4 - bootcamp

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JULI 2010

Wie wir es abgesprochen hatten telefonierten Louis und ich jeden Abend, den er in London verbrachte. Ich sang ihm zum einschlafen was vor und er hatte davor immer einiges zu erzählen. Die Telefonate am Abend halfen mir, jeden Morgen danach aufzustehen und in die Schule zu gehen. Es war verdammt ungewohnt, ohne Louis den Bus zu nehmen, ohne ihn die Pausen zu verbringen und noch schlimmer war, das plötzlich jeder Kontakt zu mir suchte. Alle, die mich vorher ignoriert oder nicht gemocht hatten, sprachen mich nun an und fragten nach Louis, wie es ihm ging und ob er wohl ins Finale kommen würde. Meistens ignorierte ich die Fragereien und versteckte mich immer öfter auf dem Schulklo, um all dem zu entgehen. Schlimm genug, dass ich als der Loser gesehen wurde, der es nicht geschafft hat, jedes Mal wenn ich in die Schule kam wurde ich daran erinnert und darauf aufmerksam gemacht, wie weit Louis und ich voneinander entfernt waren.

Zumindest schien es ihm gut zu gehen. Am ersten Abend den wir telefonierten, erzählte er mir davon, dass Simon Cowell und Louis Walsh die 211 übrig gebliebenen Sänger und Sängerinnen aus den Auditions in ihre vier Kategorien eingeteilt hatten. Es gab die Jungs, die Mädchen, alle über dem fünfundzwanzigsten Lebensalter und die Gruppen. Louis erzählte mir von einem Niall, einem Liam und einem Zayn, die er dort kennengelernt hatte und mit denen er sich gut verstand. Es freute mich zwar unheimlich, dass er dort Freunde gefunden hatte, trotzdem fühlte ich mich dadurch überflüssig. Auch das die Kamera überall mitlief und jedes einzelne Gefühl der Kandidaten aufnahm, überforderte meinen besten Freund ein bisschen. Am ersten Abend hatte er vor lauter Heimweh und weil er mich so vermisst hatte ein wenig geweint und sofort waren die Kameras und Leuchten auf ihn gerichtet und Dermot O'Leary, der Moderator der Sendung, war sofort bei ihm gewesen und hatte ihn ausgequetscht, was denn los wäre. Seitdem hielt Louis sich mit seinen Gefühlsausbrüchen zurück, was mir im Herzen schmerzte, schließlich half es nie, sowas in sich einzuschließen.

Sie hatten sogar gleich am ersten Tag nach der Einteilung Gesangsunterricht bekommen, von dem Louis mir total glücklich und stolz berichtet hatte. Er meinte, es würde ihm wirklich helfen, sich weiter zu verbessern. Dabei fand ich, dass er gar keine weitere Verbesserung nötig hatte und das es, genauso wie er sang, perfekt war. Nur leider zählte meine Meinung da wohl nicht mehr, ich hatte mein Mitspracherecht in dieser Sache anscheinend verloren. Wovon Louis mir dann auch ganz aufgeregt berichtete war, dass sie gleich nach dem Gesangsunterricht schon in ihren Kategorien einen Song vor der Jury performen musste. Louis Gruppe der Jungs hatte "Man in the Mirror" gesungen und dabei ziemlich positive Kritik erhalten. Am Ende des Tages wurden dann 103 Teilnehmer nach Hause geschickt, sodass aus 211 nur noch 108 Kandidaten wurden und Louis blieb einer von ihnen, sodass ich ihn natürlich nicht nach drei Tagen Abwesenheit schon wieder bei mir hatte.

Am zweiten Abend erzählte Louis von dem Tanzunterricht, den sie von dem Creative Director Brian Friedman bekommen hatten, weshalb ich nicht mehr aufhören konnte zu lachen. Louis war ein verdammt schlechter Tänzer, er hatte zwar Taktgefühl, wenn es ums Singen ging, aber er war eindeutig ohne Rhythmus im Blut geboren worden. Es war für ihn dann aber nur halb so schlimm, da es seinen drei neugewonnenen Freunden genau so ging und Zayn vor der Tanzaufführung sogar davon gerannt war. Deshalb musste das alles ein wenig verschoben werden, bis sie ihn wieder gefunden und ihn beruhigt hatten. Am Ende hatte er aber so ziemlich umsonst Angst gehabt, da die Tanzeinlage von der Jury nicht bewertet wurde. Ein bisschen Markaber fand ich das schon, denn warum hatte man sie dann überhaupt zum tanzen gebracht? Dort geht es schließlich um das Singen und Tanzen könnte man später immernoch lernen, wenn man das dann selber möchte. Zu Louis Glück blieb das die einzige Tanzstunde.

Am dritten Tag kam Nicole Scherzinger als Gast zu Besuch und brachte eine Liste von Songs mit, von denen sich jeder Kandidat einen aussuchen konnte. Schon bevor Louis es ausgesprochen hatte wusste ich, das er sich für den Song Torn entschieden hatte. Dieser hatte ihm oft über die Selbstzweifel hinweg geholfen, wenn er wieder daran dachte, warum sein leiblicher Vater sich nur zehn Tage nach seiner Geburt aus dem Staub gemacht hatte. Louis war so ein wundervoller Mensch und ich verstand bis heute nicht, warum man ihn verlassen könnte, vorallem als er noch ein Baby war, aber das war ja der Verlust von Louis Erzeuger und zum Glück nicht meiner. Meinen besten Freund würde ich noch lange so bezeichnen wollen, egal welche Gefühle sich dazwischen stellen sollten.

So gingen die restlichen zwei Tage auch mit viel Gesangsunterricht rum und nun war der letzte Tag und ich wartete sehnsüchtig auf Louis Anruf. Bei diesem würde er mir erzählen, ob er weitergekommen war und wenn ja, wer sein Mentor von der Jury sein würde. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich hatte schon alle Hausaufgaben erledigt, um in jedem Fall für ihn da sein zu können. Als das Telefon klingelte nahm ich es dann sofort in die Hand und drückte den grünen Hörer. ,,Hallo Lou", begrüßte ich ihn und ich war sofort entspannter, als ich seine Stimme hörte. ,,Hallo Haz, wie geht es dir?" ,,Mir geht's okay soweit und dir? Erzähl, bist du weiter?" Fragte ich neugierig, dennoch auch vorsichtig, sollte er jetzt rausgeflogen sein. ,,Was vermutest du denn?" Fragte Louis kichernd in den Hörer und so glücklich wie er klang konnte das für mich nur eins bedeuten. ,,Also wenn sie dich gehen ließen wären sie ja schon selten dämlich", sagte ich schmunzelnd und wartete auf eine Antwort.

,,Weiß ich nicht, ob ich das so sagen würde, aber ja Hazza, ich bin weiter", rief Louis jetzt laut aus, was auch mir einen Freudenschrei entkommen ließ, die gemischten Gefühle ignorierend. ,,Das ist großartig, ich freu mich so für dich Lou. Erzähl wer ist dein Mentor und wo fliegt ihr für die Judges Houses hin?" ,,Alsooo, wir sind jetzt nur noch 32, acht pro Kategorie", fing Louis an, sein Grinsen konnte ich förmlich spüren, ,,Simon Cowell hat die Gruppen übernommen, sie fliegen zusammen nach Marbella in Spanien. Louis Walsh hat alle über dem fünfundzwanzigsten Lebensalter und fliegt mit ihnen nach Adare, County Limerick in Irland. Cheryl Cole hat die Mädchen und bleibt hier in England, genauer gesagt in Coworth Park, Ascot, Berkshire. Und Dannii Minogue hat die Jungs und wir fliegen nach", Louis machte eine kurze Atempause, ließ mein Herz vor Spannung immer schneller schlagen, ,,Melbourne in Australien!" Den letzten Teil rief er so laut und freudig, das ich mir das Telefon ein Stück weit weg hielt. ,,Wow, Australien ist aber ganz schön weit weg, ein ganz neuer Kontinent", murmelte ich, versuchte mich dennoch irgendwie zu freuen.

,,Ich weiß Hazza, deshalb hab ich auch eine kleine Überraschung für dich. Wir fliegen erst am ersten August nach Australien, also in vier Tagen, wenn du möchtest könntest du dich morgen in den Flieger setzen und übers Wochenende hier mit mir die Zeit verbingen. Ich weiß zwei Tage sind nicht viel, aber ich würde mich total freuen, wenn du kommst. Es wird auch alles bezahlt, der Flug mitsamt der Unterkunft hier, ich hab dem Sender erklärt wie sehr ich dich vermisse und sie waren damit einverstanden", erzählte Louis was mich zunächst sprachlos zurück ließ. ,,Ist...ist das dein ernst?" Stammelte ich dann, als ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte und konnte das gar nicht glauben. ,,Ja, ist mein Ernst, also ist das ein Ja?" Fragte Louis freudig, woraufhin ich einfach wie wild nickte und immer wieder leise ,,Ja's", flüsterte. ,,Natürlich werde ich kommen, oh mein Gott Louis", hauchte ich in den Hörer und legte mich auf mein Bett, da ich nichtmal mehr richtig sitzen konnte.

,,Ich freu mich Haz, ich vermisse dich wirklich. Morgen wird dann jemand am Flughafen in Manchester auf dich warten und mit dir nach London fliegen, damit nichts schief geht. Ich lasse dir alle Informationen zukommen. Uns trennen nur noch ein paar Stunden", murmelte Louis und klang auch total erleichtert, als er das in den Hörer sagte. ,,Ich werde sofort mit meinen Eltern reden und meine Sachen packen, danke Louis. Danke danke danke", wie ein Mantra sagte ich das vor mich hin und stand langsam vom Bett auf, meine Beine zitterten. ,,Dann bis morgen Haz, ich hab dich lieb", bevor ich das erwidern konnte hatte der Wuschelkopf schon aufgelegt und ich drückte mir das Telefon nahe an mein klopfendes Herz, meine Hände konnte ich nicht ruhig halten. Ich konnte Louis wirklich besuchen, das war unglaublich.

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Was Harry wohl in London erwarten wird?🌝
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt