Kapitel 18

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Mein ganzer Körper kribbelte seit dem Kuss. Seit gut fünf Minuten starrten wir uns an. Der Kuss war unglaublich schön. Dabei war es nicht mehr und nicht weniger als ein simpler, beinahe schon unschuldig scheinender Kuss.
Tyler grinste wie ein Glückseliger und vermutlich tat ich es ihm gleich. Es war wie verhext. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich nicht damit aufhören. ,,Weißt du eigentlich, wie glücklich ich gerade bin?", fragte er mich leise. Ich lächelte ihn nur weiterhin an. Er zog mich an sich und mein Kopf lag auf seiner immer noch nackten Brust.
Es klingt sicherlich für jeden Außenstehenden verrückt, doch fühlte ich mich einfach gut in seiner Nähe. Es war sogar so, dass ich es mir vorstellen konnte, seine Wolfseite zu akzeptieren. Jeder andere Mensch, der meine Gedanken hören würde, würde sicherlich denken, dass die Werwölfe mir eine Gehirnwäsche verpasst hatten. Meine ganze Welt fühlte sich an, als hätte dieser Kuss sie auf den Kopf gestellt.
Wir saßen noch einige Minuten so da, bis Tyler diesen Moment unterbrach. ,,Ich könnte mit dir hier noch Stunden sitzen, doch sollten wir weiter. Den Alpha lässt man lieber nicht warten. Meinst du, wir bekommen es hin, dass du die Tasche auf dem Rücken trägst, während du auf meiner anderen Gestalt sitzt, ohne herunterzufallen?" Ich zuckte nur mit den Schultern. Ob das so funktionieren würde, wusste ich beim besten Willen nicht. Doch Tyler sah das schon nicht mehr, denn mit einem ungewohnten Eifer war er auf die Füße gesprungen, zur Tasche gegangen und hatte seine Sachen reingetan. Schneller als ich bis drei Zählen konnte, war die Tasche auf meinem Rücken und ich stand wieder auf meinen Füßen. Tyler grinste immer noch, als ich zu ihm sah. Ohne jegliche Vorwarnung ertönte ein furchtbares Knacken und Knirschen. Es passierte unglaublich schnell, trotzdem konnte ich ansatzweise sehen, wie aus dem Menschen ein Tier wurde. Bevor ich auch nur irgendwie eine Reaktion zeigen konnte, war der Wolf auf mich zugekommen und leckte einmal über meine Hand. Verwirrt und auch etwas angewidert, zog ich meine Hand weg. Doch kuschelte sich der Wolf da schon an meinen Körper und rieb sich, fast wie eine viel zu große Katze, an mir. Nun war ich wirklich irritiert. Was wollte Tyler denn damit bezwecken?
Doch keine zehn Sekunden später erschloss sich mir der Sinn des Ganzen. Er wollte verhindern, das ich Angst bekam, indem er mich mit seinem Verhalten ablenkte. Und kurioser Weise funktionierte es tatsächlich. Selbst jetzt wo ich den Trick durchschaut hatte. Der Wolf ging mir etwa mit seinem Rücken bis zur Brust und konnte mir problemlos in die Augen sehen. Sein brauner Pelz strahlte geradezu einladende Wärme aus. Wie selbstverständlich fuhren meine Hände durch das Fell. Tyler legte sich auf den Boden, damit ich einfacher auf seinem Rücken platz nehmen konnte. Als ich dann saß richtete sich der Wolf auf und fing in einem gleichmäßigen Tempo an zu laufen. Anfangs kam es mir viel zu schnell vor und ich hatte Angst zu fallen, doch gewöhnte ich mich überraschend schnell daran. Ich genoß schon fast, wie der Wind über meine Haut fuhr und meine Hände sich am Fell an Tylers Nacken festhielten. Mein Puls ging so schnell, dass ich das Pochen in meinen Ohren hören konnte. Doch kam es die ganze Zeit zu keinen ruckartigen Bewegungen und meine Angst zu fallen stellte sich als völlig unnötig dar.

Immer mehr Zeit verging, wobei Tyler auch nicht die geringsten Zeichen von Erschöpfung zeigte. Leider stimmte das nicht auch für mich. Durch das Festhalten verkrampften meine Muskeln und taten doch schon ordentlich weh.Nachdem ich dachte, ich halte es nicht länger aus, blieb Tyler endlich stehen. Mühevoll lösten sich meine Finger aus dem Fell und ich stieg von seinem Rücken. Die Tasche ließ ich auf den Boden fallen. Tyler wandelte sich in seine menschliche Gestalt, zog mich an seine Brust und murmelte: ,,Wir sind da."

Wolfsseele - Verliebt in einen AlphaWhere stories live. Discover now