New Rochelle

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Mit schneller Atmung durfte ich mit ansehen, wie wir von Spencer durch die Stadt gefahren wurden direkt auf die 95ger bis nach New Rochelle. Die erdrückende Stille im Wagen hat mir keines Wegs mit der Panik geholfen, weshalb ich mich die ganze Zeit nur über Spencers Begrüßung wundern kann. Und dem Hintergedanken, ob Bram diese Typen vielleicht nicht doch noch verärgert und sie kurzer Hand entscheiden, mich nicht doch um die Ecke zu bringen. Ich kann nur darum beten, dass dieser Psycho einmal bei Sinnen bleibt und sich kontrolliert. Bei dem Gedanken an seinem Aggressionsproblem kribbelt mein Bauch unwohl und ich habe das Verlangen mich von allem abzukuppeln. Einfach die Augen verschließen und nicht mehr hier zu sein. Mich nicht mehr mit dem ganzen abgefuckten Kram zu beschäftigen in den ich immer wieder gezogen werde. Mein Leben wird wohl nie normal sein.
Dabei schien alles so gut zu laufen, sobald ich auf die Eckerfield kam und eine tolle Zeit mit Maddy verbringen durfte. Inzwischen frage ich mich, ob ich je wieder in eine solche Zeit zurückkommen werde, wo ich belanglos feiern gehen kann, Leute kennenlernen, lachend einen Film mit den Mädels gucken und einfach sorgenfrei sein.
Meine Gedanken schubsen mich immer weiter in die düsteren Ecken meines Verstandes, sodass ich mir leblos vorkomme, sobald wir in der Nähe des Zentrums der Stadt in eine Seitenstraße einbiegen und uns einem mehrstöckigen dunklen Gebäude nähern.
Die hellgrauen Treppen aus Beton schlängeln sich bis in die 10. Etage an der Außenfassade hoch und münden zu grauen Gängen, die einen von draußen zu den einzelnen Wohnungstüren bringen. Zwar ist New Rochelle bei weitem nicht so belebt, wie Manhattan, aber auf dieser Straße ist keine Seele zu sehen. Nur eine. Die eines eher schmächtigen, aber hoch gewachsenen Typens, den ich von den hinteren Sitzen nicht erkennen kann, der aber ein faules Gefühl in mir erweckt. Er steht vor dem Garagentor des Gebäudes und starrt uns mit bis zu den Augen hervorgezogener Kapute an, bis wir vor genau diesem Tor halten und er einen Schlüssel in dem dazugehören Mast dreht, damit sich uns das Tor öffnet.

Mit dem Wissen, dass wir gleich angekommen sind wird jegliches Gefühl in mir Taub und die Todesangst in mir lässt ein unerträgliches Klingeln in meinen Ohren aufkommen.
Sobald unter den ganzen Autos in der schlecht beleuchteten Halle der Motor abgestellt wird wird das Klingeln lauter und übertönt sogar meinen festen Herzschlag, der durch meine schmerzenden Glieder pulsiert. Ich habe jetzt schon so vieles überlebt, doch fühle mich immer noch so verwundbar, wie eine Ameise.
Mit einem Grinsen dreht sich Spencer mit seiner dunkelblonden Mähne zu mir, doch ich kann es nach der ganzen nervenzerreibenden Fahrt nur mit einem emotionslosen Blick entgegen nehmen. "Gleich wird es dir besser gehen." meint er, doch ich kann nicht deuten, ob es gut oder schlecht gemeint war, weshalb sich mein Körper instinktiv verkrampft. "Du musst nur das hier nehmen." öffnet er die kleine Klappe vor dem Anführer - dessen Name ich immer noch nicht kenne - und reicht mir ein kleines Fläschchen, dass vielleicht 5 Tropfen einer durchsichtigen Flüssigkeit in sich beeinhaltet. Erstarrend kann ich die geweiteten Augen nicht davon nehmen und muss automatisch an Gift denken. Es wäre doch einfach für sie. Abgeschirmt von Beton, keine Seele um uns und in einem Auto, damit sie meine Leiche ohne Umstände zur Küste fahren und mich im Meer entsorgen können.
"Keine Sorge, ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, solltest du doch entscheiden dir die Kehle auszuschreien, sobald wir die Treppen aufsteigen. Es macht dich nur ein wenig müde." lächelt Spencer, welches wohl beruhigend wirken soll, doch der irre Blick in seinen Augen lässt es nicht zu.
Sollte ich das nehmen, wäre ich vollkommen hilflos. Sie könnten alles mit mir tun und dieses Wissen, lässt mir die Galle aufsteigen. Wer weiß, was die wahren Intentionen des scheinbar charmanten Spencers sind. Ich möchte heulen und spüre auch die Tränen aufsteigen, solange ich das Mittel anstarre. So hatte ich mich nicht einmal bei Bram gefühlt. Bei diesen ganzen Fremden ist es eine andere Sache.
Doch habe ich eine Wahl?

Bei diesem Gedanken stirbt alles in mir ab. Selbst das zittern verschwindet.
Habe ich nicht.
Hatte ich nie. Selbst Bram meinte das.
Wieso mache ich mir überhaupt noch Gedanken? Mein Schicksal wird doch sowieso von anderen bestimmt und sobald ich etwas dagegen tun will, wird alles schlimmer.
Mit schwachen Finger nehme ich das Fläschchen und schaffe es gerade so es zu öffnen, bevor ich die kalte Flüssigkeit gefühllos runterschlucke. Ich bin nur eine Spielfigur der anderen.
Bedrückt gebe ich das Fläschchen zurück und starre nach unten, während sich tief in mir ein Schwindelgefühl bildet. "Na dann los!" höre ich Spencer, doch es ist, als käme es aus der Ferne, während ich mich mit meinem Schicksal abfinde.

Meine Augenlider sind schon unnatürlich schwer, sobald ich von Spencer vom Wagen weggeführt werde. Er hält mich an Arm und Schulter, während ich Schwierigkeiten habe nur den Boden anzusehen. Der Rest ist im Auto geblieben.
"Keine Sorge, die Wirkung hält nicht lange." brummt er neben mir und kommt mir plötzlich kühler vor, als zuvor. Oder meine Sinne trügen mich nur.

Es kommt mir, wie eine Ewigkeit vor, während wir die ganzen Treppen unter dem noch dunklen Morgenhimmel hinauf stampfen. Ich nehme nicht einmal war, wie wir einen Raum betreten und nur Stimmen aus der Ferne zu hören sind, während ich die stickige Luft versuche einzuatmen.
Der Schwindel bleibt erhalten und kracht vollkommen über mich zusammen, sobald ich auf etwas weiches geführt werde und zum hinlegen runtergedrückt werde.
Im inneren spüre ich eine leichte Panik vor dem, was gleich kommen mag, doch auch diese wird wohl von dem Mittel ertränkt. Bevor etwas weiteres gemacht wir drifte ich ab, ohne wirklich dagegen anzukämpfen. Es ist doch egal. Selbst wenn ich mich wehre, passiert es sowieso, also wozu noch versuchen?

I'll get youWhere stories live. Discover now