Entscheidung

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Ich schnappe heftig nach Luft, doch keine dringt zu mir durch. Ich will, dass es aufhört, aber ich will mich auch nicht bewegen, da ich befürchte, zusammenzubrechen.
"Willow.." raunt Lennard neben mir und ich spüre seine Hand auf meinem Oberarm.
Sofort wieder wütend schlage ich seine Hand weg und starre ihn mit wässrigen Augen mörderisch an. "Fass mich nicht an!" zische ich leise. Man hört, wie meine Stimme vom Gefühlsüberfluss bricht.
"Willow, das ist normal. Sie müssen sich so präsen-" will er mitfühlend auf mich einreden, doch ich schneide ihm das Wort ab, indem ich mich einfach umdrehe und so schnell, wie möglich abhaue. Ich will nicht mehr hier sein. Ich weiß jetzt, wo Bram ist, aber ich weiß auch, was er tut, wenn ich nicht da bin.
Du wurdest ersetzt.
Nein.
Gehetzt renne ich durch Blätter und werde von Ästen gestriffen, die ich unter den Tränen nicht erkenne. Ich halte es nicht aus.
Mein Hals brennt vom rennen und ich befürchte von innen heraus zu verbennen, doch ich renne weiter, bis ich am Strandhaus ankomme und das Event einfach vergessen will. Doch ich kann es nicht.


Bram pov.

Mein Blut rauscht nervig in meinen Ohren, während ich unter schneller Atmung vor dem Strandhaus stehen bleibe.
Ich bezweifle, dass Lennard mich angelogen hat, als er meinte, dass es Willow mies geht, nachdem sie mich mit Elena gesehen hat. Er war es, der Elena und mich unterbrechen musste. Nicht ich. Fuck! Ich hätte das alles gar nicht erst zulassen sollen!
Ich überspringe einige Stufen, als ich zur Veranda presche und öffne die Tür.
Alles ist dunkel. Die Gardinen sind zugezogen und ich hätte angenommen, das Haus wäre leer, wenn ich nicht das Schluchzen weiter hinten gehört hätte.
"Scheiße." zische ich und verspüre ein Deja-Vú, welches sich jedoch schlimmer abspielen wird, als letztes Mal.
Mit bebenden Körper trete ich hinein, direkt vor das Doppelbett und begegne darauf Willows verheulten Augen in dem gedimmten Licht. Sie hat sich in den weißen Lacken versteckt, doch sieht mich nun erschrocken an, als hätte sie mich nicht erwartet.
"I-Ich.." krächzt sie, doch ich lasse sie nicht lügen und steige zu ihr auf das Bett, um sie fest zu umarmen. Ihr schluchzen durchbricht mein Innerstes immer wieder.
"Lennard hat es mir erzählt." brumme ich und presse ihren Kopf so sehr an meine Schulter, als würde es sie so beruhigen. "Es tut mir Leid."
Allmählich fühle ich mich, wie ein großer Idiot, weil ich diese Worte letzte Zeit immer öfter fallen lasse. Eigentlich war ich wütend auf Willow. Niemals hätte ich gedacht, dass sie nach all dem, was wir erlebt haben, sich für jemanden anderen entscheiden würde. Und es hatte mir auch Angst gemacht. Wenn sie schon Maddy über mich stellt, wie wird es dann sein, wenn ein anderer Typ bei ihr ankommt?
Nein, ich will darüber nicht nachdenken. Vor allem, da meine Wut vollkommen verblasst ist, sobald ich erfahren habe, was sie gesehen hat.

"Nein, mir tut es Leid." wimmert sie und legt ihre zitternden Hände sachte gegen meinen Rücken. Sie ist wieder so zerbrechlich, wie ich sie kenne. "Ich habe es versucht, Bram. Aber ich kann nicht." bricht sie in eine erneute Welle, die sie nicht zurückhalten kann, was mir das Herz bricht. Voller Schmerz schließe ich die Augen und ziehe sie weiter auf meinen Schoß, während die Decke von ihr fällt. Sie hat immer noch das Kleid an, dass sie so viel schöner macht, als ich dachte, dass sie es könnte. "Ich kann das nicht mehr."
Sie leicht wiegend versuche ich sie zu beruhigen. "Es ist okay. Es ist in Ordnung. Ich finde eine Lösung. Ich will das auch nicht weiter machen. Vor allem nicht, wenn es dich so sehr verletzt."
Sie kann mir nicht einmal antworten, weil ihr schluchzen so stark ist.
"Ich werde den anderen Weg gehen. Egal, was dadurch passieren wird. Hörst du?" streiche ich ihre Haare aus dem Gesicht, um ihr Gesicht zu sehen. Es ist gerötet und zeigt mir umso mehr, wie falsch die ganze Sache gewesen war.
Ich werde den anderen Weg gehen. Wir werden sicherlich nicht mehr die geldlichen Mittel besitzen, wenn mich mein Vater enterbt, aber ich werde einen Ausweg finden. Sei es mich selbst hochzuarbeiten oder das Leben meines Vaters zu beenden, bevor er das Zertifikat umschreiben kann, damit ich weiterhin mit Willow bleiben kann, wie gehabt. Sie hat alles auf dieser Welt verdient und ich soll der Einzige sein, der es ihr geben kann. Dabei merke ich eine Genugtuung, bei der Vorstellung, wieder die Möglichkeit zu haben jemanden von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Jedoch wird das nicht so leicht. Mein Vater ist sehr bekannt und ich verbinde viele Erinnerungen mit ihm. Auch wenn viele schlecht sind. "Dir wird es gut gehen." rede ich auf sie ein. "Ich liebe dich so sehr." flüstere ich und küsse ihre Tränen weg, die auf meiner Haut brennen.
"Ich dich auch." quakt sie, bevor der nächste Strom kommt.


Willow pov.

Mein Gesicht fühlt sich immer noch vom gestrigen Tag geschwollen an, als ich aufstehe. Bram schläft direkt neben mir, da wir das Haus seit gestern Mittag nicht mehr verlassen haben. Wir hatten keine Lust auf andere Leute, weder auf eine Party. Wir wollten einfach nur in Ruhe gelassen werden und mit dem bestellten Essen von Lennards Meisterköchen die gemeinsame Zeit genießen.
Jedoch weiß ich nicht, wie es jetzt weitergehen soll. Bram meinte, er würde nicht mehr auf seinen Vater hören, aber wie gravierend wird diese Entscheidung für uns? Es macht mir Angst, aber ich vertraue Bram. Ich folge ihm blind, weil er weiß, was zu tun ist, um auf den richtigen Weg zu kommen.

Mit angewinkelten Beinen blicke ich durch das muffige Zimmer, bis mein Blick bei ihm bleibt. Er liegt zu mir gerichtet, da er meine Hand fast die gesamte Nacht gehalten hat, um sich selbst zu beruhigen. Er war die ganze Zeit in Sorge, ich würde sauer auf ihn sein, ihm nie verzeihen. Jedoch bin ich nicht wirklich wütend, weil ich weiß, dass die Sache mit Elena eine komplizierte Angelegenheit ist. Komplizierte Angelegenheit war.
Anscheinend wird sie heute Abend wieder abreisen und war deshalb gestern gar nicht begeistert, dass Bram sie hat einfach stehen lassen. Ich will nicht wissen, was passieren würde, wenn sie erfährt, dass er sie wegen mir nicht mehr sehen will.

Nach einiger Überlegung fällt mir ein, dass ich Maddy gestern vollkommen vergessen habe, nachdem wir die ganze Nacht wach geblieben sind, doch als ich mit dem Blick wieder über Brams markantes Gesicht gehe, lasse ich die Schuldgefühle Beiseite.
'Du musst dich entscheiden.'
Und ich habe die Wichtigkeit dieser Entscheidung immer mehr zu spüren bekommen, seit er mich vor sie gestellt hat. Wenn ich mich nicht entscheide, würde ich ihn verlieren und das will ich nicht.
Du wirst ihn nie los, zischt eine Stimme in mir. Ich kann jedoch nur müde die Augen schließen und zittrig durchatmen, um sie nicht mehr zu beachten. Nie wieder will ich ihr Gehör schenken.

Ich habe mich entschieden. Schon lange. Weshalb ich mich leise wieder hinlege und mich vorsichtig an ihn kuschle, um ihn nicht zu wecken.

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