H.

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Meine Willow,

Da dir mein letzter Brief nicht gefallen hat, hoffe ich, dass dieser dich mehr anspricht. Denn ich kenne dich sehr wohl. Besser, als du es vielleicht zu verdenken magst. Und ich werde alles daran setzen, dich an meiner Seite zu haben.
Ich hatte letztens zwar erwähnt, dass du perfekt bist, aber tatsächlich gibt es Dinge an dir, die mich stören. Zum Beispiel deine Art, wie du nicht offen bist für Neues oder dir wegen anderen verwerfliche Lügen einredest. Aber das wird in Zukunft schon geändert werden.
Ich hoffe die Blume stimmt dein zartes Gemüt. Ich habe gehört, sie ist deine Lieblingssorte. ‚Du bist zauberhaft'. Perfekt für dich.
Denn meine Lust nach dir ist unbeschreiblich, aber ich warte, warte auf deine Antwort, die diesmal nicht über die Öffentlichkeit gemacht werden sollte. Andernfalls würde es unbequem werden. Denn normalerweise spiele auch ich ungern Spielchen. Ich hoffe, du verstehst, wie ernst mir die Sache ist.

H.


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Mit wild pochendem Herzen überfliege ich die Zeilen immer wieder und sitze verkrampft auf der Bank meines nächsten Seminares. Ich weiß nicht einmal mehr, was ich denken soll. Wie kann der von Nicolas sein? Oder ist es Bram? Nein, das macht keinen Sinn. Beide machen keinen Sinn. Und dann steht da noch 'H.'.
Verzweifelt seufze ich und kann den Brief einfach nicht senken. Er macht mir irgendwie Angst. Und wenn die Person tatsächlich mitbekommen hat, dass ich den ersten Brief nicht so charmant beantwortet und online gestellt habe, dann sollte sie doch unglaublich wütend sein oder wenigstens verletzt. Aber hier kommt kaum etwas davon herüber. Es ist schon fast erschreckend, wie in diesem Brief alles fast normal weiter geht. Als hätte ich nichts getan. Ist das überhaupt noch normal?

Scheiße. Frustriert klatsche ich den Brief auf meinen Tisch und sehe mich hilfesuchend im Raum um. Was soll ich jetzt tun? Der Verfasser meint es wohl wirklich ernst und ich weiß nicht, wie ich Kontakt mit ihm oder ihr aufnehmen soll. Wie kann man es überhaupt ernst mit mir nehmen? Ich bin niemand, also wieso muss man unbedingt mich anschreiben? Niedergeschlagen lasse ich mich über den Brief fallen und ignoriere die reinkommenden Studenten. Ich habe ausnahmsweise mal keinen Plan.


"Hast du vor am Samstag zu der Zeugnisvergabe der absolvierten Studenten zu gehen?" fragt mich Maddy, während sie die letzten Reste aus dem Joghurtbecher kratzt.
Erschöpft seufze ich aus und scrolle durch mein Handy. "Nein, keine Lust."
"Ach komm. Hast du Angst Bram zu begegnen oder was?"
Mutlos sehe ich zu ihr auf und dabei fällt mir die Ranunkel auf, die sie in eine Vase gestellt hat. "Zum einen, ja. Immerhin könnte er diesen Brief verfasst haben, obwohl ich ihn klar und deutlich abserviert habe. Aber auch, weil ich niemanden dort wirklich kenne. Also wozu?"
Tief druchatmend entsorgt sie den leeren Becher, bevor sie sich an der kleinen Kücheninsel abstützt und mich fixiert. "Aber wir haben einige vor einer Woche auf der Party kennengelernt. Und ich würde Orsin liebend gerne wiedersehen." grinst sie verträumt auf, "Außerdem wäre es eine Chance Bram zu fragen, ob er dir diese Briefe geschickt hat."

Erschrocken fahre ich zusammen. "Spinnst du? Niemals!"
"Aber wie willst du sonst herausfinden, von wem er ist. So schlimm klang der Brief jetzt auch nicht. Ich dachte es schert dich nicht, was Bram über dich denkt. Da kannst du auch mit einem peinlichen Brief ankommen und ihn danach nie wieder sehen."
Grübelnd wende ich mich ab. Letzte Zeit fällt es mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. "Ich gehe trotzdem nicht hin." Und das bleibt auch dabei, egal, wie sehr mich Maddy zu überzeugen versucht.

I'll get youWhere stories live. Discover now