90 - dream like

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So gut wie neben Louis hatte ich schon lange nicht mehr geschlafen und als ich am nächsten Morgen aufwachte, glaubte ich immer noch zu träumen. Er lag mit dem Oberkörper angekuschelt an meinen Rücken, seine Arme hatten mich umschlossen und seinen Atem spürte ich in meinem Nacken, was mir eine Gänsehaut bereitete. Ich wusste absolut nicht, wie ich darauf reagieren sollte, ich würde lügen, würde ich sagen, dass sich das gerade nicht wundervoll anfühlte, aber ich hatte absolut keine Ahnung, wie Louis dazu stand. Früher hatten wir andauernd so geschlafen, gekuschelt und uns zum Schlafen gehen sogar einen Kuss auf die Wange gegeben, früher waren wir aber auch noch unzertrennliche beste Freunde gewesen und er hatte keine Freundin gehabt.

Seufzend schloss ich die Augen und gab dem Willen der Schmetterlinge in meinem Bauch nach. Ich genoss einfach die Nähe zu Louis, solange sie mir geschenkt wurde, dementsprechend also solange, bis er aufwachen würde. Zu meinem Glück oder zu meinem Pech, je nachdem von welcher Seite man es betrachtete, schlief Louis noch eine ganze Stunde weiter, ehe ich hörte wie er gähnte und langsam aber sicher aufwachte. Sofort entfernte er sich von mir, auch wenn mir das ein wenig im Herzen weh tat, konnte ich es verstehen. Er hatte das sicher nur im Schlaf automatisch gemacht und es nicht mit Absicht gewollt. ,,Harry?", hörte ich Louis fragen, er wollte testen, ob ich wach war, doch ich reagierte nicht darauf, behielt die Augen weiter geschlossen, atmete in regelmäßigen Abständen und verkaufte damit Louis genau was ich wollte, nämlich das ich noch schlafen würde und von alldem nichts mitbekommen hatte.

Sobald Louis sich sicher war, dass ich noch schlief, stand er auf, streckte sich einmal und verließ dann das Zimmer. Ich atmete tief durch, zählte von zehn runter und öffnete dann die Augen. Frustriert schlug ich die Bettdecke beiseite und setzte mich etwas weiter auf. Ich durfte mir keine Hoffnungen machen, das zwischen Louis und mir würde nie mehr werden als Freundschaft, wenn die Freundschaft überhaupt funktionieren würde, denn selbst das stand ja noch in den Sternen. Aber es war so schwer, schon so lange schwärmte ich für Louis, schon so lange hatte ich es unterdrückt und kleingeredet, mir immer wieder gesagt, dass ich mir die Gefühle nur eingebildet hatte, aber sie waren da, ziemlich präsent und mit jedem Tag, den Louis und ich Fortschritte machten, machten sich die Schmetterlinge mehr Hoffnung.

Zur Ablenkung schaute ich mich in dem Zimmer um und musste lächeln, als ich das Familienportrait der Tomlinsons an der Wand erblickte, eine Zeit in der noch niemand geglaubt hatte, dass das Glück der Familie zerstört werden könnte. Auch wenn hier zwischendurch, bis Louis das Haus zurückgekauft hatte, eine andere Familie gewohnt hatte, merkte man dies nur an wenigen ganz kleinen Details. So könnte man meinen, dass Jay selbst diesen Raum eingerichtet hatte, denn noch ziemlich viel Deko von damals war erhalten und stand nun wieder an Ort und Stelle. Nur die Blumen und Pflanzen wurden durch unechte Varianten ersetzt, denn selbst wenn Louis hier öfter war, für Blumen gießen war es dann wohl doch zu wenig.

Das Louis mich gestern zum Friedhof gefahren hatte, fand ich immer noch unglaublich stark von ihm. Er musste schreckliche Schuldgefühle haben, weil er einen von Jays letzten Wünschen, mich zur Beerdigung einzuladen, nicht erfüllt hatte, aber ich konnte ihm darum wirklich nicht böse sein. So gerne ich für Louis und seine Geschwister dagewesen und zu diesem Zeitpunkt von Johannah Abschied genommen hätte, ich respektierte seine Entscheidung und wenn er sich nicht wohl damit gefühlt hatte, mich einzuladen, dann war dem so. Dafür hatte ich gestern aber das Gefühl gehabt, dass der Tag uns beide sehr weit gebracht hatte, der Abschied von Jay und alles drumherum hatte uns emotional ein ganzes Stück zusammen rücken lassen und das war wirklich, was wir beide brauchten. Auch wenn Louis noch unsicher und skeptisch war in manchen Situationen, überwiegend ließ er sich auf alles ein und trug genauso viel zur Freundschaft bei, wie ich.

Gerade als ich glaubte, genug gewartet zu haben und nun auch aufstehen zu können, öffnete sich plötzlich die Tür und Louis trat mit einem Tablett in den Händen ein. ,,Auch mal wach du Schlafmütze?", begrüßte er mich freudestrahlend, als hätten wir vor wenigen Minuten nicht eng umschlungen in diesem Bett gelegen. Immerhin schien er mir wirklich abgekauft zu haben, dass ich noch geschlafen hatte, andernfalls hätte das wirklich komisch werden können, denn ich wusste nicht, ob unsere Freundschaft schon wieder so weit war, das wir uns körperlich so nahe kommen konnten. ,,Ja, ich war wohl von gestern doch ziemlich fertig, mehr als ich gedacht hatte", murmelte ich und betrachtete dann, was Louis auf dem Tablett hereingebracht hatte.

,,Uhh, ist das meine Überraschung für heute?", fragte ich, als ich die zerrissenen Pancakes, die Aufbackbrötchen, die Marmelade und die zwei Tassen Tee erblickte. Louis Kochkünste waren dieselben wie damals, nicht vorhanden, aber ich fand es unheimlich süß, dass er überhaupt etwas für mich vorbereitet hatte und mir das sogar ans Bett brachte. ,,Nein, das ist eher die Vorbereitung auf die Überraschung. Ich dachte, wir frühstücken erst einmal im Bett, um uns zu stärken, machen uns dann entspannt fertig und dann wird es Zeit für die Überraschung", sagte Louis, stellte das Tablett auf dem Bett ab und machte es sich auf der freien Bettseite wieder gemütlich. ,,Also entspannt und Überraschung passen für mich ja einmal so gar nicht zusammen in einen Satz", murmelte ich betrübt, fand es unfair, wie Louis mich so auf die Folter spannte, aber er belustigte sich daran nur und reichte mir eine Tasse Tee.

,,Sobald du die Überraschung siehst, wirst du das alles vergessen. Wie hast du überhaupt geschlafen?", fragte der Wuschelkopf neugierig, nahm Messer und Gabel zur Hand und genehmigte sich einen der Pancakes. ,,Sehr gut. Ich hatte zwar Anfangs etwas Angst, dass etwas anderes geknallt hat, als das Fenster, aber immerhin war ich nicht mehr allein", gab ich zu und trank dann schnell einen Schluck meines Tees, um mich abzulenken und nicht rot anzulaufen. ,,Ich fand es auch schön", sagte Louis etwas abwesend, bis er sich seiner Worte bewusst wurde und vor sich hin stammelte, ,,also, dass du keine Angst mehr hattest, denn ich habe gerade unten geguckt und es war wirklich das Fenster, welches ich aufgelassen hatte." Ich nickte beruhigt und damit setzten wir dann unser Frühstück fort.

Nachdem ich mich im Badezimmer frisch gemacht hatte, stand ich vor der großen Frage, was ich anziehen sollte, da ich ja gar keine Klamotten mit dabei hatte. Zumindest meine Unterwäsche wollte ich wechseln, weshalb ich Louis mit roten Wangen fragte, ob er eine frische Boxershorts für mich hätte und zum Glück hatte er kein Problem damit, mir eine zu leihen. Sobald ich dann auch in meine Klamotten geschlüpft war, ging ich nach unten in die Küche, wo Louis gerade das Geschirr vom Frühstück in die Spülmaschine räumte. Ungeduldig tigerte ich hin und her, wollte nun endlich erfahren, worum es sich bei der Überraschung handelte, doch Louis schwieg, blieb stumm wie ein Fisch und grinste nur ab und an in sich hinein. ,,Louis, bitte. Krieg ich wenigstens einen Tipp?", quengelte ich weiter, weshalb er sich schmunzelnd zu mir umdrehte und die Spülmaschine schloss. ,,Na schön, ein Tipp. Sechs."

Mit großen Augen sah ich Louis an. ,,Was ist das denn für ein Tipp? Das ist nur eine Zahl. Sechs Uhr? Ist sechs eine Hausnummer? Was soll das bedeuten?" ,,Hazza, du musst gar nicht fragen, denn ich beantworte es dir sowieso nicht. Du wirst es erfahren, sobald es soweit ist", meinte Louis kichernd, zuckte mit den Schultern und ging dann ins Wohnzimmer. Sofort folgte ich ihm, beobachtete, wie er ganz entspannt den Fernseher anmachte und brachte mich damit dazu, mich frustriert auf das Sofa fallen zu lassen. Er ärgerte mich doch sicherlich mit Absicht so, er hatte Spaß daran mich zappeln zu lassen und tat dies selbst noch, nachdem schon seit einer halben Stunde der Fernseher lief und ich absolut keine Ahnung hatte, was wir uns da gerade ansahen.

Doch plötzlich klingelte die Haustür und brachte mich damit völlig aus dem Konzept. Wer würde hier nach Holmes Chapel kommen und an der Haustür klingeln? ,,Louis, wer ist das?", fragte ich verwundert. ,,Ich weiß nicht, der Postbote? Vielleicht sollten wir aufmachen, um das herauszufinden", mit einem verschmitzten Lächeln ging Louis in Richtung Flur. ,,Sollte ich mich nicht lieber verstecken?", fragte ich und hielt ihn damit auf, ,,ich meine, nachher ist es Eleanor oder sonst irgendjemand, der nichts von uns wissen sollte." ,,Mach dir darum keine Sorgen. Na komm", Louis winkte mich zu sich und sobald wir beide vor der Haustür standen, öffnete er diese. Sechs Gestalten kamen zum Vorschein, die ich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Louis Geschwister.

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Einige von euch haben es richtig vermutet, Harry trifft nach langer Zeit wieder auf Louis Geschwister, wie das wohl für alle sein wird?😳
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt