Chapter 5

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Schweigend bezog ich das kleine Zimmer, in dem ein Hochbett stand, links an der Wand. Rechts war eine weitere Türe, die wohl in das zimmereigene Badezimmer führte. Sonst gab es nicht viel Einrichtung, ein kleiner Wandschrank, eine Ablage für Dinge am oberen Bett und ein kleines Licht, und ein kleines Nachttischchen mit einer kleinen Lampe darauf am unteren Bett.

"Wo willst du schlafen?"

Clint trat hinter mich und seufzte beim Anblick auf das Hochbett.

"Mir egal." erwiderte ich gleichgültig und verdrehte die Augen.

"Gut. Dann schlaf ich unten."

Er drückte sich an mir vorbei und legte sein Zeug auf das untere Bett. Er hätte wenigstens fragen können, ob ich einen Schritt zur Seite hätte machen können. Arsch.

Vor mich hin murmelnd bezog ich das obere Bett und verteilte meine Sachen in dem kleinen Schrank und auf der Ablage, hängte mein Handy ans Ladekabel und versuchte, nicht vor Wut zu explodieren. Dann schaute ich auf die Uhr und realisierte, dass ich noch 20 Minuten bis zur Versammlung hatte. Also legte ich mich auf das Bett und dachte nach.

Was denkt der eigentlich, wer er ist? Hat der keine Manieren beigebracht bekommen? Wo ist der bitte aufgewachsen? Im Zirkus? Meine Fresse selbst dann sollte man ein wenig Anstand haben.

"Darf ich dich was fragen?"

Clint klopfte leicht an das Bettgestell.

"Tun Sie, was Sie nicht lassen können."

Ich zuckte mit den Schultern.

"Du darfst mich übrigens duzen. Wir arbeiten zusammen, da kostet jede Höflichkeitsform nur unnötig Zeit."

"Okay. Dann frag."

Er lachte leise und schüttelte den Kopf.

"Du magst mich nicht wirklich, was?"

Ich verdrehte die Augen und seufzte mehr als nur hörbar.

"Ist das nicht offensichtlich?"

"Doch. Aber ich versteh es nicht. Ich hab dir nichts getan."

Ich überlegte. Doch die Abneigung ihm gegenüber verschwand nicht.

"Du hast mich mit zu dir genommen. Ich war drei Tage bewusstlos. Drei Tage! Wer weiß, was du mit mir angestellt hast! Wer kann mir versichern, dass du mir nicht irgendwas eingeflöst hast, und ich sterben werde? Wer kann mir versichern, dass du nicht irgendein Perversling bist, der weiß Gott was mit mir angestellt hast? Ich kenn dich doch gar nicht! Und dann benimmst du dich wie so ein Vollaffe, als hättest du keine Manieren! Bist du in nem Zirkus aufgewachsen oder was?"

Die verschiedensten Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab. Doch ein leises Lachen holte mich wieder zurück.

"Hätte ich dich töten wollen, hätte ich dich nicht zu mir mitgenommen und verarztet. Ich hätte dich liegen lassen und wäre ohne weiteres verschwunden. Aber ich hab dich mitgenommen und mich um dich gekümmert. Und zum Thema Perversling: Wenn ich Sex will, dann geh ich in irgendein Bordell oder irgendwas. Ich bin vielleicht Single, aber sowas mach ich nicht." Ich schwieg und ließ die Worte auf mich wirken. "Das ändert trotzdem nichts an deinem ersten Eindruck von mir, was?"

Diesmal lachte ich.

"Da muss schon mehr kommen, um das zu ändern."

Er schüttelte den Kopf.

"Aber hey, du hast recht. Ich bin in einem Zirkus aufgewachsen. Glaub mir, das bin ich aber nicht freiwillig. Aber alles ist besser, als daheim geschlagen zu werden. Da ist dir wegrennen und mit einem Zirkus mitziehen viel lieber. Und hätte es mein Bruder Barney geschafft und wäre nicht verreckt, hey, dann hätten wir uns nie kennengelernt, weil dann wäre ich immer noch im Zirkus und würde Pfeile auf eine Scheibe bestückt mit Äpfeln schießen."

Er schüttelte den Kopf bevor er im Bad verschwand. Die Worte hatten jedoch gesessen. Leise klopfte ich an der Badtür.

"Clint es tut mir leid, was ich gesagt habe..."

"Darf man jetzt nicht mal mehr in Ruhe pinkeln?"

Da war wieder diese Wut in meinem Bauch, die mich die Augen erneut verdrehen ließen und zum Besprechungsraum abrauschen ließen, in dem wir uns treffen würden.

Ordinary Girl [Hawkeye ff] (wird aktuell Überarbeitet ✌)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt