Kapitel 2

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Nun lag ich hier schon einige Tage in diesem Krankenhaus. An einem Ort, an dem ich einer von wenigen Menschen war. Von weiter weg wäre es wohl keinem Auffallen, doch je näher ein Werwolf kam, desto unwohler fühlte man sich als Mensch.
Eigentlich war ich niemand, der schnell Vorurteile hatte. Doch war es die Schuld eines Werwolfs, dass ich nicht mehr sprechen konnte. Sie hatten mir und meiner Schwester die Eltern genommen, Werwölfe unterdrückten uns Menschen und schränkten uns in unserer Freiheit ein.
Die Ärzte und das Pflegepersonal waren natürlich alle Werwölfe. Gefühlt jede Stunde kam einer von ihnen in das Zimmer, in dem ich allein lag.
Sie hatten versucht, mich zu untersuchen, doch hatte ich mich mit Händen und Füßen gewehrt. Sicherlich hätten sie, wenn sie gewollt hätten, mich trotzdem untersuchen können. Doch sie ließen mich nach einiger Zeit in Ruhe. Man merkte ihnen an, dass sie es nicht so toll fanden, hier jetzt auch noch Menschen behandeln zu müssen. Sie hatten meine Behandlung vermutlich sowieso nur versucht, da es wohl ein Befehl von ganz oben war, vom Alpha aller Alphas. Ich verstand nicht, was das alles auf einmal sollte, vorher waren wir Menschen diesem Typen doch auch egal gewesen.

Die Tür öffnete sich zum wiederholten Mal an diesem Tag. Eine Krankenschwester kam herein, stellte ein Tablett mit Essen auf den Tisch und verschwand wieder, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Ich stand auf und setzte mich auf den Stuhl, der vor dem Tisch stand, auf welchem meine Mahlzeit stand. Eine Schale mit Gemüsesuppe, zwei Scheiben Brot und einen Obstsalat als Dessert.
Garantiert bekamen die Werwölfe hier ganz andere Sachen aufgetischt, doch musste ich ehrlich zugeben, dass das Essen hier um einiges besser war als das, was wir zuhause als Ration zugeteilt bekamen.
Ganz allein, wie in den letzten Tagen auch, fing ich an zu essen. Schmecken tat es genauso wie an den letzten Tagen. Es war auch so ziemlich das Gleiche gewesen. Als ich fertig war, blieb ich einfach auf dem Stuhl sitzen. Ich hatte keine andere Möglichkeit, mich zu beschäftigen, als aus dem Fenster zu starren.
Außer dem Nötigsten gab es hier nichts. Nach einem Buch oder ähnlichen konnte ich ja schlecht fragen und aus dem Zimmer raus traute ich mich nicht. Vor allem nachdem gestern auf dem Flur laute Schreie einer Frau und geknurre von Werwölfen zu hören waren. Der Lärm dauerte einige Minuten an und danach herrschte über Stunden eine Totenstille.

Eine halbe Stunde später betrat wieder eine Schwester den Raum. Sie nahm das Tablet wieder mit, wirkte aber, anders als die Frau davor, gestresst. Sie ließ sogar die Tür einfach offen stehen und so bekam ich die Gelegenheit auch mal einen Blick in den Flur zu riskieren. Ich stand auf und bewegte mich zur Tür, blieb aber im Türrahmen stehen.
Auf dem Flur war nur wenig los. Hier und da huschten Krankenschwestern rasch über den Flur und wirkten allesamt gestresst. Eine weitere Frau wischte rasch den Boden und verschwand auch schnell hinter der nächsten Ecke.
Wie aus dem Nichts ertönten plötzlich Schritte und einige Stimmen auf dem Flur. Es schienen doch einige Personen zu sein, die sich in diese Richtung bewegten.
Kurz darauf konnte ich auch ansatzweise verstehen, worüber gesprochen wurde. ,,Wie verhalten sich die Menschen hier, Doktor?", fragte ein herrisch klingende Frau. ,,Ach Luna, viele wollen sich von uns nicht behandeln lassen und wehren sich mit Leibeskräften gegen uns", sagte ein Arzt, der auch schon versucht hatte, mich zu einer Behandlung zu zwingen. ,,Warum lasst ihr sie dann nicht nach Hause, wenn sie das nicht wollen?", erwiderte daraufhin eine weitere männliche Person. ,,Weil der Alpha des ersten Rudels verlangt, dass wir es wieder gut machen. Schließlich seien ja hier und da Unschuldige getroffen worden", meckerte die Frau. ,,Aber ist das denn der richtige Weg, Mutter?", fragte der Letztere, während die Gruppe um die Ecke kam und ich einen Blick auf sie erhaschen konnte.
Auch ich wurde ziemlich schnell entdeckt und der Arzt runzelte unzufrieden die Stirn. Die Frau blickte auch nicht sonderlich begeistert in meine Richtung. Nur die dritte Person, ein junger Mann, schien kurz wie versteinert zu sein.
Doch löste sich seine Starre rasch wieder. Er fing an laut zu knurren und das Wort ,,Gefährtin" verließ seinen Mund. Der junge Mann setzte sich in Bewegung, in meine Richtung, rannte beinahe schon.
Panisch überlegte ich, was ich jetzt machen sollte. Ohne noch länger zu zögern, ob es überhaupt was bringt, schlug ich die Tür zu meinem Zimmer zu und lief in mein Bad, um mich dort einzuschließen, da es der einzig abschließbare Raum für mich war.

Ein lauter Knall ertönte, der Mann hatte die Tür ins Zimmer eingerannt.

Wolfsseele - Verliebt in einen AlphaWhere stories live. Discover now