Jetzt ist alles gut

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Bram pov.

Seine blass-blauen Augen sind kaum wahrnehmbar, während er grinsend auf mich zu stampft.
"Genau das ist ja der Grund, wieso ich das hier besitze." brumme ich und bleibe zwei Schritte vor ihm stehen. Der Typ zeigt immer wieder, dass er es besser kann, als man denkt. "Was ist denn so dringend, dass du nicht nur auf mein Grundstück gekommen bist, sondern auch noch den Nerv hattest auf mich zu schießen?" verschränke ich die Arme.
Er ist ein Kopf größer und sicherlich auch breiter als ich, aber das schert mich keines Wegs. Sollte er was witziges vorhaben, nehme ich es mit ihm schon auf. Aber ich bezweifle, dass er etwas im Schilde führt.  Loyalität wird bei ihm groß geschrieben.
Er hebt die großen Hände und grinst schief. "Hey, ich habe nicht auf euch geschossen. Nur daneben. Ihr saßt so entspannt da, da wollte ich mir einen kleinen Spaß erlauben." Einen kleinen Spaß. Mit verengten Augen verschränke ich die Arme. "Okay, Spaß beiseite. Ich bin hier, weil der Typ, um den ich mich für dich kümmern sollte langsam gefährlich wird." Wird sein Gesicht sofort ernst und seine Augen fixieren mich.

"Wieso gefährlich? Ich dachte du hast ihn im Griff."
"Habe ich auch. Aber er ist auch nicht ganz ohne. Von dir wird er nichts erfahren, aber desto länger ich an einem Typen hänge, desto mehr begebe ich mich in Gefahr. Und langsam wird's wirklich heikel."
"Und was schlägst du vor?" lege ich den Kopf schief. Es ist echt Schade, dass er nie durchs Handy kommunizieren mag, sondern sich treffen muss, um sowas zu besprechen. Aber ich nehm's ihm nicht übel sichergehen zu wollen.
Er holt eine Packung Marlboro Rot hervor und zündet sich eine an. "Du meintest schon damals, dass er unwichtig ist. Nur ein Dorn im Auge, den du nicht mehr spüren willst." bläst er den Rauch mit verkrümmten Brauen aus, der sich seiner Augenfarbe anpasst.
Wartend sehe ich ihn an.
"Was ist, wenn ich dir diesen Dorn aus dem Auge entferne."
Musternd sehe ich ihn an. "Wieviel?"
"Für dich sinds nur 150.000. Rabatt für deine Sympathie." grinst er.
"Deal. Sicherlich machst du das auch für deine Verlobte, was?"

Sofort wird sein Blick eisern und das Grinsen erlischt. "Ich glaube, ich will sie genauso sehr beschützen, wie du deine dahinten. Das gehört leider dazu, wenn man sich mit mir zusammensetzt." raucht er seelenruhig weiter, aber ich merke das Zucken seiner Armmuskeln selbst unter der Lederjacke.
"Wann heiratet ihr endlich?" entfalte ich die Arme. Er ist kaum älter als ich und scheint schon tiefer im echten Leben zu stecken, als ich.
"Wenn der Moment gekommen ist." Er sieht sich im Wald um, "Du wirst schon davon erfahren, mein treuer Kunde." grinst er, "Das war auch schon alles dazu. Die Vorbereitung auf deinen anderen Kerl laufen schon, wenn ich beginnen kann kontaktiere ich dich. Er ist nun eben eine größere Nummer. Da braucht es mehr Zeit. Deine Zahl an Feinden scheint zu wachsen."
Grummend sehe ich weg. "Schon. Aber dafür habe ich Leute, wie dich. Du kennst das sicherlich selbst."

Er schnaubt lächelnd, ohne seine Augen darin zu beziehen. "Klar, aber um die kümmere ich mich lieber persönlich. Ich bin nicht reich geboren worden, wie du, Kumpel." dreht er sich weg und setzt zum Rückweg an.
"Wow, du nennst mich Kumpel." grinse ich schief.
"Wer weiß." geht er weiter, "Du gefällst mir. Ich hoffe für dich, du hintergehst mich nicht irgendwann. Dann wird dieser Weg eine ganz andere Richtung einnehmen."
"Solange du nichts machst. Denn ich kann es nur erwidern."
Darauf sagt er nichts mehr, sondern geht tiefer in den Wald. Das Vertrauen liegt wohl beiderseits.


Ich warte noch, bis er außer Sicht ist, bevor mich meine Unruhe wieder einholt und ich mich angespannt umdrehe. Ich hoffe, sie ist nicht zu weit gegangen. Mit schnellen Schritten gehe ich zurück zu dem Platz, wo unsere Decke liegt und der Korb immer noch umgekippt daliegt. Die Scherben der Weinflasche sind einfach überall. "Willow?" sage ich fest. Ich will nicht zu laut sein, während Jordan noch in der Nähe ist. Doch nach kurzem Warten passiert nichts. "Willow?" sage ich lauter, aber bis auf die Vögel höre ich nichts. Scheiße.
Sofort angespannt gehe ich einige Schritte voraus. Ich hoffe ihr ist nichts passiert, während ich weg war. Oder das Miststück ist abgehauen. Nein, das kann nicht sein. Sie darf es nicht. "Willow!" rufe ich laut aus und merke, wie ich mich mit jeder Sekunde mehr anspanne. Mir gefällt das nicht.


Willow pov.

Heilige Scheiße, was war das? Ich kann nicht glauben, dass eine so schöne Situation, eine solche Drehung einnehmen konnte. Ich muss immer noch gegen meine schnelle Atmung ankämpfen und habe nicht aufgehört in die selbe Richtung zu gehen, in die Bram mich geschickt hat. Vielleicht ist er ja inzwischen schon tot. Irgendwie gefällt mir das alles nicht.
Sofort lege ich die Hand über den Mund und kann nicht aufhören panisch um mich zu sehen, während die Äste unter meinem Gewicht unerträglich laut knacken. Was, wenn ich jetzt alleine hier bin, weil Bram es nicht zurück schafft? Was, wenn jemand inzwischen jagt auf mich macht. Scheiße! Ich sollte mich beruhigen.
Nochmal tief durchatmend werde ich langsamer. Er meinte, ich soll nicht zu weit laufen, aber ich glaube, dass habe ich in meiner Angst nicht so gut befolgt. Jetzt bin ich schon tiefer drinnen. Und vollkommen alleine.
Alleine?
Mit einem Mal bleibe ich stehen und sehe um mich. Ich kann auch niemanden hören. Mein Kopf wird klarer und mein gesunder Menschenverstand setzt ein. Ist das vielleicht die Chance auf die ich gewartet habe? Wieder sehe ich in die Richtung, in die ich gehen wollte. Ich könnte jetzt einfach losrennen. Der Wald ist groß, aber irgendwann werde ich sicherlich auf jemanden stoßen der mir helfen wird.
Du bist alles, was ich brauche.
Meine eigenen Gedanken lassen mich zusammenzucken. Das hatte mir Bram vor einigen Tagen gesagt und er meinte es ernst. Ich bin die Einzige für ihn. Er würde für mich über Berge und Meere gehen, wenn es sein muss. "Scheiße." zische ich atemlos und lege die Hand über die Brust. Mein Herz hört nicht auf zu rasen. Wieso kommt das alles ausgerechnet jetzt? Jetzt, wo es ernst ist, sollte ich mich aus meiner träumerischen Phase bringen. Jetzt hat nämlich die Realität zum ersten Mal richtig eingesetzt. So eine Chance werde ich nicht mehr so schnell bekommen.

"Bram, hör' auf, mich wie eine Gefangene zu betrachten."
"Bist du auch nicht."

"Du bist ein Arsch."
"Aber dein Arsch."

"Wir haben uns."

Wieso jetzt? Meine panische Atmung setzt wieder ein und sobald mein Kopf es wohl übertreiben will und mir sein atemberaubendes Lachen, wie auf einem Rekorder abspielt, fängt alles in mir an aufzublühen. Oh gott, ich merke etwas, dass ich nicht merken will. Ich sollte rennen. Jetzt.
"Willow!" Sein Ruf lässt mich rasant umdrehen und wie erstarrt in die Richtung sehen. Es ist weit, aber man merkt die Spannung darin. Wieder sehe ich den Weg entlang, der mich in meine Freiheit bringen könnte. Ich hätte einen guten Vorsprung. "Willow!"

Mit schmerzverzerrtem Gesicht sehe zu ihm. Im nächsten Moment wird es mir zu viel und ich vergrabe die Hände in den Haaren, während ich die Augen zum überlegen fest schließe. Das kann nicht wahr sein.
Du gehörst mir.

Wie eine Mausefalle, schnappt alles in mir zu. Mit keuchendem Atem renne ich los, aber in die Richtung, aus der seine Stimme kam. Die Stimme, an die ich mich wohl gewöhnt habe. Die Stimme, die mich an seine zärtlichen Berührungen erinnert.

Stolpernd lege ich den Weg zurück, bis ich ihn sehe. Vollkommen angespannt und mit loderdem Blick, doch sobald er mich an den Bäumen durchtreten sieht, wird sein Blick weich und seine Schultern sacken vor Erleichterung ab. Ohne Halt zu machen gehe ich schnell zu ihm.

Seine Fäuste lockern sich und seine Arme breiten sich nach mir aus. Von allem überfordert schaltet sich alles in mir runter und ich kann an nichts anderes, als an seine Umarmung denken, die mich von allem fernhalten soll.
Sobald ich mich an ihn kralle, umschließen sich seine Arme fest um mich und scheinen mich zu erpressen, doch ich lasse ihn. Ich schließe die Augen, während mein Kopf auf seiner harten Brust lehnt und atme seinen Geruch tief ein. "Du hast zu lange grbaucht." brummt er immer noch verärgert, aber er kann mir nicht böse sein. Das merkt man sofort.
Er umschlingt mich fest und gibt mir einen Kuss auf's Haar, den ich nicht wirklich wahrnehme. Ich will einfach von allem weg. Die Situation, meine Gedanken, meine Gefühle, einfach alles überfordert mich im Moment.

Meine Finger krallen sich an den Stoff an seinem Rücken und ich spüre, wie er den Kopf an meinen presst. "Jetzt ist alles gut." raunt er leise.
Jetzt ist alles gut.

I'll get youTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon