61. Kapitel

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61. Kapitel

"Wenn ich es mir so überlege ...", nuschle ich, ehe er erneut seine Lippen auf meine drückt, bevor er mich aussprechen lässt. "Das ist mir egal!", haucht er und greift unter meine Oberschenkel, um mich hochzuheben. "Harry, deine Rippe!", stoße ich hervor.

"Die Scheißrippe ist mir scheißegal!", erwidert er und trägt mich durch das ganze Zimmer Richtung Stiegen. Ich spüre, dass es ihm schwerfällt, wegen seiner Rippe, doch wie Harry er doch ist, will er es nicht zugeben. "Lass mich hinunter, bevor du dich verletzt!", kommt es von mir, doch so stur wie er ist, hört er nicht auf  mich und trägt mich bis in sein Schlafzimmer, wo er mich sanft aufs Bett legt. Bevor ich mich vergucken kann, sützt er sich mit beiden Armen über mich auf und blickt mir intensiv in die Augen.

"Du bist das wunderschönste Mädchen, dass ich in meinem Leben getroffen habe!" Bei seinen Worten wird es mir ganz warm ums Herz und als er mir noch über das Gesicht streichelt, ist es komplett klar: Ich kann ihm und seinem Charme nicht widerstehen. Der Blickkontakt wird abgebrochen, als er schmerzerfüllt sein Gesicht verzieht und von mir runterklettert. Sofort greift er auf seine Rippe und mein Beschützerinstinkt wird aktiviert. "Oh Gott, ist alles in Ordnung, brauchst du einen Arzt?"

So entspannt ich vorher gewesen bin, so angespannter bin ich jetzt. "Es ist nur eine Rippe, entspann dich oder soll ich dir dabei behilflich sein?" Ein dreckiges Grinsen ziert sein Gesicht, doch die Sorge in mir ist zu groß, um auf seine Bemerkung einzugehen. "Bist du dir sicher?" Genervt verdreht er seine Augen. "Du bist viel zu fürsorglich, wie wäre es mal, wenn du mal rücksichtislos bist? Du kannst schnell ausgenutzt werden!"

"Also willst du mir damit sagen, dass ich Leute auch in die Fresse schlagen soll?" Nun ziehen sich seine Mundwinkel nach oben, ehe er näher zu mir rutscht und seine Hände auf meine Wange ablegt. "Würde ich schon gerne sehen!", haucht er verführerisch und wackelt anzüglich mit seinen Augenbrauen. "Gut, denn ich sehe schon mein erstes Opfer!", grinse ich zurück und schlage ihn leicht auf die Wange. "Hat dir unser gemeinsames Training nicht gut getan? Müssen wir wieder trainieren?", zieht er mich auf und erneut will ich ihn schlagen, doch er hält mein Handgelenk fest, bevor meine Hand auf seine Haut klatschen kann. "Willst du es wirklich nochmal versuchen, Babe?", grinst er verschmitzt und legt seinen Kopf schief, weswegen ich nun diejenige bin, die ihre Augen verdreht.

"Wenn meine Scheißrippe endlich wieder keine Probleme macht, dann gehen wir gemeinsam trainieren, haben wir uns verstanden?" In seiner Stimme herrscht Dominanz, die mit einem rauchigen Unteron versehen ist. "Wenn es sein muss."

"Sei nicht so zickig!" Daraufhin legt er einen Arm um mich und lässt sich nach hinten fallen, weswegen ich mit ihm nach hinten falle. Eine Stille folgt. Eine sekundenlange Stille, die sich in eine minutenlange ausweitet. "Harry?", flüstere ich leise, doch erhalte keine Antwort. Langsam löse ich mich aus seiner Umarmung und blicke auf ihn hinab, als ich sehe, wie er seine Augen geschlossen hat und gleichmäßig atmet.

Ich beobachte, wie sich sein Brustkorb langsam auf- und abbewegt und irgendwie fasziniert mich dieser Anblick. Er sieht wunderschön aus. Das tut er immer, keine Frage, aber ich habe nun die Möglichkeit, diese Schönheit in Ruhe zu bewundern, ohne dass irgendwelche Beleidigungen seinen Mund verlassen. Bartstoppeln sind zu sehen, er scheint sich lange nicht rasiert zu haben, doch es verleiht ihm einen noch männlicheren Touch.

Meine Hand gleitet über seinen weichen Handrücken und ziehen die schwarze Tinte auf seiner Haut nach. Ich habe keine Ahnung, was diese Tattoos zu bedeuten haben, doch es passt irgendwie zu ihm. Harry ist mir auch öfters ein Rätsel, was sein Verhalten angeht. Ich wandere mit meiner Hand seinen Arm weiter hinauf, bis ich an seinem Gesicht ankomme. Ein paar Locken haben sich auf seiner Stirn verirrt, weswegen ich sie wegstreiche.  Ich senke mein Gesicht, um einen Kuss auf seine Stirn hinterzulassen. "Hmm", murmelt er leise und ich ziehe mich sofort zurück. Er schlägt seine Augen langsam auf. "Oh, es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe!" Schüchtern blicke ich auf meine Hände, die ich in mein Schoß gelegt habe.

"Wieso entschuldigst du dich? So will ich jeden Tag geweckt werden!" Er setzt sich auf und streckt sich. "Wieso sitzt du eigentlich so weit weg? Komm her!" Er streckt seine Hand nach mir aus, die ich annehme und näher zu ihm gezogen werde. "Ich habe eine Frage. Was haben deine Tattoos zu bedeuten? Vor allem die halbnackte Meerjungfrau", frage ich und hebe seine Hand, um sie mir noch genauer anzuschauen. Ein heiseres Lachen verlässt seine Kehle . "Die Meerjungfrau stellt dich dar!"

"Geh, Harry!" Weiterhin beobachte ich seine Tattoos, bis mir die Buchstaben A und G ins Auge fallen. "A und G?"  Er folgt meinem Blick und löst ihn kurz daraufhin. "Anne und Gemma", meint er kühl und sofort will ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen. Kein guter Zeitpunkt. "Oh, tut mir leid, ich wusste nicht-" Er wimmelt meine Entschuldigung mit seiner Hand ab. "Ist schon gut, ich habe damit abgeschlossen."

Ich weiß, dass er das nicht hat. Ich sehe, dass ihn das immer noch mitnimmt, aber ich will ihn nicht weiterhin damit belasten, weswegen ich ihn wegen weiteren Tattoos frage. "Also, wenn du die Geschichte über all meine Tattoos wissen willst, dann sitzen wir noch morgen da. Ich schlage mal vor, dass wir etwas essen gehen", unterbricht er meine Frage. "Stimmt, du hast ganz schön viele."

"Ja und ich habe noch mehr Tattoos und zwar an Stellen, die du noch nicht gesehen hast, die-"

"Harry, ich will es nicht wissen!" Lauthals fängt er an zu lachen und steht auf, woraufhin er mir die Hand reicht, damit auch ich das Bett verlasse. Im Vorbeigehen erhalte ich einen Klaps von ihm auf den Po, doch als ich mich umdrehe, geht er grinsend an mir vorbei.

"Nimms mir nicht übel, ich konnte nicht widerstehen!" Ich laufe ihm hinterher und verlangsame mein Tempo, als ich bei ihm ankomme. In der Küche angekommen, sieht Harry zuerst in den Kühlschrank und dann in andere Kästen, doch er findet nichts Passendes. "Ich muss einkaufen gehen!", grummelt er und schmeißt die Schranktür zu. "Wir könnten auch etwas bestellen", schlage ich vor und seine Augen blitzen beim Wort "bestellen" auf. "Du bist meine Traumfrau!", ruft er und geht leicht in die Hocke, um mit mir auf Augenhöhe zu sein. "Meine kleine Traumfrau!" Kurz drückt er seine Lippen auf meine und zieht sein Handy aus seiner Tasche. "Worauf hat meine kleine Traumfrau denn Lust?"

Mein Herz rast, seitdem er das Wort Traumfrau zum ersten Mal erwähnt hat, doch ich versuche, mich zu beruhigen. "Wie wäre es mit Pizza? Pizza geht immer!"

"Und da hätte ich auch schon den perfekten Laden dafür!", ruft er begeistert und ruft an.

"Und beeilen Sie sich gefälligst!", verabschiedet er sich. Ganz der Harry.

"Du hättest dich auch netter verabschieden können!", meine ich.

"Ich und nett? Witzig." Mit langsamen Schritten nähere ich ihm und schlinge meine Arme um seinen Torso. "Also zu mir bist du immer nett. Man sieht, dass du das kannst." Er erwidert meine Umarmung und drückt mir einen sachten Kuss auf die Kopfhaut. "Nur weil du es bist!"

Infinity |H. S.|Where stories live. Discover now