Boogeyman

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Die nächsten Tage verweilen in einer angenehmen Routine, wo Bram und ich ohne viel Gerede einfach im selben Zimmer hocken können. Sei es beim Essen, beim zocken oder im Kinoraum. Und auch wenn es nicht oft passiert, schafft er es genau zum richtigen Zeitpunkt einen kurzen Kuss auf mir zu platzieren. Sei es auf die Wange, meine Lippen oder sonst wo. Er versucht nichts, außer diese leichten Gesten und es macht mich verrückt. Es macht keinen Sinn. Und bei jedem Mal spüre ich, wie meine Wangen Rot vor Scham werden.
"Hier, sieh mal, was hälst du davon?" Er hält mir sein überteuertes Smartphone entgegen, während wir nebeneinander auf einem der Liegesessel im Kinoraum sitzen.

"Mirrors.." murmle ich den Titel mit zusammengekniffenen Augen laut, "Thriller und Mysterie. Also doch kein Horror?" Fragend richte ich den Blick zu ihm auf, wo ich ihn beim beobachten erwische. Seine dunklen Augen lassen sich nicht lesen, so wie oft zuvor. Ich weiß ein Ernstes nicht, wieso, aber letzte Zeit lasten seine Augen immer öfter mit diesem unergründlichen Blick auf mir. Als würde er versuchen, mich in einen Bann zu ziehen. Und zu meinem Bedauern klappt das manchmal sogar sehr gut. Jetzt jedoch kann ich dem standhalten.
Ein knappes Lächeln erscheint auf seinen Lippen. "Wie du willst. Der scheint gruselig genug zu sein, um deine Bedürfnisse nach Blut zu decken." rollt seine Stimme, als er das Handy wieder entzieht.

Mit verzogenem Gesicht sehe ich ihn an. "Deine Wortwahl hätte ruhig anders sein können."
Ein Grinsen, bestrahlt von dem Licht des Displays, kommt auf. "Ich sage nur, was Sache ist, Baby."

Augenrollend kann ich mir das genervte Grollen nicht unterdrücken. Diese Bezeichnung bringt mich zum kotzen. Und doch macht mein Herz dabei einen Satz, den ich jedoch sofort irgnoriere. "Mach ihn einfach an. Sonst suchst du noch ewig weiter."


Noch nicht richtig von dem Film überzeugt sitze ich mit verschrenkten Armen da und habe das eine Bein angewinkelt und das andere ausgestreckt. Etwas an dem Film stört mich. Er ist defintiv gruselig und ich erwische mich in einigen Momenten tatsächlich, wie ich angespannt auf die nächsten Handlungen warte, doch dann ist daran einfach etwas falsch.
Ein tiefes Seufzen ertönt neben mir und Bram platziert die Arme hinter seinen Kopf. Sein Gesicht ist glatt und die Augen wirken unbeeindruckt. "Ich weiß nicht.." brummt seine Stimme müde, "Der ist doch nicht so toll, wie erwartet." und sieht zu, wie in dem Film abartige Handabdrücke aus einem riesigen Spiegel versuchen auszubrechen.
Von seinem Gesicht unangetastet wegblickend zucke ich die Schultern.

"Reine Zeitverschwendung." ächzt er beim Abspann und drückt die Handflächen gegen seine Augen, während er den Kopf tief in den Nacken legt. Dabei präsentiert er seinen malerischen Adamsapfel, der seinen Hals perfekt ziert. Kurz erwische ich mich, wie mein Blick weiter zu seinem starken Schlüsselbein geht und versuche mich abrupt wieder abzustummen. Niemals werde ich zugeben, dass Bram heiß ist. Jedenfalls nicht laut. Schnell wende ich den Blick mit verschränkten Armen nach vorne und versuche mich daran zu erinnern, wie arschig er damals immer war. Und - wenn ich mein naives östrogen gesteurtes Ich doch daran erinnert darf - , dass er mich in diese Scheiß Situation gebracht hat. Aber inzwischen ist es, wie ein Traum für mich. Ich kann es nicht wirklich wahr haben, was dazu führt, dass sich alles oberflächlich anfühlt. Als wäre es vollkommen normal hier zu sein. "Willst du noch einen schauen oder bist du zu müde?" richtet er seinen verschlafenen Blick auf mich und ich kann nicht anders, als skeptisch in seine Augen zu sehen.
Natürlich gefällt mir die Idee, die Realität mit Filmen auszublenden, aber seit gestern habe ich ein komisches Gefühl bei Bram. Es ist nicht mal was großes passiert. Es hat sich einfach so entwickelt und inzwischen ist es zu einem Druck gewachsen, den ich nicht sonderlich einordnen kann.
Es fühlt sich jedoch...keine Ahnung. Es ist komisch und erinnert an das Gefühl der Angst. So, wie ein Moment, wo man glaubt, man wäre in Gefahr, doch man kann nicht sagen, ob es wirklich so ist oder einem der Verstand nur etwas vorgaukelt und umsonst ein nervenzereibenes Herzklopfen verursacht. Und genau ein solches Herzklopfen passiert in Brams Nähe. Es treibt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Also entscheide ich mich zum gehen.
Auf beiden Beinen stehend strecke ich mich ausgiebig und lasse dann die Arme schlapp fallen, bevor ich zu ihm sehe. "Darf ich ins Bad?"
Er lehnt immer noch, wie ein König, da und starrt mich mit einem beherrschenden Blick an. "Ja." meint er mit starker Stimme.
"Alleine?"
"Nein." grinst er auf und legt den Kopf schräg.
Es nicht anders erwartet verdrehe ich die Augen. Stumm gehe ich einfach zur Tür und höre, wie er mir folgt. Bevor ich die Klinke anfassen kann, spüre ich seinen Atmen über meinen Hals fegen und eine Hand auf meiner rechten Schulter. Erstarrt warte ich, bis er selbst die Klinke betätigt und mich nach oben eskortiert. Etwas, dass mich insgeheim wütend macht. Er folgt mir immer auf Schritt und Tritt. Umso mehr spricht mir die Idee zu, ihm etwas vorzuspielen und sobald er sich vollends darin verliert, ihn triumphal auslachen zu können, dass er doch so naiv sei.
Egal, wie nett er zu mir ist, mein Hass auf ihn wächst immer noch weiter. Und etwas anderes, bei dem ich mich wiederum weigere, es mir näher anzusehen.

An der Tür gegenüber meines Kerkers angekommen, tritt er plötzlich hinter mich in das schwarz gestaltete Bad, was mich stutzig macht. "Dir ist schon Bewusst, dass ich mir nicht nur die Zähne putzen will?" hebe ich eine Braue.
Mit entspannter Miene wendet er sich mir zu, nachdem er die Tür geschlossen hat und hat wieder diesen Blick drauf, der mich durchlöchert. "Ja, war mir klar, aber ich wollte mit dir reden." hallt seine Stimme ein wenig in dem dunklen Bad.

Überrumpelt verziehen sich meine Brauen. "Mit mir reden? Worüber?"
Mit zusammengezogenen Schultern steckt er die Hände in seine Hosentaschen und sieht überlegend zur Decke. "Hab ich vergessen."
Augen rollend wende ich mich ab und gehe zum Waschbecken. "Und ich dachte ich wäre die mit Alzheimer.."
Ich bin nicht einemal vor dem Marmorbecken angekommen, als ich auch schon vor meinem eigenen Spiegelbild zusammenzucke. Mit erhöhtem Puls fasse ich mir an die Brust und wende den Blick von meiner Reflektion ab. Scheiße. Es liegt nicht daran, dass ich wie ein Ungeheuer aussehe - vorallem mit dem zerzausten Dutt, den ich locker gebunden habe. Anscheinend hat mich der Film doch tiefer getroffen, als ich dachte.
"Was?" höre ich es amüsiert weiter hinten, "Dachtest du, gleich springt etwas aus dem Spiegel?"
Seine Präsenz ist darauf hinter mir zu spüren.
"Nein." versuche ich trotzig zu klingen, doch meine Stimme wackelt verräterisch, was ihm ein heiseres Lachen entlockt, während er meinen leicht hängenden Dutt anschnipst.
"Wieso siehst du dann dein Spiegelbild nicht an?"
Trotzig atme ich aus und überwinde die plötzliche Angst, die vom Film verursacht wurde, um mir selbst in die grünen Augen zu sehen. Wow, jetzt erwarte ich tatsächlich, dass mich meine eigene Reflexion umbringen wird, so wie es die Dinger in dem Film mit den Menschen gemacht haben, sobald sie sich selbst angesehen haben. Mich schauert es. Vor allem, weil Brams Reflexion gleich hinter mir zu sehen ist. Groß, dunkel und breit. Als würde Boogeyman hinter mir lauern. Alleine das lässt meine Lippen wieder verunsichert verziehen.

"Ohh," raunt es tief hinter mir und ich sehe im Spiegel mit an, wie er einen Arm plötzlich um meinen Bauch schlingt und mit der anderen Hand von hinten meinen Kiefer umpackt. Sein warmer Oberkörper gibt dabei schon seine Wärme ab, ohne meinen Rücken auch nur zu berühren. Selbst sein Kopf scheint zu glühen, als er diesen links und sehr dicht an meinen hält. Dabei sieht er schief grinsend zu unserem Spiegelbild und drückt meinen Kiefer ein wenig mit dem Daumen, "Siehst du diese Schönheit? Es wäre kein Wunder, wenn sich ein fieser Dämon darauf stürzen würde."

Kurz erstarre ich vor seinen Worten, bis ich entscheide, ihn nicht ernst zu nehmen und auch seine Berührung versuche zu ignorieren. "Redest du von dir?" patze ich unberührt und er lacht wieder heiser.
"Vielleicht. Aber ich wäre lieber der Dämon, der dich im ganzen Leib verschlingt." raunt er und presst seine Nase gegen meine Haare und atmet tief ein. Nicht, dass ich ihn schon als solchen in Gedanken bezeichnet habe.. Aber das rutscht sehr schnell in den Hintergrund, als sich sein einer Arm um meinen Bauch lockert, um mit seiner breiten Hand mein dunkelrotes Shirt hoch zu rücken und sie über meine nackte Haut fahren zu lassen, während er mir brummend ins Ohr beißt. Genüsslich und doch fordernd. Es lässt mein Blut gefrieren.
"Bram?" wackelt meine Stimme, doch seine Hand wandert weiter unter mein Shirt, um mich zu erkunden. "Bram, was wird das?" Ich dachte von nun an entscheide ich, wann wir uns näher kommen werden.
Die Finger, die immer noch um meinen Kiefer sind, drücken meinen Kopf zur Seite, damit mein Gesicht direkt vor seinem ist. Sein heißer Atem streift mein Kinn, während seine gesenkten Lider es nicht schaffen, das Lodern in seinen Augen zu bedecken, die auf meine Lippen hinabblicken. "Ich kann mich nicht mehr zurück halten und auf dich warten. Ich will dich. Jetzt." raunt er tief, doch fest. Und ohne auch nur auf meine Antwort zu warten presst er mir seine heißen Lippen auf den Mund, sodass ich keuchend in seinem Griff zusammenfahre.

I'll get youWhere stories live. Discover now