Kapitel 109

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Solange Tyler noch im Raum war, sagte Maria kein Wort mehr. Als Tyler auch recht schnell merkte, dass meine Schwester nicht wirklich positiv auf ihn gestimmt war, entschied er sich, vermutlich mir zu liebe, dazu den Raum schnell wieder zu verlassen. 

Danach hatte Maria so getan, als wären die letzten Minuten nicht passiert. Ich fand das zwar etwas eigen, doch wollte ich unsere übrige Zeit nicht damit vergeuden. Sie erzählte mir was ihr in der letzten Zeit passiert ist und fragte mich, wie wir es sonst immer getan hatten, mit gekonnten Fragen über meine bisherigen Erlebnisse aus. Sie stellte sie immer so, dass ich nicken oder den Kopf schütteln konnte. Und da sie mich schließlich schon mein ganzes Leben kannte, konnte sie genau an meiner Reaktion ablesen, wo sie weiter Fragen konnte. Leider hatte diese Art der Kommunikation einen entscheidenden Nachteil, unsere Unterhaltung war auf Dinge beschränkt, von denen sie auch schon mal gehört hatte. 

Einige Stunden waren vergangen und Maria musste los. Schließlich musste sie noch zurück in das Wohnviertel in dem wir lebten, bevor es draußen zu dunkel wurde. Zwar musste man sich nicht vor anderen Menschen fürchten, doch einem Werwolf in dunkeln wollte kein Mensch begegnen. Denn wenn es dunkel wurde, war man den Werwölfen mit allen Sinnen unterlegen. 
Tyler und ich waren dann auch nicht mehr viel länger im Wachhaus geblieben. Auf dem Weg zurück zu unserer Unterkunft fing ich auch schon wieder an Maria zu vermissen. Ich würde sie jetzt wohl für eine ganze Zeit nicht wiedersehen. 
,,Weißt du, ich fand es eigentlich schade, dass ich deine Schwester nicht kennen lernen konnte. Eigentlich hatte ich gehofft mal quasi was über dich aus einer anderen Quelle zu erfahren.", sagte er und zog mich grinsend in seine Arme. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an. 
,,Was denn? Wäre doch sicherlich lustig geworden. Wenn du irgendwann, wenn du bereit dafür bist, ein Werwolf bist und wieder auf meine Eltern treffen würdest, würden sie dir auch alle möglichen und unmöglichen Geschichten aus meinem Leben erzählen." 
Am liebsten hätte ich gerade meine Augenbrauen noch höher gezogen. Ich hatte ganz sicher noch nicht vergessen, wie sich Tylers Eltern bisher mir gegenüber Verhalten hatten, gerade seine Mutter. Ich könnte sie mir beim besten Willen nicht als Mutter vorstellen, die vor der Partnerin des eigenen Sohnes lustige Geschichten aus dessen Kindheit erzählte. 
Doch hatte Tyler ja gerade ein Thema angeschnitten, von dem ich immer noch nicht wusste, wie ich es ansprechen sollte. Die Verwandlung in einen Werwolf. Wie sollte ich ihm meinen plötzlichen Sinneswandel erklären? Er würde es ja höchstwahrscheinlich nicht einfach so hinnehmen und sich freuen. 

Plötzlich blieb Tyler stehen und stellte sich schützend vor mich. Verwirrt sah ich mich um, wusste nicht was passierte. 
Keine Sekunde später stand ein abgehetzt wirkender Werwolf vor uns, von dem ich wirklich nicht wusste, wo dieser jetzt her kam. Tyler knurrte diesen an, während dieser nur den Kopf senkte. ,,Alpha...", wimmerte dieser schon fast: ,,Es tut uns leid." ,,Was tut euch leid?", wollte Tyler, seine drohende Haltung immer noch aufrechterhaltend, wissen. 
,,Ich... ähm... wir- wir konnten es nicht verhindern. Wir hatten nicht gedacht, dass sowas passieren könnte. So etwas ist hier schon seit Jahren nicht mehr passiert, dazu war es ein Jungwolf der sich noch recht schnell provozieren ließ. Bitte vergebt uns und unserem Rudel." 
,,Wovon redest zu verdammt nochmal?!", forderte er endlich zu wissen, was passiert war. 
,,Der Mensch, den ihr ins Wachhaus bestellt habt, hat einen Jungwolf provoziert." Mit weit aufgerissenen Augen starrten ich den Wolf an. Meine Schwester soll was getan haben? 
,,Bring uns hin!", befahl Tyler dem Wolf. Dieser gab keinen Ton von sich und lief mit großen Schritten, aber in einem halbwegs menschlichen Tempo, in eine Richtung los. Tyler warf mir einen kurzen besorgten Blick zu, nahm meine Hand und wir machten uns auf, dem fremden  Werwolf  zu folgen. 

Wir mussten nicht lange laufen. Quasi nur in die andere Richtung am Wachhaus vorbei. Eine Straßenecke weiter konnten wir im dämmernden Licht des Abends eine größere Gruppe an Personen erkennen, die in einem Kreis standen. Und selbst auf die Distanz, mit meinen schlechten menschlichen Augen, konnte ich eine reglose Gestalt am Boden erkennen...

Wolfsseele - Verliebt in einen AlphaOnde as histórias ganham vida. Descobre agora