104 - endurance

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Allein im Badezimmer trat ich an den Spiegel und musterte mich. Wie erbärmlich war ich eigentlich? Ich kämpfte um eine Freundschaft, die Louis gar nicht haben wollte und obwohl ich das wusste, konnte ich immer noch nicht loslassen? Warum fiel mir das so schwer? Warum war ich so abhängig von diesem Mann, durch den ich acht Jahre von Schmerz und Trauer in meinem Leben begleitet wurde? Louis hatte ja Recht, er hatte mich gewarnt, das ich durch diese Freundschaft verletzt werden könnte und ich hatte zugestimmt, aber doch nur, weil ich nicht geglaubt hatte, dass das wieder passieren würde. Mittlerweile war es fast einen Monat her, das Louis und ich beschlossen hatten, wieder Freunde zu werden, in diesen Wochen hatten wir so wundervolle Momente erlebt, wie hätte ich damit rechnen können, dass das alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt?

Außerdem tat es mir leid, das Louis scheinbar auch durch meinen Auftritt am Samstag Konsequenzen tragen musste. Hätte er am Freitag mit mir geredet und wäre nachdem Kuss nicht weggerannt, wäre das vielleicht alles nicht passiert, aber ich wollte ihm natürlich nicht die Schuld in die Schuhe schieben. Ich hatte mich entschieden, den Song zu singen, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen und ich hatte ihn und mich dadurch in Schwierigkeiten gebracht. Da war es nur ein schwacher Trost, dass Louis das Lied durchschaut hatte, denn im Endeffekt half es jetzt ja sowieso nicht. Von außen schien es bloß nicht so, als wären die Konsequenzen für ihn gravierend, aber selbst wenn wir noch so etwas wie Freunde wären, er hätte mir wahrscheinlich wieder gesagt, dass das ein Geheimnis sei, von dem er mir nicht erzählen kann.

Dennoch, damit hatte Louis mir ein weiteres Mal bestätigt, das noch so viel mehr hinter allem steckte, als ich wusste und als wir für diese kurze Zeit wieder befreundet gewesen waren, hatte er mir gesagt, wie gut es war, das ich so ein Durchhaltevermögen hatte und das ich bei ihm nicht aufgegeben hatte, vielleicht konnte ich auch deshalb nicht loslassen. Ich hatte immer noch die Hoffnung, das es für alles eine plausible Erklärung gab und das hinter Louis Geheimnissen die Lösung für all meine Probleme stecken würde. Doch was, wenn dem nicht so war? Ich wusste nicht, wie ich aus dem Vertrag kommen sollte, ich wusste nicht, wie ich bis zum Ende meines Lebens so viel verschweigen sollte und ich wusste nicht, was ich nach X-Factor tun sollte. Ich hatte gehofft, Louis Geheimnisse würden mir auf alles eine Antwort geben, doch jetzt, wo er gesagt hatte, das wir nicht einmal mehr Freunde waren, würde ich sie wahrscheinlich niemals erfahren.

In dieser Situation war ich allein. Niemand konnte mir daraus helfen, nicht einmal Zayn, Liam und Niall. Ich hatte mir das selbst eingebrockt, das war alles meine Schuld und da wollte ich sie nicht mit hineinziehen. Seufzend wandte ich den Blick von meinem Spiegelbild ab, ich konnte mich nicht länger ansehen. Ich war so schwach, ich war so dumm und vorallem war ich einfach nur ohne Plan. Jetzt hatte ich die Chance gehabt, mit Louis zu reden, ich hatte ihm so viel sagen wollen, ihn so viel fragen wollen, doch ich war nicht dazu gekommen. Seine Worte hatten mir kurzzeitig die Hoffnung genommen. Die Hoffnung zu kämpfen, die Hoffnung weiterzumachen und die Hoffnung auf Freundschaft. Und auch wenn er mir gesagt hatte, das ich ohne ihn und ohne X-Factor besser dran sein würde und ich eigentlich genau das hören wollte, um meine endgültige Entscheidung treffen zu können, es gelang mir immer noch nicht, denn irgendwas daran kam mir unfassbar falsch und seltsam vor.

Wie immer, wenn ich geweint hatte oder kurz davor gestanden hatte, spritzte ich mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht, um runterzukommen und um nicht mehr allzu verweint auszusehen, zumindest redete ich mir diesen Effekt ein. Ich fehlte schon wieder viel zu lang bei der Probe und musste langsam zurück, um nicht alles noch auffälliger werden zu lassen, also schaute ich mich doch noch einmal ein letztes Mal im Spiegel an. Ich sah ganz akzeptabel aus, zumindest so, das niemand Fragen stellen würde. Schnell trat ich auf den Flur und traf dort auf Acacia, die auch ins Bad wollte. ,,Harry", sagte sie freudig, ,,wie gefällt dir das neue Motto? Oder habt ihr das noch nicht gesagt bekommen?" ,,Doch, mir gefällt es, wird sicher ein Erlebnis zusammen mit einer Big Band aufzutreten und wie gefällt es dir?" ,,Auch gut, viel Spaß noch bei den Proben", sie schlüpfte an mir vorbei ins Badezimmer und ich atmete noch einige Male tief durch, ehe ich es schaffte, in den Gruppenraum zurückzukehren.

Louis stand gerade mit den Gesangslehrern zusammen und so schnell, wie es mir möglich war, löste ich meinen Blick von ihm, um nicht noch mehr Schmerz zu erleiden. Die Messerstiche, die er mir Freitag durch seine Worte verpasst hatte, saßen immer noch tief, dazu sein Verhalten und das Gespräch gerade, ich musste mich schwer zusammenreißen, überhaupt noch atmen zu können. ,,Harry, geht es dir wieder besser? Du bist zumindest nicht mehr so blass", Brendan kam auf mich zu und musterte mich besorgt. ,,Ja, es geht schon, danke der Nachfrage", erwiderte ich, eine weitere Lüge, am liebsten wollte ich Brendan die Wahrheit ins Gesicht schreien, aber da ich meine Klappe schon einmal nicht halten konnte und dadurch vielleicht auf Ibiza einen Insider erschaffen hatte, war mir nicht möglich, Brendan irgendwas zu erzählen. Dabei hatte es sich immer so gut angefühlt, mit Brendan zu sprechen. Ich hatte mich verstanden gefühlt und durch meine Hilfe bei dem Finden seiner Sexualität hatte ich sowieso das Gefühl, das wir ein besonderes Band geknüpft hatten.

Außerdem wusste er vieles, was Louis und mich betrifft, es würde vielleicht nicht mehr so viel Unterschied machen, wenn ich ihm jetzt noch irgendwas anvertraue, sollte er aber der Insider sein und sollte er wieder etwas der Presse erzählen, dann würde es einen großen Unterschied machen. ,,Harry?" Brendan sah mich fragend an, scheinbar hatte er irgendetwas gesagt, bloß hatte ich keine Ahnung, was. ,,Tut mir leid, hast du was gefragt?" Entschuldigend sah ich ihn an. ,,Eigentlich nur, ob du diese Nacht im X-Factor Haus bleibst und ob wir dann heute Abend einen Film gucken wollen, wenn du aber lieber nachdenken möchtest oder so..ich will dich natürlich nicht stören." ,,Nein Brendan, tut mir leid, wirklich alles. Das ich unsere Freundschaft so habe schleifen lassen und ich bleibe heute Nacht hier. Einen Film mit dir zu gucken, fände ich schön, wenn du das noch möchtest", gab ich zurück, spürte dabei einen stechenden Blick auf mir, der aber nicht von Brendan stammte.

Kurz und unauffällig sah ich mich um, nur um in Louis eisblaue Augen zu schauen, die gerade genauso eine Kälte ausstrahlten, wie die Farbe es verheißen ließ. Sobald er aber meinen Blick bemerkte, drehte er sich wieder zu Megan, um ihren Ideen zuzuhören, während ich wieder zu Brendan schaute, um mir seine Antwort anzuhören. ,,Das muss dir nicht leid tun Harry. Wie schon heute Morgen gesagt, ich kann verstehen, dass du so viel um die Ohren hast und solltest du irgendwann darüber reden wollen, bin ich hier, um dir beizustehen. Also, dann schauen wir heute Abend einen Film", sagte Brendan, dankbar sah ich ihn an und stimmte lachend zu, als er sich wünschte, den Film aussuchen zu dürfen.

Der Gesangsunterricht ging noch den restlichen Tag lang nur mit einer kurzen Mittagspause. In dieser verabschiedete Louis sich und kehrte auch nicht mehr zurück. Zwar konnte ich dadurch nicht noch einmal das Gespräch mit ihm suchen, noch mehr Dinge anmerken, die mir auf dem Herzen lagen, aber vielleicht hatten alle meine Freunde auch Recht und mir würde etwas Abstand von Louis mal gut tun. Zudem war ich mit Brendan gut abgelenkt, bei ihm fühlte ich mich endlich einmal wieder wie ein normaler Junge und ich dachte nicht eine Sekunde an Louis. Wir machten uns Pizza selbst, hatten dabei schon einen riesen Spaß und sobald sie fertig gebacken war, setzten wir uns mit dieser ins Wohnzimmer, wo wir den Film schauten, für welchen Brendan sich entschieden hatte. 'Love, Actually', als hätte er gewusst, dass das einer meiner Lieblingsfilme war.

Zum Glück ließen uns auch die anderen Kandidaten in Ruhe, sodass es ein entspannter Abend war, den ich nach diesem Tag auch echt gebrauchen konnte. Nachdem der Abspann des Filmes gelaufen war, brachten wir unsere Teller in die Küche und verschwanden dann leise auf unser Zimmer, da viele Kandidaten schon schliefen. Dalton hatte auch schon die Augen geschlossen und döste immer wieder weg, weshalb Brendan und ich uns ebenfalls in stummer Absprache dazu entschlossen, ins Bett zu gehen. Kaum hatten wir uns fertig gemacht und lagen im Bett, kamen die Gedanken an Louis zurück und waren dazu bereit, mich fertig zu machen, weshalb ich nicht lange überlegte und Brendan fragte, ob ich bei ihm schlafen könnte. Er lächelte nur, rückte ein Stück beseite und hob die Decke an, weshalb ich mich dankbar neben ihn legte. Schon gleich ging es mir etwas besser und als ich es schaffte, die Augen zu schließen, ohne dabei Louis Gesicht vor meinem inneren Auge zu sehen, schaffte ich es endlich, einzuschlafen.

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So wie Louis sich verhält, entspricht das wohl nicht ganz dem, was er gesagt hat, oder..? Und ob Harry vor Brendan noch lange dicht halten kann?

An die, die sich Sorgen machen oder das Drama kaum noch aushalten, Larry ist nicht mehr fern, also wenn ihr bis dahin noch durchhalten wollt😳❤
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt