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Stumm kaue ich an dem Rührei, dass vor mir auf dem Tisch steht und halte das Gesicht so verdeckt, wie möglich, um die Person gegenüber von mir nicht ansehen zu müssen.
Ich verspüre immer noch einen leichten Scham gegenüber Bram und auch er scheint kein Wort über das Geschehen vor ein paar Tagen verlieren zu wollen. Wir beide sind seither eher ruhig und unser Wortwechsel eher mager. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich zu verhalten habe. Der Moment damals zwischen uns beiden...Er hat mich aus der Bahn geworfen.
Ich kann immer noch nicht realisieren, dass es sich gut angefühlt hat. Und zwar so richtig gut. Und es macht mich mulmig. Es hilft mir keines Wegs mit meinem eigentlichen Problem weiter.

Nach kurzem Schlucken traue ich mich doch verstohlen aufzusehen, doch Bram ist zu sehr vertieft in der Zeitung, die er zum Frühstück liest. Sein Blick ist so konzentriert auf das Papier gerichtet, dass man meinen könnte, er nimmt mich gar nicht war. Doch ich weiß es besser. Es ist die leichte Furche zwischen seinen Augenbrauen, die mir verrät, dass er sehrwohl Kenntnis von meiner Präsenz hat. Und ich weiß nicht, ob es etwas gutes verheißt.
In meiner Gegenwart ist er seither dauerhaft angespannt und meidet meistens meinen Blick, wenn wir zusammen sind.
Aber mir ergeht es nicht groß anders. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass wir so angetan waren, dass wir kein Kondom benutzt haben. Es war zum ersten Mal, dass ich es ohne getan habe und jetzt kann ich vollkommen nachvollziehen, wieso einige es nicht verwenden. Er hat sich abtrünnig gut angefühlt. Alleine dieser Gedanke lässt mein Gesicht wieder heiß werden. Oh Gott, was ist bloß los mit mir? Bin ich so sehr vom mangelnden Menschenkontakt angetan, dass ich Bram zum füllen benutze? Scheiße, ich weiß es nicht. Er ist es doch eigentlich, der mich benutzt. Nicht anders herum. Oder doch? Meine verstreuten Gedanken machen mich wahnsinnig. Nichts ergibt mehr Sinn für mich. Genausowenig, wie das Gefühl zwischen meinen Beinen, sobald ich an das letzte Mal auch nur denke.
Ich muss schnell einen anderen Weg finden, den ich mit Bram einschlagen kann, und der mich nicht mit ihm im Bett landen lässt, damit ich hier wegkomme.

Doch letztendlich kann ich nur frustriert seufzen und die Gabel auf den halbvollen Teller legen. Mir ist der Appetit vergangen.
Ich weiß nicht einmal, wie ich Rufus nun begegnen soll, wenn ich ihn tatsächlich noch zu Gesicht bekomme. Ich werde ihm definitiv nichts erzählen, aber wer weiß, was ihm Bram alles erzählt.
"Schon fertig?"

Aus den Gedanken gerissen, sehe ich zu seinem Brummen auf und der intensive Blick über die Zeitung hinweg, lässt mich schwer schlucken. "Ich- eh. Ja. Darf ich hoch?" frage ich leise und versuche seinen Augen standzuhalten.
Es bleibt einen Moment still und in unserem Blickkontakt, herrscht eine Anspannung, die sich mit vergehender Zeit aufbaut. Er atmet tief aus und faltet geduldig die Zeitung zusammen, bevor er aufsteht und sie achtlos auf den Tisch wirft. Mit festen, aber leisen, Schritten geht er um den Esstisch direkt an meine Seite, was mich ehrfürchtig zu ihm aufblicken lässt. Was geht denn jetzt ab?
"Steh auf." murmelt er ruhig und sieht mir nicht direkt in die Augen. Verunsichert verkrampfen meine Hände sich zu Fäusten, doch ich befolge seinem Befehl einfach und lasse meinen Stuhl nach hinten rücken, während ich mich auf die zittrigen Beine stelle.
Wieder atmet er tief aus, als wäre er erschöpft und seine Augen strahlen auf einmal etwas wie Verzweiflung aus, bevor er an mich heran tritt und die Hände um meine Wangen legt, um mein Gesicht direkt vor seines zu positionieren. "Ich weiß, dass das alles ein wenig zu viel für dich ist." raunt er leise gegen meine Lippen, "Aber ich will, dass du dich hier wohlfühlst, ok? Ich bin genauso verwirrt wie du, Willow." krächzt er, "Ich weiß nicht, wo wir stehen, und ich weiß, dass ich uns nicht in die beste Lage gebracht habe. Es macht mich ebenso verrückt. Ich will doch nur, dass es dir gut geht."

Ich schlucke schwer von seinen Worten, die mich in einen heiß-kalten Schauer werfen, der sich von meiner Brust aus über meinen gesamten Körper verbreitet. "Es geht mir gut." krächze ich, weil mir nichts besseres einfällt und entgehe seinem direkten Blick.
Er schnauft nur kurz und hebt den einen Mundwinkel, doch es ist nicht, weil er es witzig findet. "Geht es dir nicht. Ich merke es doch. Aber ich weiß, dass es dir nur gut gehen wird, wenn du in meiner Nähe bist. Wenn ich auf dich aufpassen kann." Zittrig atme ich ein, doch meine Lippen wollen keine Worte formen. "Die Sache von letztens-.."

Nichts. Er beendet den Satz nicht, sondern atmet wieder tief durch, während er die Augen schließt. Seine Nase reibt sich sachte an meine. "Du bist das Einzige, was ich brauche, Willow." brummt er leise und legt seine heißen Lippen auf meine Stirn, um sie für wenige Sekundenbruchteile dort verweilen zu lassen, bevor er sie mit seiner eigenen Stirn ersetzt. Seine Augen sind dabei geschlossen, doch ich kann den Blick nicht von ihm wenden. Seine Worte haben meinen Kopf entleert und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist ein Moment, der mich in ein tiefes Loch wirft, dass sich erstuanlich wohlig anfühlt.

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt