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Bram pov

In den nächsten zwei Tagen ist Willow erstaunlich ruhig. Nachdem ich die Kontrolle verloren habe, dachte ich, dass sie mich nun endgültig meiden wird, aber neben den stillen Phasen wird sie Sätze los, die mich insgeheim immer wieder überraschen. Ich will es nicht zugeben, aber ich bekomme allmählich Hoffnung, dass sie jetzt schon anfängt sich an mich zu gewöhnen. Sollte das wirklich der Fall sein, passiert es früher, als eigentlich gedacht.
Wenn das so weiter geht muss ich in vier Tagen vielleicht doch nicht zu radikalen Maßnahmen greifen, während ich auf der Geschäftsreise mit Dad bin.

Mit dem kleinen Paket in den Händen, dass mir an der Rezeption gegeben wurde steige ich aus dem Fahrstuhl und gehe schon fast zum gewohnten Apartment, weil ich so sehr in Gedanken versunken bin, doch fange mich noch rechtzeitig und gehe den Flur weiter zur Tür meines Apartments. Zwar ist Dad wahrscheinlich gerade nicht Zuhause, aber es wäre trotzdem komisch gekommen, wenn ich reingeplatz wäre. Am Ende würde er noch rüber kommen wollen.

Stumm betrete ich das mir bis vor kurzem überreichte Appartment auf der anderen Seite und steige, wie schon oft, die zwei weißen Stufen empor in den mit Sonnenlicht überfluteten Wohnbereich. Die Stille, die hier immer herrscht wirkt jetzt plötzlich wieder erdrückend und ich spüre, wie mein Hals anfängt zu kratzen während ich an der riesigen weißen Couch vorbei gehe und gewisse Erinnerungen hochkommen. Es ist die offen gelegene Küche, die ich gleich rechts davon ansteuere und in dem einen weißen Schrank nach einem Messer suche.
Dann lass uns sehen, ob die Bestellung gut angekommen ist. Meine Spannung zurück haltend stelle ich die Box auf der schwarzen Kücheninsel ab und setze das Messer darauf an, um den Verband zu durchschneiden, während er von dem Sonnenlicht vor mir bestrahlt wird. Die Kugel im innreren ist zwar kleiner, als ich sie eigentlich haben wollte, aber die größeren Versionen wären einige Tage später angekommen.
Mit einem schiefen Grinsen hebe ich sie mit ihrem Gestell hoch und sehe mir das Geschenk genauer an. Sie wird es bestimmt lieben. Und es wird ihr die nötige Ablenkung geben, die sie braucht. Aber erst nach meinem kleinen Test an sie.
Mit weichen Bewegungen lege ich den Gegenstand zurück in die Box und schmeiße das Messer zurück zu den anderen Küchenutensilien. Es locker unter den Arm geklemmt steige ich die Treppe hinauf, doch kann noch nicht zu Willow. Ich muss noch einiges erledigen, weshalb ich vor ihrer Tür nach links abbiege und die zweite Tür neben ihrer öffne, die zu meinem Büro führt.

Weil hier sonst nichts außer mein Schreibtisch aus Glas steht, stelle ich das Packet darauf ab und gehe herum, um mich mit dem Rücken zur Glaswand mit Ausblick auf ein Firmengebäude auf den Schreibtischstuhl zu setzten und mich mit meinem Computer zu beschäftigen. Die E-mail über die Geschäftsreise ist das erste, das mir ins Auge fällt und lässt mich grübeln. Es ist nur ein Tag, aber ich will nicht zu viel riskieren.
Am liebsten würde ich Willow betäuben und mit mir herziehen, aber vielleicht kann ich das ja doch noch auf eine unauffälligere Weise machen. Deshalb das Geschenk. Schief hinblickend beobachte ich die Box. Wenn es gut läuft kann alles einfacher werden. Doch Willow hat bisher alles immer nur komplizierter gemacht, als nötig.


Willow pov.

Seufzend liege ich auf meinem Rücken und starre die Decke gelangweilt an. Wirklich empfinden tue ich nichts, aber die Langeweile wird immer größer. Wie lange soll das alles noch gehen? Bram kann mich doch niemals lange hier behalten.
Jedoch muss ich nervös schlucken, als ich an die vielen Argumente denken muss, die er mir gegeben hatte. Nur mit Mühe versuche ich mir einzureden, dass er im Unrecht ist. Das mich jemand bald suchen wird. Aber es ist wirklich schwer das zu glauben, wenn ich mit kaum jemanden ernsten Kontakt hatte.
Wehmütig verschränke ich die Finger ineinander, die auf meinem Bauch ruhn. Es ist wirklich schwer, wenn man mit seinen Gedanken alleine gelassen wird. In meinem alten...Zuhause, habe ich wenigstens immer laut Musik gehört, sobald ich anfing zu viel nachzudenken. Aber hier ist nichts. Es ist schon das Highlight meines Tages, wenn Bram seine zwei Besuche am Tag tätigt. Selbst die Besuche ins Bad werden etwas für mich, dass ich schon fast herwünsche. Ich würde alles tun, um aus diesem erdrückenden Raum zu kommen.
Dabei ist nichts schlimmes mehr passiert. Bram fängt an wieder vertraut zu wirken und ich laufe Gefahr, ihn Dinge zu fragen und sagen, die ich im Nachhinein bereuen könnte. Wie: Ob er nicht einfach normal weiter machen möchte. Das alles aufgeben und einsehen, dass ihm das nicht viel bringen wird.
Dem alten Bram habe ich sogar angeordnet das zu machen. Etwas, dass mir jetzt oft vors innere Auge abgespielt wird. Ihm habe ich ab einem gewissen Punkt alles direkt ins Gesicht gesagt. Aber wirklich gut war das wohl nicht. Und jetzt sowieso nicht, weshalb ich die ganzen gewohnten Gefühle umso mehr zurück halten muss.
Bram ist nicht Bram. Oder doch? Scheiße! Frustriert von den ganzen Gedanken greife ich nach dem Kissen über mir und presse es mir gegens Gesicht und rufe leise hinein, um Dampf loszuwerden. Es genügt, um mich wieder verstummen zu lassen und noch eine weitere gefühlte Ewigkeit einfach dazuliegen.

Erst, als an meinem Fenster das typische Orange der untergehenden Sonne wieder zu sehen ist, setze ich mich gespannt auf, doch versuche unberührt auszusehen, als Bram wieder in den Raum kommt. Dabei umarme ich das große Kissen und versuche nicht zu viel Augenkontakt zu begehen, während meine Gedanken neben ihm komischerweise erlischen.
Seine groben aber fast perfekten Hände reichen mir eine Schüssel mit einer Cremesuppe, die mehrere Brotstücke auf der Oberfläche schwimmen hat. Stumm nehme ich sie entgegen und spüre sofort eine wohlige Wärme durch meine Handflächen gleiten, während er sich wortlos vor mich setzt. Anscheinend will er das jetzt immer so machen. Bei mir bleiben, bis ich aufgegessen habe.
Dabei ignoriere ich ihn so gut wie möglich und versuche die Mahlzeit zu genießen, die meinen geschrumpften Bauch füllt.
"Was für Musik hörst du am liebsten?" fragt er kurz darauf, ohne den Blick von mir zu nehmen.
Ich lasse mir Zeit und lenke mich nebenbei mit dem rühren der Suppe ab. Dann zucke ich die Schultern. "Indi Rock, Pop, Klassisch?"
"Klassisch?" fragt er verwundert, doch als ich zu ihm aufsehe ist ein amüsiertes Lächeln auf seinem Gesicht.
"Manchmal. Wieso?" frage ich lustlos.
"Nur so. Es ist nicht unbedingt oft, dass ich das höre. Selbst mein Vater ist ein nicht so großer Fan davon." verwirrt, dass er ihn überhaupt erwähnt verziehe ich die Brauen, doch höre weiter interessiert zu, als sich seine Augen kaum merklich verdunkeln, "Wenn ich was mit Klassik zu tun hatte, dann eher durch meine Mutter. Sie hat es geliebt und uns als ich klein war desöfteren zu irgendwelchen Opern gezerrt."
Sein starrer Blick fällt kurzzeitig auf die Schüssel in meinen Händen, während sein Blick fern wirkt. Ich würde am liebsten fragen, wieso er in der Vergangenheit redet, aber schüttle es einfach ab und esse die letzten Löffel. Ich sollte mich nicht zu sehr für diesen Psychopathen interessieren. Mir egal, was er mit seinen Eltern gemacht hat. Auch wenn sie wahrscheinlich diejenigen sind, die mich überhaupt erst in diese Lage gebracht haben. Ich meine, sie haben ihn so großgezogen.

Einen Moment bleibt es noch still und ich merke währenddessen, wie er wieder angefangen hat mich zu beobachten.

I'll get youWhere stories live. Discover now