsend: "Komm, du kannst drinnen weiter staunen. Da gibt's auch noch einiges zu sehen."

Das glaube ich ihm auf's Wort und folge ihm in den geräumigen hellen Flur. Ich streife mir auf der Fußmatte meine Schuhe von den Füßen und laufe vorsichtig über die hellen Fliesen in den offenen Wohnbereich.

Küche, Essbereich und Wohnzimmer bilden das gesamte Erdgeschoss und befinden sich in einem offenen Raum, der aufgrund der vielen Fenster Lichtdurchflutet ist. Die Wände habe eine graue Betonoptik und die Einrichtung ist im industriellen Stil.

Im Wohnbereich befinden sich ein großes schwarzes Ledersofa in L-Form, davor ein großes Kuhfell und ein Couchtisch aus schwarzem Stahl und dunklem grobem Holz. In dem selben Stil ist der Esstisch, um den sich dunkelbraune Lederstühle reihen. Die Küche besticht durch schwarze Hochglanzfronten und eine dunkle Echtholzarbeitsplatte. Alles ist super sauber und ordentlich.

Ich hatte keine Erwartungen, aber diese Einrichtung passt perfekt zu Roy, auch wenn es die leicht spießige Außenwirkung des Hauses erstmal gar nicht vermuten lässt.

"Du hast wirklich ein tolles Haus", mache ich ihm ein aufrichtiges Kompliment. "Es ist super schön eingerichtet und vor allem alles so ordentlich und sauber."

Ich liebe es, wenn es alles so clean ist. Mein Zimmer halte ich selbst auch penibel rein, bloß leider teilt meine Mutter meine Ordnungsliebe nicht,  weshalb der Rest der Wohnung das absolute Gegenteil ist.

Ich fühle mich in Dreck und Unordnung super unwohl, und halte mich daher kaum in den restlichen Wohnräumen auf. Anfangs habe ich immer selbst alles aufgeräumt, geputzt und auch öfter mal gekocht. All meine Mühe wurde jedoch in wenigen Stunden von meinen zwei Mitbewohnern zunichte gemacht, so dass ich irgendwann resigniert habe.

In diesen Haushalt Ordnung und Sauberkeit zu bringen ist wie Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen - ein Kampf, der nie zum Erfolg führt.

Roy nickt und wirkt sogar mal ein wenig stolz, verständlicherweise. Wenn man bedenkt, dass er laut eigener Aussage selbst aus armen Verhältnissen stammt, kann er wirklich stolz darauf sein sich so ein Haus erarbeitet zu haben.

Apropos erarbeitet..

"Was arbeitest du eigentlich?", frage ich ihn direkt. Er sieht mich etwas überrascht an, wahrscheinlich kann er meinen Gedankensprung nicht ganz nachvollziehen.

"Na, so ein Haus bezahlt sich ja nicht von selbst, daher habe ich mich einfach gefragt, wo du so viel Geld verdienst", erkläre ich ihm meine Frage.

"Achso", antwortet Roy grinsend. Er nähert sich mir ein Stück und kneift mir sanft in die Wange. "Du bist ganz schön neugierig. Aber damit du heute Nacht ruhig schlafen kannst: ich bin selbstständig. Ich habe ein paar Investments laufen, und mir gehört ein kleiner Club. Und jetzt mach dein Handy an, ich gebe dir das WLAN-Passwort."

Ach stimmt, da war ja was. Ich ziehe mein neues Handy aus meiner Tasche und einige Minuten und viele Eingaben später konfiguriert sich mein neues Handy und lädt meine Dateien aus der Cloud.

Während der Wartezeit lasse ich meinen Blick über Roy gleiten, der schräg gegenüber von mir sitzt und seinerseits konzentriert mit seinem neuen Handy zugange ist. Sein markanter Kiefer ist angespannt und seine Augenbrauen sind etwas zusammen gezogen. Seine Augen bewegen sich schnell und fixieren den Bildschirm.

Roy trägt heute ein weißes T-Shirt mit Ausschnitt, das seine trainierte Brust gut zur Geltung bringt aber auch den Blick auf viele seiner Tattoos freigibt.

Konzentriert studiere ich seinen linken Arm, auf dem verschiedene Schriftzüge sind, Zahlen, aber auch ein Tiger, Totenköpfe, Diamanten und skurrilere Dinge wie ein Käfer, eine Schlange und ein Teufel.

"Haben deine Tattoos alle eine Bedeutung?", frage ich ihn interessiert.

"Ja", antwortet er knapp. "Und welche?", bohre ich nach. "Dass ich Geld hatte und mein Tätowierer Zeit", antwortet er genervt.

Ich muss lachen. Das war schlagfertig.

In dem Moment symbolisiert das Handy in meiner Hand durch Klingeln, dass es nun betriebsbereit ist.

Aufgeregt richte ich es ein, verifiziere WhatsApp und logge mich bei Instagram ein. Es dauert nicht lange, bis mein Handy mehrfach klingelt und vibriert. Ich habe wohl in meiner Abwesenheit einige Nachrichten bekommen.

Ich öffne WhatsApp und begutachte die Übersicht. Bella hat mit mehrmals geschrieben, und auch Leo hat mir eine Nachricht geschickt. Ich scrolle weiter runter, bis ich einen Namen entdecke, der meinen Herzschlag für einen Moment aussetzen lässt.

Lion.

Nervös öffne ich die Nachricht und lese sie: "Hey Malia, alles okay? Hast du es dir noch mal überlegt? Lass uns uns doch wenigstens einmal treffen. Du weißt doch auch, dass da was zwischen uns ist. Gib mir nur diese eine Chance. Bitte."

Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen. Ich klicke auf sein Profilbild und öffne es. Auf dem Bild sitzt er auf den Treppen unserer Schule, trägt einen schwarzen Pullover, dessen Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hat und grinst schief.

Doch anscheinend schmachte ich ihn eine Sekunde zu lange an, denn plötzlich ertönt Roys schneidende Stimme: "Wer ist das?"

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Meine Lieben,

Zuerst mal: Roys Haus klingt doch einfach mega, oder? So würde ich auch gerne wohnen 🥰

Was sagt ihr zu Lions Nachricht? Hat er Recht, dass da irgendwas zwischen den Beiden ist?

Und wie wird es weiter gehen? "Wer ist das?" heißt in solchen Geschichten doch eigentlich nie was gutes, oder? ..

A.

Rot wie die LiebeWhere stories live. Discover now