18 - deliberationsround

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Eher als erwartet meldete sich eine Mitarbeiterin der Fernsehsendung X-Factor schon einen Tag später bei mir, was wohl aber auch daran lag, dass ich erst am letzten Tag der Auditions dort aufgekreuzt war. Am Telefon wurde mir erzählt, dass bevor die Aufteilung in die vier Kategorien erfolgte, von denen jeder Juror eine übernehmen würde, rund die Hälfte der Kandidaten durch einfaches Ausschlussverfahren anhand der einen Audition eleminiert werden würde. Sie nannten es 'Deliberationsround'. Bedeutet, die Jury bespricht an einem Tag, welche Auditions sie gut fanden und welche nicht. Dies wird dann in zwei Hälften geteilt und nur die bessere Hälfte kommt weiter. Das heißt trotz meinen vier Ja's war nicht sicher, ob ich noch einmal bei der Show singen würde.

Denn seit 2010 hatte sich bei der Sendung viel verändert. Es kam zumindest in diesem Jahr kein Bootcamp mehr, sondern anstelle dessen diese Diskussionsrunde und danach eine Six Chair Challenge, in die ich jetzt nur kommen würde, wenn die Jury mich mit Glück der besseren Hälfte zuteilte. Und ich konnte mir vorstellen, wenn Louis mich erkannt hatte, würde er das definitiv nicht unterstützen. Er wollte sich nicht mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen und erst recht nicht mit mir. Zumindest konnte ich mir das von ihm mehr als nur gut vorstellen. Ich bezweifelte also, dass ich die Diskussionsrunde überstand und zur Six Chair Challenge weitergelassen wurde, weshalb ich auch mit relativ entspannter Laune am 30. Juli wieder die Londoner Wembley Arena betrat, um das Ergebnis zu erfahren.

Niall und Liam, die mich heute leider nicht begleiten konnten, da es nur für die Kandidaten alleine zugänglich war, waren der festen Überzeugung, dass ich weiter kommen würde, aber nach meiner letzten kleinen Heulattacke hoffte ich sogar fast schon ein bisschen, dass das heute mein Ende der Reise war, auch wenn ich meinen Traum vom Singen gerne erfüllen wollte. Durch das Ausscheiden aus der Talentshow könnte ich zwar nicht Knall auf Fall über Louis hinweg kommen, aber zurück in die Bäckerei gehen und ihn dort zwischen Kuchen, Brötchen und allen möglichen Leckereien langsam aber sicher vergessen. Obwohl, vergessen würde ich ihn nie, zumindest aber den Schmerz irgendwann nicht mehr so stark in der Brust spüren.

Über zweihundert Kandidaten fanden sich im großen Wartebereich der Arena ein. Einige hingen am Handy, andere unterhielten sich, jeder ging anders mit der Nervosität um. Ich persönlich schaute mir die Kandidaten an und überlegte wer davon für mich nach einem guten Sänger aussah. Natürlich war hier jeder ein guter Sänger, sonst wäre man jetzt nicht hier gelandet, aber wer das Potential hatte, auch wirklich Karriere zu machen. Es war ein interessantes, wenn auch einsames Ratespielchen, um mir ein wenig die Zeit zu vertreiben. Viel weniger als die Hälfte der hier anwesenden Kandidaten würde heute weiter kommen, das wurde mir immer mehr bewusst, auch wenn die Frau am Telefon es noch anders betont hatte im Sinne von es besteht eine 50:50 Chance. Wahrscheinlich wollte sie die Hoffnung noch nicht nehmen und das alles irgendwie beschönigen.

Als alle Kandidaten sich eingefunden hatten, was durch einen einfachen Haken hinter dem Namen geklärt wurde, trat ein Mann in den Raum, in der Hand ein Klemmbrett. ,,Also ihr werdet jetzt in zwei Gruppen aufgeteilt und danach in dieser Gruppe zur Jury gelassen, die euch verkünden wird, ob ihr weiter seid oder nicht. Ich lese jetzt einige Namen vor, diese Personen sind die erste Gruppe, stehen bitte auf und folgen mir." Einige Namen war untertrieben gesagt, seine Liste hörte fast schon nicht mehr auf, mein Herz klopfte nun doch, trotz meiner anfänglichen entspannten Einstellung, doch keiner der Namen war meiner. ,,Nun folgt mir bitte." Sie verschwanden allesamt in einem angrenzenden Raum und ließen meines Erachtens nach etwas weniger als die Hälfte der Kandidaten zurück, darunter auch mich. Ich konnte absolut nicht einschätzen, ob das jetzt positiv oder negativ war.

Was mir noch viel mehr Sorgen bereitete war der Fakt, dass ich gleich wieder mit Louis in einem Raum sein würde. Diesmal könnte er mich nach dem Dreh sogar ansprechen, was bei den Auditions nicht möglich gewesen war. Er hätte dort schlecht vor dem ganzen Publikum von seinem Stuhl aufstehen und mir hinterher gehen können. Aber auch jetzt machte ich mir keine großen Hoffnungen und ich dachte auch nicht daran, dass ich wollen würde, das Louis mich anspricht. Lieber wollte ich danach schnellstmöglich von hier verschwinden und nur wiederkommen, falls ich weiter kommen sollte, wovon ich immer noch nicht ausging.

Nach knapp einer halben Stunde kam der Mann wieder in den Raum und rief uns als zweite Gruppe auf. Wo die erste Gruppe war wusste ich nicht, wahrscheinlich wurde sie aber solange versteckt, bis auch wir das Ergebnis erfahren hatten und vorher nichts an ihren Emotionen ablesen konnten. Auch uns führte er in den nächsten Raum, die Jury war aber noch nicht da. ,,Also, das hier wird alles für die Sendung aufgenommen. Unabhängig davon, ob das Ergebnis gleich positiv oder negativ ausfällt, bitte zeigt so viele Emotionen wie ihr könnt. Sobald es dann im Fernsehen läuft macht es das für den Fernsehzuschauer viel authentischer", wurde uns erklärt, wobei ich zum ersten Mal hautnah dabei war um zu erleben, wie gescriptet das Fernsehen sein konnte. ,,Dann gehts los. Action", wurde gerufen und es kam mir fast schon so vor, als würden wir einen Film drehen, keine Sendung, wo man man selbst sein konnte.

Kameras nahmen jeden Blickwinkel auf, überall waren extra Softboxen aufgestellt, um mehr Licht zu spenden und etliche Tonmikrophone hingen von der Decke. Ich versteckte mich relativ in der Mitte der Gruppe, um nicht aufzufallen und starrte auf die Tür, durch die nur wenige Sekunden später die Jury kam. Simon, Ayda, Robbie und zu guter letzt Louis. Ich wusste nicht, ob man innerhalb von zwei Tagen noch schöner werden konnte, aber Louis wirkte auf mich so. Bis ich realisierte was ich dachte und den Gedanken schnell beiseite schob. Louis war vielleicht ganz hübsch, aber für mich war er nicht mehr attraktiv. Er starrte ohnehin nur stur geradeaus und schien gar keinen Spaß zu haben.

,,Wir haben gestern und heute damit verbracht von euch allen noch einmal die Audition anzusehen, von etwa zweihundert die durch die Auditions durchgekommen sind, seit ihr nun vierundsechzig, egal ob Junge, Mädchen oder Gruppe. Und bei euch Talenten haben wir nur eine Antwort gesehen..", während Robbie sprach schlug mir mein Herz bis zum Hals. Ich hätte nicht gedacht, dass ich doch so aufgeregt sein werde. Ich mochte einfach nicht lange auf die Folter gespannt werden. ,,Herzlichen Glückwunsch, ihr seid alle bei der Six Chair Challenge dabei", Simon sprach die erlösenden Worte und mein Herz war so erleichtert, dass die Spannung ein Ende hatte, weshalb ich sogar tatsächlich lächeln musste. Auch wenn ich im Inneren noch sehr skeptisch war, wie gebeten freute ich mir vor der Kamera und wurde dabei auch von irgendeinem anderen Kandidaten umarmt.

,,Ihr werdet jetzt nun in vier Gruppen eingeteilt. In Mädchen, Jungs, Gruppen und die Over's und in seperate Räume gebracht. Danach werdet ihr und auch die Jurymitglieder zum ersten Mal erfahren, welcher Gruppe sie als Mentor zugeteilt wurden", erklärte Dermot O'Leary, welcher als Moderator der Sendung schon wieder dabei war, während die Jury den Raum verließ. Das Louis mich gesehen hatte, glaubte ich nicht. Zunächst wurden die Mädchen aufgerufen, dann die Over's, daraufhin die Gruppen und zum Schluss die Jungs, zu welcher Gruppe auch ich gehörte. Jeder Kategorie wohnten sechzehn Mitglieder bei, wobei die Gruppen als Ganzes auch nur jeweils als eins gezählt wurden. Sonst waren es so gesehen natürlich mehr Kandidaten in dieser Kategorie.

Wir Jungs folgten der Frau, die uns ausgerufen hatte, in einen Raum ein paar Türen weiter. Auch hier war schon ein großes Kamerateam vor Ort und alles aufgebaut. ,,Stellt euch hier bitte auf und schaut auf die Tür, wir fangen dann schon an zu filmen, damit weder die Reaktion des Jurors noch eure verpasst wird. Wie gerade, freut euch bitte, egal ob das nun euer Wunschmentor ist oder nicht." Die Anweisungen nervten mich jetzt schon, aber man konnte es nicht ändern. Leider konnte ich mich bei sechzehn Jungs nicht mehr so gut verstecken, dennoch stellte ich mich in die letzte Reihe und machte mich so klein wie möglich, in der Hoffnung, dass Louis nicht unser Mentor war. Wieder wurde ein ,,Action", durch den Raum gerufen, damit klar war das gefilmt wurde und als die Tür aufging wollte ich das alles einfach nur ganz schnell abbrechen.

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Wen Harry da bloß als Mentor bekommen hat?😹
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt