33. Kapitel

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33. Kapitel

Meine Zähne klappern und noch nie habe ich mich so nach meinem warmen Bett gesehnt. Ich trete von einem Fuß auf den anderen und ich zähle die Sekunden, bis diese 20 Minuten vorbei sind. Wieso habe ich Liam nicht nach seiner Nummer gefragt? Dann hätte ich ihn anrufen und fragen können, ob er mich abholen kann, aber nein, Grace konnte wieder einmal nicht nachdenken.

Meine nassen Haare, die mir im Gesicht kleben, schiebe ich mir mit zittrigen Fingern aus dem Gesicht. Ich will gar nicht wissen, wie ich aussehe. Meine Schminke ist bestimmt verschmiert und ich sehe sicherlich aus wie ein Panda mit meiner verlaufenen Wimperntusche.

Ich bin so sehr in meinem Selbstmitleid versunken, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass ein Auto vor mir Halt machte. Schwere Schritte reißen mich aus meinen Gedanken und als ich meinen Kopf hebe, blicke ich in diese vertrauten grünen Augen.

"Grace, ich will echt nichts sagen, aber du siehst ziemlich beschissen aus", lacht er rau und ich bin trotz seines Kommentars froh, dass er da ist. "Steh du einmal mit Make-Up im strömenden Regen, ohne dass es verschmiert", erwidere ich mit zittriger Stimme, während ich zu ihm aufschaue.

Er lacht leise auf und deutet mir mit seinem Kopf, dass ich mich in sein Auto setzen soll. Dankbar sehe ich ihn an und ich setze mich ins aufgewärmte Auto. Langsam bekomme ich wieder ein Gefühl in meinen Fingern und das Zittern am Körper hört auch auf. "Was machst du eigentlich um die Zeit noch hier?", frage ich ihn, als ich meine Handflächen aneinander reibe, um noch mehr Wärme zu produzieren.

"Ich hatte heute in der Nähe einen Boxkampf, und ich bin hier noch ein bisschen herumgefahren und habe gesehen, dass du wie ein begossener Pudel hier stehst." Er zuckt mit seinen Schultern und schiebt den Schlüssel in die Zündung, woraufhin das Auto kurz schnurrt und anspringt. Ich nicke und sehe aus dem Fenster. Die Regentropfen prallen am Fenster ab und fließen in langsamen Bewegungen nach unten. Ich beobachte alle einzelnen Tropfen, die außerhalb tanzen und miteinander verschmelzen.

"Interessant, diese Regentropfen", reißt mich Harry aus meinen Gedanken und ich fahre herum. "Total", erwidere ich verträumt und lehne meinen Kopf gegen das Fenster. "Ich habe deine Freundin mit diesem Timbo gesehen." Sofort werde ich hellhörig und mein Kopf fährt in die Höhe.

"Sie waren bei diesem Eisladen hier in der Nähe und haben sich über irgendwas gestritten. Dein Name ist dabei gefallen, aber mehr habe ich nicht verstanden", erklärt er und mein Herz zieht sich zusammen. Sie haben sich über mich unterhalten.

"Ich verstehe nicht, was sie an ihm findet. Ich hoffe für sie, dass sie mal ihre rosarote Brille runtergibt und einsieht, dass er nichts für sie ist", schnaufe ich traurig und bemerke aus dem Augenwinkel, dass Harry seinen Blick auf mich fixiert hatte. "Schau auf die Straße, ich will nicht sterben", lächle ich und sofort wendet er seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu.

"Ich bin echt schlecht, wenn es um solche Sachen geht, weil ich solchen Konfrontationen eher aus dem Weg gehe, aber ich würde einmal abwarten", meint er und ich lache kurz auf. "Liam hat genau das Gleiche gesagt", kichere ich und ich sehe, wie sich seine Knöchel an den Händen weiß verfärben. "Vergleich mich ja nicht mit Liam", quetscht er durch zusammengebissene Zähne durch und sofort bin ich still. Zugegebenermaßen macht er mir mit seiner dunklen Stimme ein bisschen Angst, weswegen ich nichts mehr darauf sage.

Genervt schließt er seine Augen kurz und öffnet sie im nächsten Augenblick wieder. "Tut mir leid, wegen meinem Ton. Aber ich bin nicht so gut auf diesen Typen zu sprechen."

"Wieso eigentlich?" Ich werde ihn mit dieser Frage wahrscheinlich wütend machen, aber mich würde es interessieren, was die beide eigentlich gegeneinander haben.Wir kommen am Campus an und er parkt auf einem freien Platz. "Ich werde nicht über diesen Wichser reden, also versuch es erst gar nicht", antwortet er, wie erwartet, nicht gerade freundlich. Ich wusste zwar, dass er es mir nicht sagen wird, dennoch verletzt mich seine ablehnende Art.

Ich nicke tonlos und will gerade aus seinem Wagen aussteigen, als er mich am Arm festhält und mich flehend ansieht. "Sei bitte nicht sauer auf mich ... Ich rede nur nicht so gerne über diese Payne." Seine Stimme ist samt und ruhig, dass ich das Gefühl habe, dass meine Beine gleich nachgeben.

Zuerst hafte ich meinen Blick auf seine Hand, die mich festhält und dann blicke ich zu ihm. "Ich will nur, dass du weißt, dass du mir das sagen kannst. Es kommt auf mich so rüber, als würdest du mir nicht vertrauen. Ob du mir nicht vertrauen kannst oder willst, weiß ich nicht, aber es ist kein schönes Gefühl, wenn einem das Gefühl gegeben wird, dass man nicht vertrauenswürdig ist", flüstere ich und sein Griff um meinen Arm lockert sich. Sein Blick wandelt sich zu verletzt und am liebsten würde ich ihn jetzt in den Arm nehmen, aber ich bin ja dafür verantwortlich, dass er so geknickt aussieht.

"Ich vertraue dir, Grace. Du bist eine der wenigen Menschen, denen ich vertraue und du musst mir glauben, das sind nicht viele." Seine Hand wandert zu meiner, die er in seine schließt. Ein Kribbeln entsteht auf dieser Stelle, als seine warme Hand meine umhüllt.

"Du darfst nicht denken, dass ich dir nicht vertraue, aber es gibt Sachen im Leben, von denen man nichts mehr hören will, verstehst du? Ich will dir auch nicht das Gefühl geben, dass du mich mit deinen Fragen nervst, immerhin bist du mir wichtig."

Bei den letzten vier Worten macht mein Herz einen Sprung, sodass ich in eine kleine Schockstarre verfalle. Einige Sekunden sehe ich ihn an, ohne etwas zu sagen.

"Ich verstehe dich", antworte ich schließlich und ich sehe die Erleichterung, die in Harrys Gesicht entstanden war. "Dann gehe ich mal in mein Zimmer und ziehe mich um, bevor ich krank werde. Gerade, als ich die Tür aufmachen will, hält er mich wieder auf. "Grace, Ich muss dir auch noch etwas sagen", beginnt er und ich sehe ihn erwartend an. Was jetzt wohl kommt?
Was will er ihr sagen? Hmmm ...

Infinity |H. S.|Where stories live. Discover now