88 - grief and loss

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Bedrückt wollte ich schon aussteigen, doch Louis hielt mich zurück. ,,So erkennt man uns, wir müssen uns noch verkleiden", sagte Louis, griff nach einer Tasche auf dem Rücksitz und öffnete sie. ,,Wirklich? Selbst hier?", betroffen und fassungslos schüttelte ich den Kopf, während das für Louis ganz alltäglich war. ,,Man ist leider nirgendwo vor Paparazzi sicher oder vor Menschen, die einen kennen, Bilder machen und diese an irgendwelche Klatschmagazine weiter verbreiten. Das kann einem wirklich viel Ärger einhandeln, besonders in unserer Situation, also Vorsicht ist besser als Nachsicht", erklärte der Wuschelkopf als wäre das alles selbstverständlich und wenn ich daran zurückdachte, wie wir beide damals in unserem Kinderzimmer gesessen hatten, unbeschwert und frei, hätten wir wohl beide nicht damit gerechnet, dass uns sowas jemals widerfährt.

Louis reichte mir eine schwarze Strickjacke, eine Mütze und eine Sonnenbrille, über die Mütze zog ich noch die Kapuze der Strickjacke, sodass mich wirklich niemand mehr erkennen konnte. Mein Gegenüber sah nicht anders aus, auch bei ihm musste man mehr als zweimal hingucken, um herauszufinden, um wen es sich handelte. ,,Bevor wir da rausgehen, ich weiß, dass das kein typischer Ort ist, wenn man gerade dabei ist, seine Freundschaft wieder aufzubauen, aber nachdem du Sonntag gewackelt hast und im Sing-Off gelandet bist, war mein erster Gedanke, dich von all diesen Kameras, Menschen und dem ganzen Drama wegzubringen. Ich wollte, dass wir Zeit für uns haben, du etwas runterkommen kannst und da ich hier noch einiges wiedergutzumachen habe, habe ich mich als erstes für diesen Ort entschieden", sagte Louis und bevor ich etwas darauf erwidern konnte, stieg er aus, weshalb ich ihm das gleich tat.

Ein Friedhof. Schweigend folgte ich Louis den Kiesweg hinab, seit Robins Tod war ich nicht mehr auf einem Friedhof gewesen, es hatte für mich etwas bedrückendes, dass man einfach nicht abschütteln konnte. Wenn ich daran dachte, was Louis mir wahrscheinlich gleich zeigen wollte, kamen mir jetzt schon die Tränen und nur mühsam konnte ich sie zurückhalten. Das einzige, was die Stille füllte, war der knirschende Kies, sonst war es still. Die Luft war frisch und der Wind ziemlich kalt, wir hatten schon Anfang November und das merkte man auch. Meine Hände zitterten ein wenig, ich war mir aber unsicher, ob das vom Wetter kam oder nicht doch von dem, was mir bevorstand. Reihe für Reihe waren die Grabsteine aufgestellt, die Gräber waren ordentlich gepflegt, hier und da stand ein Bild, frische und bunte Blumen erhellten den tristen Ort, doch wirklich durchatmen konnte ich nicht.

Als Louis in eine Reihe einbog, veränderte sich der Untergrund, anstatt Kies hatte ich nun Rasen unter den Sohlen, der weitaus lautloser war und umso erdrückender war die Stille. Die blieb solange bestehen, bis Louis vor einem Grabstein stehen blieb und das Wort ergriff. ,,Ich hatte ihr versprochen, dich zu ihrer Beerdigung einzuladen", murmelte Louis und ich fand keine Worte für die Trauer, die gerade in meinem Herzen Einzug fand. ,,Dich hat nie eine Einladung erreicht, das weiß ich. Ich hab es einfach nicht geschafft dich einzuladen und schäme mich dafür so sehr, weil ich weiß, dass sie für dich genauso eine zweite Mutter war, wie Anne es für mich war." ,,Lou", hauchte ich, ,,es ist nicht schlimm. Natürlich wäre ich gerne auf die Beerdigung gekommen, ich hätte mich gerne von Jay verabschiedet, aber auch so war es in Ordnung. Wenn du dich nicht bereit dazu gefühlt hast, dann kann man das nicht ändern, okay?"

Louis schaute auf den Boden, er sah so gebrochen aus, dass es mir fast schon Angst machte. Deshalb schlang ich ohne ein weiteres Wort meine Arme um ihn und war erleichtert, als er die Umarmung erwiderte. ,,Danke, dass du mich hierher gebracht hast, du hättest das auch gar nicht tun müssen", flüsterte ich in Louis Ohr und streichelte seinen Rücken, fuhr damit fort, auch als wir die Umarmung auflösten. Johannahs Grabstein war schlicht und nicht allzu groß, es war also genauso, wie sie es gemocht hätte. In geschwungener Schrift waren ihr Name, ihr Geburtstag und ihr Todestag eingemeißelt. Das Grab war schön gepflegt, frische Blumen, eine batteriebetriebene Kerze, kein Unkraut weit und breit. Umso länger ich es mir anschaute, umso trauriger wurde ich und umso feuchter wurden meine Augen.

Ich blickte zu Louis, durch die Sonnenbrille konnte ich zwar nicht erkennen, was dahinter vor sich ging, doch als eine Träne seine Wange hinabtropfte, erklärte das mehr als genug. ,,Wie wäre es, wenn wir uns noch einmal gemeinsam von ihr verabschieden? Sowie sie es gewollt hätte?", fragte ich Louis, der sofort nickte und nach Halt suchend meine Hand ergriff. Er war nicht in der Lage zu sprechen, was ich ihm auch gar nicht übel nahm, stattdessen drückte ich nur seine Hand und versuchte ein paar schöne Worte zu finden, die Johannah gerecht werden konnten. ,,Danke Jay, für alles, was du getan hast und was du selbst jetzt durch deine Worte immer noch tust. Du bist eine tolle Mutter, eine tolle Freundin, ein toller Mensch. Ich kann dir nicht genug dafür danken, dass du solch einen tollen Menschen wie Louis auf die Welt gebracht hast und das du immer an unsere Freundschaft geglaubt hast, selbst als wir es nicht mehr konnten.

Du bist einer der Gründe, warum wir nun hier stehen, warum wir uns Freunde nennen können, warum wir die Kraft haben, alles durchzustehen, was sich uns noch in den Weg stellt. Kein Wort der Welt kann ausdrücken, wie dankbar ich dir bin und was für ein wundervolles Gefühl es ist, dass du ein Teil meines Lebens warst und bist. Ich hoffe du ruhst in Frieden und wirst auf ewig ein Auge auf Louis haben, vielleicht ja sogar auf uns. Wir werden dich nie vergessen", mit meiner freien Hand wischte ich mir immer wieder die Tränen von den Wangen, auch Louis hörte ich neben mir nur Schluchzen und nach meinen Worten konnte er nichts sagen, zu groß war die aufkommende Trauer, dafür schenkten wir uns aber eine wohltuende Umarmung.

,,Ich wünschte, ich hätte dich damals eingeladen, genau solche Worte hätte ich gebraucht", schluchzte Louis irgendwann, als wir einfach nur Hand in Hand vor dem Grab gestanden hatten. ,,Ich wünschte, ich hätte dir damals beistehen können, aber ich bin froh, dass ich es jetzt kann", erwiderte ich und erhielt eine Zustimmung von Louis. ,,Können wir gehen? Zu meinem Elternhaus fahren, vielleicht ein wenig Kakao trinken und einfach ein wenig Zeit zusammen verbringen?", fragte Louis, die Tränen kamen zum Glück nicht mehr weiter nach, mit einem Taschentuch wischte er sich die letzten Spuren weg. ,,Natürlich, das können wir sehr gerne machen. Kannst du noch Auto fahren oder soll ich das machen?" ,,Als wärest du jetzt irgendwie ansatzweise in der Lage, Auto zu fahren", entgegnete Louis, dabei kam ihm tatsächlich ein kleines Schmunzeln über die Lippen und über den knirschenden Kies ging es zurück zum Auto.

Sobald Louis und ich in diesem saßen, uns die Sonnenbrillen von Kopf nahmen und einander in die verheulten Gesichter guckten, konnten wir beide uns ein Lachen nicht unterdrücken und mussten uns erst kurz beruhigen, bevor Louis dann den Motor startete und wenige Minuten fuhr, bis wir bei seinem Elternhaus angekommen waren. Zuletzt waren wir hier, als wir beschlossen hatten, die Freundschaft neu aufleben zu lassen und auch wenn das noch gar nicht so lange her war, im Moment kam es mir so vor, da Louis und ich gefühlt jeden Tag Fortschritte machten. Alleine der Tag heute hatte uns schon wieder so viel gebracht, wenn wir uns bloß nicht verstecken müssten, dann wäre eigentlich alles perfekt.

Während Louis sich schon einmal ins Wohnzimmer setzte, bereitete ich dieses Mal in der Küche für uns beide jeweils eine Tasse Kakao zu, ich kannte mich hier immer noch perfekt aus, weshalb das kein Problem darstellte. Sobald ich dann mit den Tassen ins Wohnzimmer kam, hatte Louis es in diesem ganz schön gemütlich werden lassen. Das Licht der Stehlampe war gedämpft, Kissen und Decken machten alles um einiges gemütlicher und mit ein wenig Abstand machte ich es mir dann neben Louis bequem, die Tassen stellte ich vorerst auf dem Couchtisch ab. ,,Da gibt es übrigens noch eine Sache, die ich sagen wollte", sagte Louis und ließ mich zu ihm sehen, ich wusste nicht warum, aber mein Herz nahm ein wenig an Tempo zu. ,,Was wolltest du denn noch sagen?" ,,Ich hatte mir überlegt, dass wir heute hier übernachten."

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Einige hatten es richtig vermutet, ein Besuch auf dem Friedhof..dabei findet Larry langsam in alte Formen zurück. Und nun hat Louis Harry auch noch zum Übernachten eingeladen, was sagt man dazu?😳
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt