Strandhaus

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Erst wenn jeder mit Mixgetränken versorgt ist, hat Lennard sich bereit erklärt uns unsere Unterkunft für die Woche zu zeigen.
Den gesamten Weg über redet er mit Bram vor mir, während Maddy neben mir läuft und unbedingt den neusten Stand bei mir erfahren möchte. Vor allem von der Sache mit Bram. Den ich laut unseren Chats schon seit einiger Zeit, als meinen Freund bezeichne.
"Was ist das?" fragt sie dann ernst, während wir den Jungs durch einen kleinen Trampelpfad folgen.
Sie fragt es, als ich ein riesiges Blatt zur Seite schiebe und zeigt dabei direkt auf den Diamantring. In der Luft haltend mustere ich ihn. "Ach, den hatte mir Bram zum Geburtstag geschenkt." murmle ich gedankenverloren und werde von einem wohligen Schauer überfallen.
Sie greift so schnell nach meiner Hand, dass ich schon zusammenzucke, und zwingt mich stehen zu bleiben. "Ist das ein Verlobungsring?"
Meine Augen werden groß und ich schüttle panisch den Kopf. "Nein, so war das nicht gedacht. Es-" Oder war es das? Bei dieser Hinterfragung kehrt abrupte Stille in mir ein. Es fühlt sich so an, doch dann hätte er mich gefragt. "Ist es nicht." meine ich darauf entschlossen.

Kurz mustert sie mich noch, bevor sie meine Hand mit einem wissenden Grinsen loslässt und an ihrem Getränk schlürft. "Es ist wirklich ernst mit euch, was?"
Rotanlaufend kann ich sie nur anstarren.
"Ich hab es dir doch von Anfang an gesagt!" meint sie triumphal.
"Ey, was ist los da hinten?" Unser Gespräch abschließend sehen wir voraus, wo die Jungs schon weiter vorne auf uns warten. Dabei treffe ich auf Brams Blick, der mich eingehend mustert und plötzlich fällt alles um mich in den Hintergrund.
Sein dunkelgraues Oberteil weist an einigen Stellen feuchte Flecken auf, die an seiner Haut kleben und einige Konturen seiner Muskeln preisgeben. Auch seine Stirn glänzt durch die herrschende Hitze.
Er hört alles, zischt eine Stimme in mir, die ich aber nicht wirklich ernst nehme, während sein Blick mich einnimmt.
"Wir kommen ja schon." meckert Maddy im amüsierten Unterton und hackt sich bei mir unter, um mich mit sich zu ziehen. Wie in alten Zeiten. Jedoch fühlt es sich anders an, als zu damals.
"Alles gut?" brummt Bram leise, sobald wir bei ihnen sind und seine Finger streichen sachte, wie ein leichter Windstoß über meine linke Hand, bevor er sie auch schon zurück nimmt.
Unter seinem eindringlichen Blick spüre ich, wie Maddys Griff um mich stärker wird und verkneife mir das peinliche Lächeln, derweil ich hoffe, dass sie meinen verschnellerten Herzschlag nicht spürt. "Ja." meine ich atemlos und bin erleichtert, dass Lennard nicht auf uns wartet, sondern zielstrebig weitergeht, weshalb wir gezwungen sind, das Sprechen einzustellen und ihm durch die dichten Palmen zu folgen.


Ein kleines Strandhaus innerhalb einer Lichtung wird sichtbar, auf dessen Vernada wir treten. Lennard hält uns die Tür auf und obwohl ich normalerweise immer dicht hinter Bram gehen würde, um ihm überall hin zu folgen, ist es wegen Maddy, dass wir zuerst eintreten.
Alles besteht aus Holz, doch das Mobiliar ist nicht weniger teuer, als die der Villa. Dezente Kronleuchter hängen im Flur und sind schon im darauf folgenden Schlafzimmer zu entdecken.
Ein flauschiger Teppich liegt über dem Parkett und passt mit der hellen Farbe zu den weißen Sessel vor dem Doppelbett und dem weißen Kleiderschrank am Ende des Zimmers. Zur linken gibt es sogar noch einen Raum mit einer kleinen Küche und rechts ist noch eine Tür, die zu einem luxuriösen Badezimmer führt.
Für ein Strandhaus ist das definitiv zu schick eingerichtet.
"Hinten gibt es auch eine enge Tür, die zu einer kleinen Terasse führt, aber die werdet ihr wohl kaum brauchen." meint Lennard, der Bram die Schlüssel überreicht.

Etwas weiter erkenne ich unser Gepäck schon stehen. Erst dann löst sich Maddy von mir und mir wird kühler ums Herz, sobald mich ihre Wärme verlässt. Sie stellt ihr Glas auf einen der hölzernen Nachttische und lässt sich seufzend auf das frisch bezogene Bett fallen. "Ihr habt es ja schöner, als wir." meint sie verträumt und kuschelt sich in die weißen Decken.
"Hey.." brummt Lennard, was sie ihn böse lächelnd ansehen lässt.
"Keine Sorge. Deine Villa ist auch ganz nice. Aber ein kleines süßes Strandhaus mitten im Nirgendwo kann besser mithalten, als ein mit Betrunkenen überfüllter Palast, indem dich jeder hören kann."

Ihre zweideutige Unterhaltung nicht beachtend setze ich mich benommen neben sie auf dem Bett und lasse die Finger über die kühle Bettwäsche streichen.
Plötzlich fühlt sich alles zu real an. Jedes kleine Detail spüre ich mit jeder Faser und es ist so viel, dass ich die dabei entstehenden Emotionen nicht wahrnehmen kann. Ich sitze einfach gedankenverloren da und betrachte Maddys kurze, dafür wohlig geformte, Beine, die neben mir über der Bettkante hängen. Sie war schon immer der Hingucker schlichtweg. Dabei frage ich mich, was denn nun mit Orsin abgeht. Sind sie richtig zusammen? Doch vor den Jungs will ich sie das nicht fragen. Es ist sicherlich viel bei ihr passiert. Genauso, wie bei mir..
Verloren beobachte ich ihr entspanntes Gesicht, dass sich mit einem zarten Lächeln in die Bettdecke kuschelt. Ob sie überhaupt vermutet, was ich alles durchgemacht habe? Ob sie mir ansieht, dass ich eine Mörderin bin, genauso, wie mein Freund gleich wenige Meter von uns, der sich seelenruhig mit seinem Kumpel unterhält?
Normalerweise denke ich kein Stück über solche Dinge nach. Meine Gedanken sollten stumm gelegt sein, sollten schon versiegt sein. Doch Maddys Anwesenheit hält sie geradeso aufrecht, sodass ich mich nicht mehr in der Ungewissheit verstecken kann. Kein Nichts in mir aufrufen kann, dass mich die Realität nicht wahrnehmen lässt.

"So. Ihr habt doch sicherlich noch einige Jungssachen zu tun haben, oder?" setzt sich Maddy momentan auf. Ihre hellen Haare sind von dem Gewälze ein wenig verstrubbelt, weshalb ich sie ohne zu überlegen glatt streiche. Sie schenkt mir ein dankbares Lächeln und auch auf meinem leeren Gesicht, bildet sich ein schwaches zurück. Es ist eigenartig sie endlich bei mir zu wissen und ganz normal weiter zu machen, als wäre nie etwas geschehen.
"Was verstehst du unter Jungssachen?" höre ich Lennard brummen und drehe mich zum ersten Mal, seit wir das Haus betreten haben, wieder zu ihnen.
Brams Blick liegt immer noch auf mir. Als wäre er besorgt, weshalb ich ihm ein Lächeln schenke, doch es scheint ihn nicht so zu beruhigen, wie gewollt.
Maddy seufzt neben mir. "Keine Ahnung. Eine kleine Bromanceaction in deinem Schlafzimmer? Ein bisschen resseln im Schlamm? Einfach etwas! Ich würde jetzt nämlich gerne alleine mit meiner besten Freundin sein." krallt sie sich wieder besitzergreifend an mich, was mich ihre Wange an meiner Schulter spüren lässt. Doch dabei verstärkt sie nur das unwohle Gefühl in meinem Inneren, dass ich schon seit der Villa nicht identifizieren kann.
"Sie braucht Schlaf." brummt Bram und steckt die Hände in die Vordertaschen seiner dunklen Jeans.
"Dann legen wir uns zusammen für ein Nickerchen hin, während wir reden. Gott, seid nicht so kompliziert." stöhnt sie genervt, was Bram die Brauen verziehen lässt. Das ist nicht unbedingt gut.

"Ich glaube, das ist eine versteckte Nachricht dafür, dass er mit seiner Freundin alleine sein will. Bram ist nicht für das Teilen bekannt." schmunzelt Lennard und verschränkt die dicken Arme vor seinem Brustkorb.
Sie starren sich an. Ein wenig zu lange für meinen Geschmack.
"Tja, dann hat er eben Pech. Er hatte sie für fast die gesamten Ferien nur für sich. Jetzt bin ich dran!"
"Ihr könnt doch später eure sinnlosen Mädchengespräche führen. Während die beiden sich erholen kannst du gerne wieder mit mir zurück. Dann zeige ich dir auch den Jakusie, den niemand kennt." Ein schiefes Grinsen ziert Lennards Gesicht, während er Maddy gebannt anstarrt, die einfach nicht von mir ablässt. Sie hatte immer die Anhänglichkeit eines Kindes und verhält sich manchmal auch wie eines, aber genau das mag ich an ihr. Diese Unbesorgte Einstellung. Die dumpfe Seite, einfach alles zu tun und zu verlangen, was sie will.
Und dennoch frage ich mich, wieso Lennard sich so sehr für Bram einsetzt. Klar, sie sind dicke Freunde, aber jeder hätte in diesem Fall wohl nachgegeben.
"Nein, nicht, wenn ich Willow nicht für mich haben kann." Ihre Arme umschlingen meinen nun, wie eine Boa.

"Ist in Ordnung." kommt es plötzlich und ich sehe zu Brams durchlöchernden Blick auf. "Ich glaube, Willow würde es gut tun. Aber auch nur für eine kurze Zeit." Sein Blick versucht dabei eine stumme Frage an mich auszusenden, die ich in der Stille als einzige wahrnehme und nicke kaum merklich, was ihn die Schultern ein wenig senken lässt. Mir gefällt die Idee selbst nicht von ihm getrennt zu werden, aber ich rede mir ein, dass es mir gut gehen wird. Dass ich Maddy habe. Doch der harte Ausdruck auf seinem Gesicht bleibt, als er zu Lennard sieht. "Dann kannst du mir die Bootstellen zeigen. Vielleicht kann man später die Jetskis ausprobieren."
Lennard nickt und geht zur Eingangstür.
"Dennoch hoffe ich euch bald schlafend vorzufinden!" ruft Bram hinterher.
"Ja, Ja. Wie du willst, Daddy." verdreht sie die Augen und ich sehe sie erschrocken an, während ich unter der Sorge um sie auch eine gewissen Eifersucht spüre. Jedoch endet es damit, dass ich nur an Elena denken muss. Sie wird wohl nur wenige Tage bleiben, aber ich muss permanent daran denken, dass sie mir über den Weg laufen könnte. Ob sie schon da ist?

I'll get youWhere stories live. Discover now