Theos' Bande

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Seit dem Geschehen in dem Badezimmer lässt Bram wirklich nicht mehr von mir ab. Selbst jetzt, als ich mühevoll die Augen zum Sonnenlicht öffne, spüre ich seine Wärme hinter mir, derweil er meinen nackten Körper fest umschlungen hält.
Außnahmsweise fingen meine Träume diese Nacht wohlig an, mit der bildlichen Präsentation eines friedlichen Lebens mit Bram, doch zum Ende hin hatten dennoch die Seelen der Personen, die Bram genommen hat, es geschafft sich einzumischen. Vor allem Hunters kühles Ozeanblau hat versucht mich zu ertränken, gefolgt von dem gifitgen Grün von Theo, der mich scheinbar auch nach seinem Tod nicht in Ruhe lassen will.

Ich hatte meine Gefühle gestern eingesehen, doch komischerweise verteilt es ein Gewicht auf meiner Seele, dass sich nicht abwimmeln lässt. Sind wir deswegen jetzt richtig zusammen? Für Bram war das von Anfang an eine Beziehung, aber ist es jetzt auch eine für mich? Ich spüre ein Kribbeln in meinem Brauch bei dieser Vorstellung, aber der kranke Part der ganzen Sache lässt nicht locker. Ich wäre dann nicht nur gebrochen, sondern übergeschnappt, wenn ich der Person, die mein Leben vollends zerstört hatte, auch noch meine Liebe geben würde.


Zu allem Überfluss zwingt mich Bram dieses Frühstück auf seinem Schoß zu verbringen und doch verspüre ich deutlich mehr Hunger, als in den letzten Tagen zusammen, sodass es nur ein Schauer ist, der mich hier und da unterbricht, weil Bram gedankenverloren über meinen Rücken streicht.
Mit heißen Wangen meide ich seinen Blick, weshalb ich auf das Handy starre mit dem er sich die ganze Zeit beschäftigt. "Und du willst echt nichts essen?" frage ich kleinlaut.
Im Augenwinkel erkenne ich sein aufgrinsen, bevor er vom Display aufsieht und mir über die Haare streicht. Noch nie ist jemand so fürsorglich mit mir umgegangen, wie er es jetzt tut.
"Echt nicht. Mache dir keine Sorgen um mich."
Ein wohliger Schauer lässt mich verkrampfen und ich kämpfe gegen den plötzlichen Drang an mich an ihn schmiegen zu wollen. Ein kleiner Teil von mir wehrt sich immer noch und es macht mich verrückt. Ich will doch nur ein ruhiges Leben leben. Wieso kann das der restliche Verstand von mir nicht endlich zulassen? Darum versuche ich die panische Stimme in mir, die mir versucht zu verklickern, wie falsch mein Verhalten derzeit ist, einfach zu ignorieren.

Es scheint, als würde er noch etwas sagen wollen, doch auch jetzt ist es Rufus, der geräuschlos ins Penthouse kommt, der ihn unterbricht.
Peinlich berührt, dass er uns ausgerechnet so sieht, blicke ich erschrocken hoch, doch der Blumenstrauß in seinen Händen lässt meine Lage vergessen.
Mit emotionsloser Miene kommt er auf uns zu, weshalb Bram die Arme um mich legt, um mich hochzuheben und mich auf den Boden abzustellen, damit ich die Blumen entgegen nehmen kann.

Verdattert starre ich sie an, bevor ich mit blankem Kopf zu Rufus durchdringlichen Blick sehe. "Wofür?"
Doch er macht keine Anstalten, zu antworten.
"Die sind von mir." kommt es stattdessen von Bram, der mich auch beobachtet, nur nicht so eindringlich, wie sein Bodyguard.
Verloren sehe ich auf die zart rosanen Ranunkeln,  die tief verborgene dunkle Erinnerungen in mir hochkommen lassen. Doch sobald ich die Übelkeit spüre, die mit ihnen zusammenhängt, sorge ich dafür, dass sie auch dort bleiben. Ich will nicht mehr an damals denken. Darum versuche ich meine damaligen Lieblingsblumen wieder zu mögen, doch ein Lächeln gelingt mir trotzdem nicht. "Danke." hauche ich benommen und streiche über ihre Blüten. Selbst jetzt kommt in mir die Vermutung auf, dass ihre Ränder ein Gift in mich injezieren könnten, die mich umbringen oder mein Verhalten beeinflussen werden. Dieses Denken ist leider immer noch fest in mir verankert und die Stimme in mir beschuldigt Bram. Bram hat mir Blumen kaputt gemacht.

Dann wendet sich Rufus an ihn, als wäre diese Geste schon Vergangenheit. "Es konnten Leroy Hecks und George Ester ausfindig gemacht werden. Bei dem Rest sind wir auch kurz davor ihren jetzigen Standort herauszufinden. Sollen wir jetzt schon zugreifen?"
"Bereitet es vor und lasst sie von jemanden beschatten, der den Job auf Kommando erledigen kann. Ich will, dass sie alle gleichzeitig zur Strecke gebracht werden."

Erstarrend vergesse ich das Geschenk in meinen Armen und nehme auch ihren süßen Geruch nicht mehr wahr, als ich zu Bram hochsehe, der sich desinteressiert mit seiner leeren Kaffeetasse zur Küche wendet.
"Wen zur Strecke bringen?" frage ich erschüttert.
Er lässt sich mit der Antwort Zeit und spült die Tasse ab, um sie zum trocknen abzustellen, bevor er wieder zurück kommt. "Theos' Bande." meint er knapp und räumt mein Frühstück ab.
Mit großen Augen spüre ich, wie jegliches Blut meinen Körper verlässt. Das kann doch nicht wahr sein.
"Danke, Rufus. Benutze ruhig das Arbeitzimmer, um den Rest ausfindig zu machen. Ich will sie so schnell wie möglich von der Bildfläche."
Dieser nickt stumm, bevor er weggeht, doch ich kann den fassungslosen Blick nicht von Bram wenden, der so gelassen wirkt. "Aber wieso willst du sie umbringen? Wir sind doch sicher." hauche ich.
Seine braunen Augen schießen entschlossen zu mir. "Das sind wir." stimmt er mit dunkler Stimme zu, "Und ich bezweifle, dass sie sich jetzt noch an mich trauen werden. Aber ich will, dass sie büßen."
Sprachlos lege ich die nun zenterschweren Blumen auf den Tisch, während er das Geschirr in die Küche bringt. "Wofür?"
"Dass sie dich mir wegnehmen wollten." zischt er, "Ich werde sie nicht damit durchgehen lassen. Wer sündigt bekommt auch seine Strafe, egal, wie sehr sie es vielleicht bereuen."

Der Gedankensturm in mir summt mir in den Ohren und ich spüre eine kurze Erschütterung durch meinen Körper jagen. Er will weiter morden? "Wie kannst du mit dem Wissen leben, dass du unschuldige Menschen umbringst?"
"Sie sind nicht unschuldig." keift er und auch wenn der Zorn keines Wegs auf mich gerichtet ist, zucke ich zusammen.
Er hat recht, sind sie nicht, aber der Tod ist zu radikal. Dann schlägt mich schon die nächste Erkenntnis. "Spencer..." hauche ich leichenblass.
"Was?" dreht er sich zu mir.
"Du willst dann auch Spencer umbringen." antworte ich lauter. Ich weiß nicht, wieso es mich so schockiert, ihn bald unter den Toten zu wissen, aber ein Teil von mir will es nicht. So sehr mein Hass auf ihn bestehen bleibt und auch der von seinem eigenen Neffen damals, er gehört immer noch zu Hunter. Er hatte eine eigenartige Weise, seine Liebe zu zeigen, aber niemals hätte er Hunter etwas böses gewollt. Er war der einzige, um den sich Spencer wirklich kümmerte. Und auch wenn Hunter es nie zugegeben hatte, wusste ich, dass er Spencer dennoch ans Herz geschlossen hatte. So falsch wie es auch sein mochte. Und diese Verbindung zwischen ihnen, lässt meinen Hass vergessen. Auch wenn er einen miesen Charakter hat, der Fakt, dass er zu Hunter gehört, lässt mich ihn verschonen.
"Ja, will ich." gibt Bram unberührt von sich, was mich zurück bringt.
"Tue das nicht. Bitte."
Irritiert verzieht er die Brauen und kommt mir näher. "Wieso? Er hat dich vor mir versteckt. Sich über mich lustig gemacht."

Überfordert öffnen sich meine Lippen und versuchen in dem Gewirr meines Kopfes irgendwelche Worte herauszubringen. "Es gab genug Tote."
"Nicht annähernd."
"Bram," schluchze ich verzweifelt, "Ich bitte dich. Wir haben nichts davon, als weitere Seelen, die uns heimsuchen."
"Willow, ich will es und das reicht." zischt er leise zu mir gebückt, "Sie haben es nicht verdient zu leben. Sie dachten, sie können sich mit mir anlegen." schnaubend schüttelt er den Kopf und lächelt schief, "Das haben sie sich selbst zuzuschreiben."
"Wir brauchen das nicht." flüstere ich.
Einen Moment starrt er von oben auf mich ab. "Ich brauche das."

I'll get youWhere stories live. Discover now