67 - statement

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Aufgeregt huschten meine Augen über die wenigen Zeilen, die Louis mir in Form dieses Zettels überreicht hatte. 'Ich weiß alles. Halte dich morgen früh um sechs bereit. Versuch unauffällig in die Garage zu gelangen, ich werde dich dort dann abholen.' Ich wusste nicht, ob es mich beruhigen sollte, dass Louis über alles Bescheid wusste, aber vielleicht war es tatsächlich nicht schlecht, wenn er den Inhalt des Vertrags kannte, vielleicht hatte er sich auch schon darum Gedanken gemacht. Ich hoffte nur, dass ihm klar war, warum ich schlussendlich unterschrieben hab, unterschreiben musste. Nicht, weil ich keinen Kontakt mehr mit ihm wollte und mir die Karriere wichtiger war, sowie ihm vor acht Jahren. Ich wollte nur nicht, dass die ganze Welt mich als Betrüger sah und mich niemals wieder irgendwer als Mensch ansehen konnte.

Auch das er mich wegen der Pressekonferenz gewarnt hatte, nahm mir schon einmal etwas die Last von den Schultern. Es schien, als müsste er ein paar ziemlich unschöne Dinge sagen, damit die Gerüchte sich im Sande verlaufen würden und er wollte wahrscheinlich nicht, dass ich mich davon angegriffen fühlen würde oder mich etwas davon verletzte. Ich hoffte nur, dass der Hass danach wirklich etwas weniger werden würde, die Blicke, die Sprüche, all das hielt ich auf Dauer nicht aus und ich konnte mir nicht vorstellen, wie es dann erst Samstag sein würde. Wenn ich mir aber in einer Sache sicher war, dann in der, dass ich den Vertrag definitiv brechen würde. Vor Niall, Zayn und Liam würde ich sicher nichts geheim halten. Eigentlich wollte ich auch Brendan davon erzählen, aber so sehr es mir auch schmerzte, diesen Gedanken zu hegen, solange der Insider nicht gefasst war, konnte ich im X-Factor Haus wohl niemandem mehr trauen.

Bevor die Produzenten aus dem Konferenzraum kamen und ins Auto stiegen, versteckte ich den Zettel in meiner hinteren Hosentasche. Der Fahrer hatte zum Glück gar nichts bemerkt, war zu sehr mit seinem Handy beschäftigt und als die Produzenten Andrew und Richard dann kamen und einstiegen, versuchte ich mir von meiner Hoffnung nichts anmerken zu lassen. Das klappte auch ganz gut, denn umso länger ich über den Vertrag nachdachte, umso fassungsloser wurde ich über das, was ich da eigentlich unterschrieben hatte. Ich wusste nicht, ob man das Erpressung nennen konnte, da man mir ja die Wahl gelassen hatte, aber durch die Folgen, hätte ich meine Unterschrift nicht darunter gesetzt, hatte ich mich schon ziemlich unter Druck gesetzt gefühlt.

Die Rückfahrt war leider auch nicht besser als die Hinfahrt. In der Luft lag eine sehr angespannte Stimmung, noch mehr als vorher hing ich meinen Gedanken nach. Und da die meisten Menschen um diese Zeit Feierabend hatten und nach Hause wollten, brauchten wir diesmal eine ganze Stunde, bis wir beim X-Factor Haus ankamen. Ein Produzent lief links, der andere rechts von mir, als wir aus dem Auto ausstiegen und durch die kleine Fanmasse hindurch gingen. Ich versuchte bei den Sprüchen schon gar nicht mehr hinzuhören, die mir da an den Kopf geworfen wurden, es war nichts neues dabei, dennoch tat es immer wieder aufs neue höllisch weh. Richard schloss das Tor des Zaunes auf, welcher die Fans von der Haustür trennte, ließ Andrew und mich hindurch und schloss das Gatter danach wieder ab.

Um halb sechs am Abend konnte ich dann für kurze Zeit mal wieder durchatmen, wir hatten die Haustür geschlossen, man hörte die blöden Sprüche nicht mehr und ich genoss die kurze Stille, ehe die Kandidaten aufkreuzten, die natürlich gehört hatten, das jemand durch die Haustür getreten war. ,,Harry!", rief Brendan erleichtert, quetschte sich durch die Kandidaten und umarmte mich. ,,Du bist noch hier, oh Gott sei Dank", murmelte er, ich legte meine Arme ebenfalls um ihn und das er sich freute mich wiederzusehen, machte auch mich glücklich. ,,Wieso ist der Betrüger noch hier?!", warf einer der Kandidaten in den Raum, zerstörte die Wiedersehensfreude, aber zum Glück übernahmen die Produzenten für mich.

,,Harry ist noch hier, weil er nicht betrogen hat. Wir möchten euch alle darum bitten, einander freundlich und mit Respekt zu behandeln, das alles soll für alle eine schöne Zeit werden", sprach Richard, der etwas autoritärer und einschüchternder auftrat, als Andrew. ,,Genau, bitte folgt uns ins Wohnzimmer. In einer halben Stunde wird Louis eine Pressekonferenz geben und die ganze Situation aufklären. Da hat sich dieser Insider leider einen ganz blöden Scherz erlaubt", fügte Andrew hinzu und da alle so neugierig waren und sie brennend interessierte, was Louis nun zu sagen hatte, flitzten sie alle ins Wohnzimmer und sicherten sich die besten Plätze. So blieben Brendan und ich am Ende allein im Flur stehen, seufzend entledigte ich mich meiner Jacke und meinen Schuhen und wurde dabei vom Iren beobachtet.

,,Was ist passiert?", fragte er, er erkannte mittlerweile an meinem Gesichtsausdruck, wenn etwas nicht stimmte, genauso wie ich an seinem. ,,Nichts, ich darf weiter an der Sendung teilnehmen, weil die Gerüchte nun einmal nicht stimmen", antwortete ich, sofort merkte er, das ich etwas verheimlichte. Mit verschränkten Armen sah er mich an und wartete auf die Wahrheit. ,,Brendan", seufzte ich, ,,ich kann nicht darüber reden, okay? Louis wird sicher gleich alles vor der Presse erklären", murmelte ich und wurde dafür nur ein weiteres Mal von Brendan in den Arm genommen. ,,Ich möchte zwar nicht Louis Sicht, sondern deine, aber ich versteh das. Wenn du bereit bist, kannst du mir gerne jederzeit davon erzählen." Ich bedankte mich ehrlich und gemeinsam gingen wir dann ebenfalls ins Wohnzimmer, setzten uns auf die große Couch und warteten darauf, dass der Livestream beginnen würde.

Es tat mir leid, Brendan nicht die Wahrheit zu erzählen, beziehungsweise ihm überhaupt nichts zu erzählen, aber heute hatte ich ja gemerkt, was geschah, wenn man irgendwelche Dinge ausplapperte, die besser geheim bleiben sollten. Ich wollte einfach vorsichtiger sein, aufgrund des Vertrages musste ich vorsichtiger sein und durfte gar nicht mehr so viel preisgeben. Ich kam mir dabei vor wie Louis, der mir auch so vieles nicht sagen konnte oder nicht durfte und ich rätselte immer noch daran, woran es lag. Mir kam wieder der Gedanke mit dem Vertrag in den Sinn, vielleicht hatte er in seiner jugendlichen Naivität irgendwas unterschrieben, aber dennoch machte das Puzzle für mich keinen Sinn. Die Teile passten nicht zusammen. Weshalb hätte er so einen Vertrag unterschreiben sollen? Es gab doch nichts, was seine aufsteigende Karriere bedroht hat und für mich schien er in all den Jahren ziemlich frei mit dem was er tat, zumindest kam es im Fernsehen so rüber.

,,Harry, es geht los", Brendan stupste mich an, der merkte, das ich nicht ganz bei der Sache war und leise bedankte ich mich bei ihm, bevor meine Aufmerksamkeit ganz allein auf dem Fernseher lag. ,,Guten Abend", begrüßte Louis die Zuschauer des Livestreams und die Redakteure, die in diesem Presseraum anwesend waren. Louis saß auf einem Podest hinter einem langen Tisch, auf welchem eine Flasche Wasser und ein Zettel lag. Man konnte nicht erkennen, was darauf stand, aber wahrscheinlich war es seine vorgegebene Erklärung für die Gerüchte. Neben ihm saß Simon, hatte die Hände verschränkt und sah streng in die Runde. Vor dem Podest waren Stühle aufgereiht, auf denen die Redakteure, Reporter und Kameramänner saßen. Einige notierten sich, was geschah, andere filmten es.

,,Wie Sie wissen", begann Louis seine Erklärung, es war mucksmäuschenstill, alle hörten ihm zu, ,,gehen seit gestern einige Gerüchte um. Es wird davon gesprochen, dass X-Factor keinen fairen Wettbewerb bietet und die Zuschauer angelogen werden. Ein Insider, der angeblich Informationen über einen Betrug hat, hat sich zu Wort gemeldet und Fehlinformationen verbreitet. Harry Styles und ich sollen angeblich befreundet sein und ich soll ihm zum Sieg verhelfen. Die einzige Wahrheit an dieser Lüge ist die Tatsache, dass Harry und ich früher tatsächlich einmal befreundet waren. Es ist aber acht Jahre her und es war in einem Alter, in dem für einen jeder der bester Freund war. Dementsprechend sind die Aussagen, die wir damals bei X-Factor gefällt haben, nicht gerade aussagekräftig.

Durch verschiedene Interessen haben wir nach meinem Sieg bei X-Factor die Freundschaft beendet und hatten keinen Kontakt mehr. Erst im Juli 2018, als die Auditions für die diesjährige Staffel X-Factor stattgefunden haben, habe ich Harry das erste Mal wiedergesehen. Ich habe ihn nicht erkannt, ich meine in acht Jahren verändert sich so einiges und das ich ihn kenne hat sich erst viel später herausgestellt. Zu Zeiten der Six Chair Challenge wusste ich es schon, allerdings habe ich mich dennoch viel mit den anderen Juroren und mit dem Publikum auseinandergesetzt und mit ihnen zusammen entschieden. Genauso war es im Judges House, dort standen mir Nile Rodgers und Zayn Malik zur Seite und ich habe gemeinsam mit ihnen entschieden. Zu keinem Zeitpunkt habe ich Harry weitergelassen, weil er ein ehemaliger Freund war, sondern weil er Talent hat.

Zu keinem Zeitpunkt lag in irgendeiner Art und Weise Betrug vor, niemand hat sich hochgeschlafen, wie es einige Gerüchte besagen, sondern alles hat sich fair abgespielt. Deshalb wird Harry Styles auch weiterhin am Wettbewerb teilnehmen und hat weiterhin die Chance darauf, sich den Titel zu holen. Ich bin sein Mentor und er ist nur einer der zwölf Kandidaten, befreundet sind wir nicht und auch in Zukunft nicht. Danke für Ihre Aufmerksamkeit und auf Wiedersehen." Ich war wirklich mehr als erleichtert darüber, das Louis mir heute gesagt hatte, dass das nicht seine Worte waren, ansonsten hätte mich das nun nämlich wirklich verletzt. Ich hoffte nur, das es etwas brachte, man ihm glaubte und damit der Hass enden würde, denn sonst hätte ich den Vertrag nicht unterschreiben müssen, dann hätte ich dem auch so entgegentreten können. Nur noch mehr hoffte ich auf morgen, das alles glatt gehen würde und ich endlich erfahren könnte, wie Louis wirklich zu alldem stand.

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Louis möchte Harry also morgen treffen..und die Pressekonferenz hat stattgefunden, ob man Louis Erklärung zu den Gerüchten glauben wird? :(
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt