Mundtot

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Die Tür schließt sich, als Maddy sich auch schon ruckartig zu mir dreht. "Jetzt sag mir endlich, wie es ist, mit Bram Chester zusammen zu sein! Ich muss das auch mal persönlich aus deinem Mund hören, denn ich kann es immer noch nicht glauben."
Erwartungsvoll sehen mich ihre kastanienbraunen Augen an und das Gold in ihnen strahl zusammen mit ihrem Lächeln.
Ich versuche auch ein Lächeln hervorzubringen, um normal zu wirken, doch es fühlt sich an, wie ein in sich brökelndes Gebäude. Wieso bin ich auf einmal so? Wir sind alleine. Keine Fremden Menschen um mich vor denen ich Angst haben muss. Und an sich bin ich doch glücklich. Also wieso kann ich das Maddy nicht zeigen?
"Es ist...schön." antworte ich wahrheitsgetreu und versuche schlechte Erinnerungen auszublenden. Und jetzt versucht noch etwas anderes in mir hochzukommen. Eine bestimmte Stimme, die versuchen wird mir alles mögliche einzureden, sobald ich ihr Kraft gebe.
"Sei nicht so langweilig. Mehr Details! Wie gut ist er im Bett?"

Mit großen Augen ignoriere ich die Röte, die sich jetzt wahrscheinlich auf meinem Gesicht breit macht, aber erzähle ihr so gut es geht, was ich mit Bram erlebt habe. Natürlich nur die harmlosen Dinge und in einem Weg, der nicht erzählt, dass er mich zu Anfang dazu gezwungen hat Zeit mit ihm zu verbringen.
"Ich bin immer noch überrascht, dass du dich letztendlich doch noch auf ihn eingelassen hast. Was hat deine Meinung geändert?" fragt sie überrumpelt.
Schwer schluckend presse ich die Lippen aufeinander. "Ich habe einfach gemerkt, dass da vielleicht doch mehr ist."

Sie nickt verstehend, bevor ein schiefes Lächeln auf ihr erscheint. "Und damit hast du wohl doch die Gratissachen akzeptiert, von denen ich dir immer erzählt habe."


"Jetzt musst du mir unbedingt das mit Orsin erklären." lehne ich mich zu ihr, während sie sich seufzend gegen den Bettrücken lehnt, doch das Grinsen nicht komplett unterdrücken kann, sobald sie an ihn denken muss.
"Wir haben nach der Party viel geschrieben und er ist sogar für zwei Tage nach Mount Elbert gekommen, um mich zu sehen." kreuseln sich ihre Mundwinkel verräterisch.
"Wie hat deine Familie darauf reagiert?"
"Gott, die wussten nichts davon!" antwortet sie sofort mit großen Augen, "Ich habe mich hin und wieder weggeschlichen und die eine Nacht in seinem Zimmer verbracht, dass er im selben Hotel, wie unserem gebucht hatte." Ein wissender Funke kommt in ihren Augen auf, der besagt, dass deutlich mehr, als Worte gewechselt wurden, "Hätte ich ihn meinen Eltern vorgestellt, hätten sie sich doch auf ihn gestürzt. Außerdem weiß ich nicht, ob ich das schon machen möchte.."
"Ihr seid also richtig zusammen?"
Verlegen massiert sie sich die Finger und beobachtet diese eingehend, um meinem Blick nicht standhalten zu müssen. "Schon. Irgendwie ist es mehr für mich, als erwartet."
"Und für ihn?"
"..Glaube auch." haucht sie leise. "Er will mich die ganze Zeit sehen und...ja, wir schlafen miteinandner." sieht sie mich mit einem untypischen Lächeln an, "Aber er ist der Erste, bei dem ich das Gefühl habe, dass das nicht alles für ihn ist. Jessi hatte ich deswegen in den Wind gestoßen."
Erstaunt hebe ich die Brauen. "Er wollte nur das eine?"
Nickend fährt sie fort. "Du kannst sowas nicht unbedingt sehen. Deshalb muss ich zugeben, dass ich mir ein wenig Sorgen mache. Um dich."
Verwirrt verziehe ich meine Lippen. "Um mich? Warum genau?"
"Ich habe Angst, dass du dir zu viel von Bram erhoffst.." meint sie leise und wirkt plötzlich ein wenig beschämt. "Ich weiß, ich habe dir damals gesagt, dass du ihn an dich ranlassen sollst. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es was ernstes wird. Vor allem für dich. Ich will nicht, dass er dich am Ende verlässt und du dich davon auffressen lässt, weißt du?"
Eine innere Stimme lacht schrill und hässlich auf, während ich das Gefühl habe, in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen.
Zittrig lege ich ihr die Hand behutsam auf den Schenkel. "Das wird er nicht. Da bin ich mir sicher." Und das sollte mich beruhigen, jedoch schießen mehrere Blitze gefüllt mit alten Erinnerung durch mein inneres Auge und ich verspüre einen Kloß in meinem Hals, der sich nicht wegschlucken lässt.

"Wirklich? Ich meine, klar, du warst schon in etlichen Beziehungen zuvor, aber du merkst die wahren Intentionen der Typen erst, wenn es zu spät ist, Willow.." sieht sie mich bemitleidend an, "Und Bram...Bram ist ein Schnösel, der es gewohnt ist, alles zu bekommen, was er will. Das hast du damals selbst gesagt."
"So ist er nicht." versuche ich fest zu klingen, doch das leichte Wackeln meiner Stimme ist nicht zu vermeiden. Vieles stürzt sich in diesem Moment auf mich. Und die gemischten Gefühle ersticken mich. "Verbringe mehr Zeit mit ihm und du wirst sehen, dass er gar nicht so schlimm ist." versuche ich zu lächeln.

Sie seufzt und sieht mich besorgt an, doch nickt darauf. "Okay."
Komischerweise verspüre ich eine leichte Erleichterung, doch die wird von einer Feststellung im nächsten Moment zerstört. Jetzt weiß ich, was mich die ganze Zeit so restlos hat fühlen lassen, sobald ich Maddy erblickt habe. Es ist die Angst vor dem, in was ich sie reinziehen könnte.
Ich bezweifle, dass Bram sie als eine Gefahr sieht, aber das ist jetzt. Was, wenn sie merkt, dass etwas faul ist? Wenn sie dahinter kommt, wie das mit Bram wirklich abgelaufen war und es sie nicht interessieren würde, dass ich es inzwischen akzeptiert habe? Nein, sogar will.
Sie würde ausflippen und die Behörden kontaktieren wollen. Das weiß ich genau. Und was wäre dann mit Bram?
Er würde sie umbringen.
Abrupt weicht mir das Blut aus dem Gesicht und ich spüre, wie mein Herz einen Schlag aussetzt. Einmal hat diese Stimme tatsächlich Recht. Es ist nicht daran zu zweifeln, dass Bram sie aus dem Weg räumen wird, wenn es nötig sein wird. Deshalb hat er versucht, mich von ihr wegzuholen. Deshalb, wollte er uns nicht alleine lassen und hat mich nicht aus den Augen gelassen. Er war nicht darum besorgt, dass ich von den ganzen Menschen panisch zusammenfallen würde, sondern, dass ich Maddy etwas erzählen könnte, dass ihm gar nicht passen würde.

Und das werde ich nicht. Ich darf nicht noch einmal zulassen, dass eine geliebte Person nur wegen meiner Dummheit stirbt. Nur, weil ich meine schwach zu sein, werde ich nicht wieder das Geheimnis ausplaudern, wie ich es bei Hunter gemacht hatte, sondern halte den Mund.
So bin ich es doch sowieso schon gewohnt.

"Schicke Shorts. Und dann noch von Levis. Sollte ich mir Sorgen machen, dass dich Brams Kohle bald besser aussehen lässt, als mich?"
Aus den Gedanken gerissen sehe ich zu Maddys verschmitzten Grinsen auf, die wohl meinen inneren Monolog gar nicht mitbekommen hat. Dann sehe ich auf die teuren Shorts, die Bram bei mir in New York gekauft hatte.
Sie ist wie immer in ihrer eigenen harmlosen Welt, die ihr die Unschuld bewahrt.
Und da soll sie auch bleiben.
Auch wenn das heißt, die Realität so zu biegen, wie es für sie am besten ist.

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