Chapter 2

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Müde setzte ich mich in das letzte Licht des Tages, die untergehende Sonne färbte den Himmel in die schönsten Farben. Früher hätte sich Clint zu mir gesetzt, stattdessen saß er vor dem Fernseher und trank ein Bier, während er das Footballspiel zwischen den NY Jets und den Pittsburgh Steelers schaute. Becca rannte durch die Wiesen mit ihrem Steckenpferd und unserem Hund Buddy, den wir uns letztes Jahr im Frühjahr gekauft hatten. Wehmütig dachte ich an diese Zeit zurück, damals war alles noch wenigstens ein bisschen anders gewesen. Clint hatte zwar damals schon dieses typisch-Ehemann-Verhalten an den Tag gelegt gehabt, aber wenigstens hatte er sich abends zu mir gesellt oder etwas mit mir unternommen, während Becca im Kindergarten war.

Als die Sonne schließlich hinter den Bäumen des Waldes verschwunden war, stand ich auf und rief Becca, dass sie reinkommen solle, denn sobald die Sonne weg war wurde es doch ein wenig kälter und ich wollte nicht, dass sie sich in diesem Frühling noch erkältete.

"Komm Buddy!" hörte ich sie rufen und kurz darauf rannte mir der schwarze Labradormischling entgegen. Ich lächelte als ich sah, wie er zurücklief, sie anstupste und auf sie wartete, als er merkte, dass sie nicht hinterherkam. Ja Buddy war das Beste, was ihr hätte passieren können und ich war wirklich froh, dass ich ihn geholt hatte. Eine passende Ergänzung für die Familie, der Becca genug ablenkte, um sie vorerst noch nicht auf die Probleme aufmerksam zu machen, die zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater herrschten.

Sie lief lachend an mir vorbei, während sie Buddy immer wieder streichelte, wenn er an ihr vorbeilief, als zwei Scheinwerfer die Veranda erhellten. Mir war bewusst, dass es nur jemand von den Avengers oder S.H.I.E.L.D. sein konnte und sofort stellte sie sich zwei Schritte vor Becca und Buddy, um die beiden davon abzuhalten, vor das Auto zu rennen.

"Mommy, wer ist das?" fragte Becca, als sie den schwarzen Audi auf die Veranda zurollen sah. Auch sie wusste, dass ein solcher Besuch nicht unbedingt normal war. Seitdem wir in Halbrente waren, kamen nur noch Nat und Steve vorbei, ab und zu noch die Maximoffs, aber das war wirklich selten - und ebenso auch nur angekündigt.

"Geh schon mal rein Schatz, dass sind bestimmt nur Onkel Steve und Tante Nat." meinte ich beruhigend, doch ich glaubte meinen eigenen Worten nicht. Die beiden kündigten sich immer mindestens ein paar Tage vorher an, bevor sie zu uns kamen. Und tatsächlich: Es waren weder Nat noch Steve, sondern Tony, ein Gesicht, was ich am aller wenigsten erwartet hätte.

"Was treibt dich so spät noch außerhalb von New York?" fragte ich, als er auf mich zukam und hob skeptisch die Augenbraue. Wenn Tony zu uns fuhr, konnte das nichts Gutes bedeuten, schließlich hatten wir definitiv nicht das Beste Verhältnis gehabt, waren immer schon auf Kriegsfuß gestanden.

"Wir gehen um 0700 morgen auf eine Mission nach Afrika." teilte er mir mit und beachtete mein abweisendes Verhalten und den skeptischen Blick überhaupt nicht, sagte es mir, als würde es mich selbst betreffen und mich noch einmal daran erinnern, dass ich ja nicht verschlief.

"Du weißt, dass wir raus sind, oder? Das sind wir schon seit vier Jahren." brachte ich ihm entgegen und mein Blick glitt zu unserer Haustür, durch die Becca gerade verschwunden war. Das Umgebungslicht wurde immer weniger, je mehr die Sonne hinter dem Horizont verschwand.

"Und seht was aus euch geworden ist." Ich verdrehte die Augen, doch ich wusste, dass das diesmal kein typischer Tony-Spruch war. Es war einfach die Wahrheit, das konnte sogar er sehen und das beunruhigte mich noch deutlich mehr, weil das bedeutete, dass es wirklich offensichtlich war. "Vor vier Jahren wärt ihr hier zusammen auf der Veranda gesessen oder gestanden und hättet den Abend hier draußen verbracht. Und jetzt stehst du hier, allein, und er sitzt drin und schaut sich ein Footballspiel an. Ich weiß, wir waren nie die besten Freunde, aber das seh sogar ich. Ihr seid zum typischen Ehepaar geworden."

Ich starrte auf den Boden und ließ die Worte so stehen, bevor ich seufzte und darauf reagierte.

"Ich weiß. Ich hab es selbst schon bemerkt. Ich bin mir manchmal echt nicht mehr sicher, ob ich für ihn nicht einfach nur die selbstverständliche Hausfrau bin. Wir verbringen kaum noch Zeit miteinander. Manchmal frage ich mich, ob er mich überhaupt noch liebt." gab ich ihm ehrlich zu, etwas, was es so zwischen uns noch nicht gegeben hatte, aber ich war verzweifelt, wollte keineswegs, dass meine Ehe so in die Brüche ging und klammerte mich an jeden Grashalm, den ich finden konnte.

"Hast du schon versucht, mit ihm darüber zu reden?"

Ich nickte und sah dem Milliardär wieder in die Augen.

"Mehrmals. Aber er sagt, dass ich mir das alles nur einbilden würde." berichtete ich nun und schüttelte den Kopf.

"Ich rede mal mit ihm."

Er ging an mir vorbei ins Haus. Ich folgte ihm, ging aber direkt nach oben zu Becca. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, dass Tony noch etwas anrichten konnte, deswegen ließ ich ihn einfach machen. Abhalten konnte ich ihn sowieso nicht.

"Wer ist das?" fragte sie mich sofort und ihre kindliche Neugier rang sich durch.

"Ein alter Kollege von mir und Dad. Wir haben mal zusammen gearbeitet."

Sie widmete sich wieder Buddy, der sich wie jeden Abend neben sie gelegt hatte, und streichelte sanft seinen Kopf. Er hatte inzwischen schon die Augen geschlossen, meine Antwort hatte sie wohl zufrieden gestellt. Froh war ich schon, denn wie erklärte ich meinem Kind, was für ein Mensch Tony Stark war? Ich setzte mich zu ihnen aufs Bett, versuchte, mir die Sorge, die mich belastete, nicht anmerken zu lassen.

"Freust du dich schon auf übermorgen?"

Sie nickte, als ich auf den Zoobesuch anspielte, um sie und vor allem mich zumindest für einen kurzen Moment auf andere Gedanken zu bringen.

"Da kann ich ganz viele Tiere sehen! Ich freu mich schon auf die Giraffen. Die sind sooooo groß!" meinte sie und hielt ihre beiden Arme im größtmöglichen Abstand auseinander. Giraffen hatten es ihr angetan aufgrund ihrer Größe und dass sie sie nun in echt sehen konnte war für sie ein komplett neues Erlebnis.

"Ja genau. Und die Elefanten, und die Tiger, und Löwen." ergänzte ich ihre Aufzählung. Ihre Augen leuchteten vor Vorfreude und ihre Freude steckte mich für einen kurzen Moment an.

"So, jetzt gehts für meinen Tiger aber ab ins Bett und schlafen!"

Ich küsste ihr die Stirn und stand auf. Als sie sich hingelegt hatte, deckte ich sie zu und streichelte Buddy noch kurz, bevor dieser seinen Kopf auf ihren Bauch legte. Dann lief ich aus ihrem Zimmer und machte das Licht aus.

Geschafft lief ich den Gang oben zu unserem Bad, um mich selbst fertig fürs Bett zu machen und wenigstens ein bisschen Zeit zu sparen, wenn ich später dann tatsächlich ins Bett ging. Unten hörte ich Tony und Clint reden, leise, aber es war hörbar, wenn ich mich nicht bewegte. Ich hörte wie Tony die Konversation zufällig auf mich lenkte.

"Wie läufts so mit Sina?" fragte er und fast schon verdrehte ich die Augen, weil es so plump war - wie Tony eben war.

"Bestens. Alles bestens." erwiderte er kurz angebunden und ich konnte vor meinem geistigen Auge sehen, wie er dort auf der Couch saß, die Flasche an seinen Lippen ansetzen und das Bier seine Kehle hinunter rann, während seine Augen gebannt an dem Bildschirm vor ihm hingen.

"Sicher? Vor vier Jahren wär sie hier neben dir gesessen und ihr hättet die Finger nicht voneinander lassen können. Wo ist sie jetzt?" bohrte der Milliardär offensichtlich weiter und auch Clint hätte in diesem Moment klar werden sollen, worauf Tony hinaus wollte - wurde es aber keineswegs.

"Oben vermutlich. Becca schlafen bringen." 

Wieder nur eine kurze Antwort, die offensichtlich schrie, dass er sich nicht dafür interessierte, was ich tat.

"Kümmer dich mal n bisschen mehr um sie. Ich bin zwar kein Frauenversteher, aber selbst ich sehe, dass ihr geradewegs in eine Scheidung reinrennt, wenn ihr so weitermacht."

Damit stand er auf und ging und als die Tür ins Schloss fiel, ging ich mit schwerem Herzen in das Bad.

Ordinary Girl [Hawkeye ff] (wird aktuell Überarbeitet ✌)Where stories live. Discover now